Schwerbehinderung: Begleitperson wird in der Bahn abgewiesen – Das kannst Du jetzt tun

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Die Situation ist typisch: In der Kontrolle heißt es plötzlich, die Begleitperson brauche ein eigenes Ticket – obwohl der Schwerbehindertenausweis das Merkzeichen „B“ trägt. Wer dann diskutiert, verliert Zeit und am Ende oft auch Geld. Entscheidend ist, dass Sie das Thema auf die richtige Prüfspur zwingen:

In der Kontrolle zählt der Ausweis als Nachweis der Begleitberechtigung – und Sie sichern Belege, falls trotzdem kassiert wird.

Was in der Kontrolle wirklich zählt

Bei der Deutschen Bahn ist die Praxisregel klar: Der Schwerbehindertenausweis mit Merkzeichen B ist der Nachweis, dass eine Begleitperson kostenfrei mitfahren darf. In der Kontrolle müssen Sie deshalb nicht „erklären“, sondern vorlegen: Ausweis mit Merkzeichen „B“ und den Reisebezug (Ticket/Booking der schwerbehinderten Person).

Für Fernverkehrsfahrten ist es außerdem sinnvoll, die Begleitperson bereits bei der Buchung als Begleitung zu erfassen. Dann steht die Begleitperson in der Buchung, und der Streit in der Kontrolle wird meist im Keim erstickt.

Unterlagen, die in der Praxis genügen

Die häufigste Fehlerquelle ist, dass Personal „Begleitrecht“ mit „Freifahrt im Nahverkehr“ vermischt.

Vorzeigen / mitschicken Wofür es gebraucht wird
Schwerbehindertenausweis mit Merkzeichen „B“ (Vorder- und Rückseite) Kernnachweis für die kostenfreie Begleitperson im Zug.
Fahrkarte/Booking der schwerbehinderten Person (PDF/Screenshot) Macht sofort klar, welche Fahrt kontrolliert wird, und verhindert „fehlender Reisebezug“-Diskussionen.
Wenn vorhanden: Buchungsansicht, in der die Begleitperson als Begleitung erfasst ist Verkürzt die Kontrolle, weil die Konstellation bereits im System abgebildet ist.
Bei unentgeltlicher Nahverkehrsnutzung: Beiblatt + gültige Wertmarke (nur wenn Sie Freifahrt tatsächlich nutzen) Relevant für Freifahrt im Nahverkehr; nicht der Nachweis für das Begleitrecht selbst, aber oft der Punkt, an dem Kontrollen falsch abbiegen.
Zahlungsbeleg/Quittung, falls nachgezahlt oder Ticket gekauft wurde Ohne Beleg wird Erstattung unnötig schwer oder praktisch unmöglich.

Der Satz, der in der Kontrolle am zuverlässigsten funktioniert

Wenn es kippt, hilft eine kurze Formulierung, die nicht provoziert und die Prüfung auf den Kern lenkt:

„Hier ist der Schwerbehindertenausweis mit Merkzeichen B. Damit ist die Begleitperson kostenfrei mitfahrtberechtigt. Bitte prüfen Sie das kurz und vermerken Sie es, falls Sie eine Abweichung annehmen.“

Damit vermeiden Sie Endlosdebatten über Wertmarke, Tarifdetails oder „ob das schon immer so war“.

Wenn das Personal trotzdem kassiert oder abweisen will

Wenn das Personal trotz Ausweis kassieren oder abweisen will, bleiben Sie bei einem beweisfesten Vorgehen: Legen Sie Ausweis und Reiseunterlagen vor, wiederholen Sie den Kern einmal knapp, zahlen Sie nur im Notfall und dann ausdrücklich unter Vorbehalt sowie ausschließlich gegen Quittung.

Direkt danach sichern Sie alle Details der Kontrolle (Datum, Zugnummer, Strecke, Uhrzeit, Wagen/Platz, Name/Dienstnummer) und halten die Situation kurz schriftlich fest; ein Screenshot der Buchung liefert oft den schnellsten Nachweis.

Erstattung und Fahrgastrechte: Was Sie konkret verlangen können

1) Erstattung eines zu Unrecht verlangten Fahrpreises

Musste die Begleitperson ein Ticket kaufen oder wurde eine Nachzahlung erhoben, ist Ihre Forderung eindeutig: Erstattung des gezahlten Betrags (und – wenn separat berechnet – der Reservierung), weil die Begleitperson bei Merkzeichen „B“ kostenfrei zu befördern ist. Der Schlüssel ist nicht ein langer Text, sondern die saubere Belegkette: Ausweis, Booking, Quittung, Protokoll.

2) Entschädigung wegen Verspätung als zusätzlicher Hebel

Wenn Sie wegen der Situation am Ziel mindestens 60 Minuten später ankommen, prüfen Sie zusätzlich Fahrgastrechte-Entschädigung: 25 Prozent ab 60 Minuten, 50 Prozent ab 120 Minuten.

Das ist kein Ersatz für die Erstattung des zu Unrecht kassierten Begleit-Tickets, kann aber Druck erzeugen, weil das Unternehmen dann zwei Vorgänge sauber abarbeiten muss. Einzelheiten können je nach Ticketart und Situation abweichen, die Schwellenwerte sind aber der praktische Ausgangspunkt.

