Schwerkranker soll eingeschrรคnkt erwerbstรคtig sein
Manche Behรถrden haben offenbar nichts besseres zutun, als Willkรผr walten zu lassen. So offenbar auch in diesem Fall. Ein schwer erkrankter Mann (60) wird in den Hartz IV Bezug gedrรคngt, obwohl er nachweisbar fรผr den Arbeitsmarkt nicht mehr zur Verfรผgung steht.
Jรถrg D. leidet seit einigen Jahren an der “Chronic obstructive Pulmonary Disease”, zu Deutsch chronisch-obstruktive Bronchitis (COPD). Hierbei leidet der Betroffene an einer Verengung der Atemwege, bei der der Luftstrom vor allem beim Ausatmen behindert ist. โDas ist so, als ob man ersticktโ, erklรคrt D. gegenรผber der Mitteldeutsche Zeitung (MZ). Die Lungenerkrankung ist fortschreitend. Jรถrg D. hat bereits das Endstadium errreicht und benรถtigt deshalb regelmรครig Sauerstoff. Zudem hat er ein Norfallspray dabei, falls sich ein Erstickungsanfall ereignet. Die Krankheit gilt nach heutigen medizinischem Wissen als unheilbar und kann nur im Verlauf durch Medikamente verlangsamt und leicht abgemildert werden.
Hรถchster Schweregrad
Jรถrg D. leidet am hรถchsten COPD-Schwergrad 4D. Auslรถser waren vermutlich die 40 Jahre anhaltende Tรคtigkeit auf dem Bau und der Konsum von Zigaretten. Die kรถrperlich schwere Arbeit musste der Betroffene aufgrund der fortgeschrittenen Erkrankung aufgeben. Auch das Rauchen hat er aufgrund der COPD lรคngst eingestellt.
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Trotz der Diagnose hat Jรถrg D. immer gearbeitet. Als die COPD zu sehr fortgeschritten war, konnte er die Tรคtigkeiten nicht mehr verrichten. Die Luft blieb immer wieder weg. โIch hatte immer wieder Schmerzen und habe schlecht Luft bekommen.โ betont er. Es folgten Kuren und immer wieder lรคngere Aufenthalte im Krankenhaus. Dann lag er sogar im Koma. Danach war klar, es ging einfach nicht mehr. Daraufhin musste er den Job aufgeben und bekam das Arbeitslosengeld 1. Bis Oktober diesen Jahres wird der Betroffene noch von der Bundesagentur fรผr Arbeit betreut. Danach hofft er auf eine Erwerbsminderungsrente. Den Antrag hierfรผr hat Jรถrg D. bereits im letzten Jahr eingereicht. Obwohl das schon ein Jahr zurรผck liegt, hat sich seit dem nichts getan. Kein Antwortschreiben- einfach nichts.
Behรถrden schieben Fall hin und her
Hintergrund hierfรผr dรผrfte sein, dass die Bearbeitung hin und her geschoben wurde. Denn der schwer kranke Mann hatte zuvor an unterschiedlichen Orten auf dem Bau gearbeitet. Die Orte waren Rentensellen in Bayern, รsterreich und Sachsen-Anhalt. Auf Anfrage der Presse bei der Rentenstelle in Mรผnchen wurde bestรคtigt, dass die Bearbeitung im Normalfall nicht so lange dauern wรผrde. Jan Paeplow, Pressesprecher der Rentenstelle Bayern-Sรผd sagte gegenรผber der MZ: “Aber die Zustรคndigkeit musste in diesem Fall noch geklรคrt werden”.
Trotz voller Erwerbsminderung Hartz IV
Aufgrund des รถffentlichen Drucks bekam Jรถrg D. dann endlich seinen Rentenbescheid. Doch was musste er darin lesen? Er sei nur “teilweise erwerbsgemindert”. Laut der Rentenstelle kรถnne er noch ein paar Stunden tรคglich arbeiten. Doch wie soll das gehen? Ein schwer und unheilbar kranker Mann, der dauerhaft auf Sauerstoffzufuhr und Notfallspray angewiesen ist und kaum ein paar Schritte gehen kann, soll einer Erwerbstรคtigkeit nachgehen? Zudem wurde ihm beim letzten Kuraufenthalt bestรคtigt, dass er “voll Erwerbsunfรคhig ist”.
Die ausgerechnete Erwerbsminderungsrente soll bei 400 EUR plus einem minimalen Betrag aus der Erwerbstรคtigkeit in รsterreich liegen. Davon kann aber kein Mensch leben, beklagt der 60jรคhrige. Es scheint, als wolle man den Schwerkranken in Hartz IV abschieben. Sein Rentenberater hat nunmehr Widerspruch gegen den Rentenbescheid eingelegt. Falls der Widerspruch scheitert, blieben nur noch die 400 EUR plus Hartz IV mit all den Konsequenzen und Schikanen.