So soll es mit den Bürgergeld-Reformen weitergehen

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In den letzten Monaten haben die steigenden Preise, insbesondere bei den Grundnahrungsmitteln und der Energie, viele Menschen in Deutschland hart getroffen. Besonders betroffen sind Bürgergeldbezieher, die es ohnehin schwer haben, ihre täglichen Ausgaben zu decken.

Heute haben Bürgergeld-Bezieher weniger Kaufkraft als zu Hartz IV Zeiten

Eine aktuelle Auswertung hat sogar gezeigt, dass trotz der Erhöhung der Regelleistungen im Januar Bürgergeldbezieher heute über eine geringere Kaufkraft verfügen als noch zu Hartz-IV-Zeiten. Diese Entwicklung macht die Reform des Bürgergeldes umso dringlicher.

In einem Interview mit dem Obdachlosenmagazin “Hempels” hat der amtierende Bundeskanzler Olaf Scholz über den Fortgang der “Bürgergeld-Reformen” gesprochen.

Bürgergeld gleich Hartz IV?

Vor etwas mehr als fünf Monaten löste das Bürgergeld Hartz IV als Grundsicherung ab. Betroffene, Erwerbslosenberatungsstellen und Sozialverbände sehen darin jedoch keine echte Reform, sondern lediglich eine Umbenennung von Hartz IV. In den Jobcentern hat sich die Situation kaum verändert. Die Beschwerden gegenüber Sozialbehörden haben sogar zugenommen.

Scholz hingegen verteidigt die Reform und betont, dass es sich nicht nur um eine Namensänderung handle, sondern dass es auch mehr Geld und eine verbesserte Kommunikation zwischen Jobcenter und Leistungsberechtigten gebe. Statt Drangsalierung solle nun “mehr Respekt und Kommunikation auf Augenhöhe zwischen Leistungsbetroffenen und Jobcentern herrschen.

Weiterhin betont der Bundeskanzler, dass der zweite Teil der Reform noch ausstehe und ab Juli “die Qualifizierung und Weiterbildung noch stärker im Mittelpunkt stehen” werde. Bürgergeldbezieher sollen so nachhaltig in den Arbeitsmarkt integriert werden.

Die Bürgergeld-Reform wird schrittweise umgesetzt

Da mit dem Bürgergeld viele Vorschriften im Sozialrecht überarbeitet und angepasst werden, hat man beschlossen, die Gesetzeslage Schritt für Schritt anzupassen. Ein Teil der Regelungen ist bereits zum neuen Jahr in Kraft getreten. Im Juli folgt dann die zweite Hälfte der Reform.

Ab 1. Juli 2023 sollen weitere Reformen beim Bürgergeld eingeführt werden:

Ein großes Problem: Kinderarmut

Ein weiteres großes Problem in Deutschland ist die Kinderarmut. Nach Angaben der Bertelsmann-Stiftung war 2021 noch jedes fünfte Kind von Armut bedroht. Dieses Problem will die Bundesregierung angehen. Der Bundeskanzler betont, dass erste Schritte in Form einer Erhöhung des Kindergeldes und des Kinderzuschlags auf jeweils 250 EUR getan worden seien. Derzeit werde auch an einer Kindergrundsicherung gearbeitet.

Wie diese konkret aussehen wird, ist jedoch noch unklar. Sicher sei bisher nur, dass “ein unbürokratischer Zugang zur Kindergrundsicherung für Eltern geschaffen” werde. Zudem sei eine Ausweitung der Ganztagsbetreuung geplant.

Eine der wichtigsten Forderungen der SPD im Wahlkampf war die Einführung einer Kindergrundsicherung. Ziel ist es, Kindern und Jugendlichen ein Leben ohne Armut zu ermöglichen und soziale Ungleichheit zu verringern.

FDP blockiert Kindergrundsicherung

Die Kindergrundsicherung würde dabei alle bestehenden Leistungen wie Kindergeld, Kinderzuschlag und Bürgergeld-Leistungen ersetzen und einen einheitlichen Betrag für jedes Kind und jede:n Jugendliche:n garantieren. Die Höhe soll sich am Existenzminimum orientieren und damit insbesondere einkommensschwache Familien unterstützen.

Allerdings stößt die Forderung auf Kritik seitens der FDP. Die Liberalen befürchten, dass eine Kindergrundsicherung dazu führen könnte, dass der Anreiz zur Arbeit sinkt und Familien dadurch langfristig in Armut verharren. Die FDP zeichnet weiterhin ein Bild von Armutsbetroffenen, die es so in der Realität nur selten gibt.

Sozialer Wohnungsbau soll erweitert werden

Neben der Kindergrundsicherung ist auch der soziale Wohnungsbau ein zentrales Thema. In vielen Städten in Deutschland wird bezahlbarer Wohnraum immer knapper und es fehlen noch immer Hunderttausende (Sozial-)Wohnungen.

Scholz bezeichnet das “Recht auf Wohnen als Menschenrecht” und verspricht, “den sozialen Wohnungsbau bis 2026 mit rund 14,5 Milliarden Euro staatlicherseits zu unterstützen”. Auch die Länder sollen durch zusätzliche Subventionen ihren Teil dazu beitragen.

Neben diesen langfristigen Maßnahmen gibt es auch bereits kurzfristige Lösungen, um den sozialen Wohnungsbau zu fördern. Anfang 2023 wurde beispielsweise der Kreis der Wohngeld-Empfänger:innen von 600.000 auf zwei Millionen Haushalte ausgeweitet. Zudem sollen Mieter:innen durch die Miet- und Energiepreisbremse vor überhöhten Mietpreisen geschützt werden.

Maßnahmen sind nicht ausreichend

Ob diese Maßnahmen ausreichen, um die teils gravierenden Probleme einkommensschwacher Bürger/innen zu beseitigen, bleibt allerdings mehr als fraglich. Insbesondere die FDP blockiert derzeit eine armutsfeste Kindergrundsicherung.

Auch bei der Umsetzung des sozialen Wohnungsbaus muss sich zeigen, ob die finanziellen Mittel ausreichend sind und die Länder ihren Teil dazu beitragen werden. An den Bürgergeld Regelleistungen, die aufgrund der Teuerungsrate und Berechnungsgrundlagen zu gering sind, soll sich nichts ändern.