Beschwerdeweg, der nicht im Kreis läuft

Viele Fälle scheitern, weil Beschwerden ohne System versendet werden. Besser ist eine klare Eskalationskette mit Belegen:

Erst beim Anbieter Erstattung und schriftliche Klarstellung mit Frist verlangen, bei der DB bei laufender/abgelehnter Fahrgastrechteprüfung ans Servicecenter Fahrgastrechte (inklusive Widerspruch), danach zur Schlichtungsstelle Reise & Verkehr – und wenn die Rechte weiterhin ignoriert werden, als letzte Stufe zur nationalen Durchsetzungsstelle (Eisenbahn-Bundesamt).

Privatanbieter: Häufig entscheidet die Voranmeldung

Bei privaten Fernverkehrsanbietern kann das Ergebnis zwar ebenfalls „Begleitperson kostenlos“ sein, der Weg dorthin ist aber oft formalisierter. Bei FlixTrain ist in der Praxis zentral, dass die kostenfreie Begleitung vorab über den Kundenservice organisiert wird (inklusive Frist) und Sie die Bestätigung auf dem Handy vorzeigen können.

Bei FlixBus kommt es ebenfalls darauf an, dass Nachweise und der Ablauf eingehalten werden. Für Betroffene heißt das: Nicht erst im Fahrzeug klären wollen, sondern vorher schriftlich bestätigen lassen und die Bestätigung beim Einstieg griffbereit haben.

Anlagenblock: Das sollte in jedem Erstattungsantrag dabei sein

Fügen Sie als Standard immer bei: Kopie/Scan des Schwerbehindertenausweises (Vorder- und Rückseite), Ticket/Booking der Fahrt, Screenshot der Buchung (wenn die Begleitperson dort ausgewiesen ist), Zahlungsbeleg/Quittung der Nachzahlung oder des Tickets der Begleitperson, Kurzprotokoll der Kontrolle (Datum, Zugnummer, Strecke, Uhrzeit, Wagen/Platz, beteiligtes Personal soweit möglich), und – falls vorhanden – Zeugenangaben.

FAQ

Braucht die Begleitperson ein eigenes Ticket, wenn „B“ im Ausweis steht?
Im Regelfall nein. In der Kontrolle ist der Ausweis mit Merkzeichen „B“ der zentrale Nachweis der kostenfreien Begleitung; zusätzlich sollten Sie den Reisebezug (Ticket/Booking) parat haben.

Was ist der häufigste Grund für Streit in der Kontrolle?
Die Verwechslung von Begleitrecht (Merkzeichen „B“) mit Nahverkehr-Freifahrt (Beiblatt/Wertmarke). Beides sind unterschiedliche Dinge und führen in der Praxis zu unterschiedlichen Nachweissituationen.

Was, wenn ich ohne Quittung gezahlt habe?
Dann wird es deutlich schwerer. Versuchen Sie, unmittelbar nach der Fahrt über Kontoauszug, Buchungshistorie, Servicebeleg oder eine nachträgliche Bestätigung des Vorgangs die Zahlung zu rekonstruieren.

Gilt das auch bei Auslandsfahrten?
Bei Auslandsreisen kann die Organisation strikter sein, weil für die Begleitperson häufig eine kostenfreie Fahrkarte mit Vermerk „Begleiter“ benötigt wird. Klären Sie das vor der Fahrt über Reisezentrum oder Mobilitätsservice und speichern Sie die Bestätigung ab.

Welche Stelle hilft, wenn der Anbieter blockt?
Nach der Beschwerde beim Unternehmen ist Schlichtung (Schlichtungsstelle Reise & Verkehr) der nächste realistische Schritt; bei Eisenbahn-Fahrgastrechten kann zusätzlich die nationale Durchsetzungsstelle (Eisenbahn-Bundesamt) eingeschaltet werden.

Quellenliste

  • Deutsche Bahn: Regelungen zur kostenfreien Begleitperson bei Merkzeichen „B“ (FAQ/Barrierefrei reisen)
  • Deutsche Bahn: Buchungshinweise für Reisende mit Schwerbehindertenausweis; Begleitperson im Fernverkehr; Nachweis in der Kontrolle
  • Deutsche Bahn: Fahrgastrechte, Servicecenter Fahrgastrechte, Widerspruchsmöglichkeiten
  • Verordnung (EU) 2021/782: Eisenbahn-Fahrgastrechte, Entschädigungssystematik (25 % ab 60 Minuten, 50 % ab 120 Minuten)
    Schlichtungsstelle Reise & Verkehr e.V.: Zuständigkeit und Verfahren der Schlichtung
  • Eisenbahn-Bundesamt: Nationale Durchsetzungsstelle für Eisenbahn-Fahrgastrechte, Beschwerdeverfahren
  • FlixTrain: Beförderungs-/Servicehinweise für Personen mit eingeschränkter Mobilität; Begleitperson, Voranmeldung/Frist, Nachweise
  • FlixBus: Beförderungs-/Servicehinweise für Personen mit eingeschränkter Mobilität; Begleitperson, Nachweise und Bedingungen