Rente: Digitaler Rentenausweis mit gravierenden Folgen für viele Rentner

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Die Digitalisierung des Rentenausweises steht bevor – ein Schritt, den die Bundesregierung als Fortschritt feiert, der jedoch Millionen ältere Menschen in Deutschland vor erhebliche Herausforderungen stellt. Künftig soll der Rentenausweis nicht mehr im klassischen Scheckkartenformat per Post verschickt, sondern ausschließlich digital über das Smartphone bereitgestellt werden.

Voraussetzung für den digitalen Rentenausweis

Voraussetzung für die Nutzung ist ein internetfähiges Mobilgerät sowie der Zugang zu einer App oder einer Wallet. Für viele Rentnerinnen und Rentner, insbesondere jene ohne regelmäßigen Internetzugang oder Smartphone, bedeutet dies jedoch keine Erleichterung, sondern einen potenziellen Ausschluss von wichtigen Vergünstigungen und Nachweismöglichkeiten.

Dieser Schritt ist kein bloßer Vorschlag, sondern ein verbindliches Vorhaben, festgehalten auf Seite 16, Zeilen 497 bis 499 des Koalitionsvertrages der aktuellen Bundesregierung.

Der Koalitionsvertrag sieht eine digitale Pflichtlösung vor

Im Koalitionsvertrag heißt es ausdrücklich, dass Rentenausweise ebenso wie Schwerbehindertenausweise künftig „digital und sicher“ verfügbar gemacht werden sollen. Die Formulierung deutet auf eine flächendeckende Einführung ohne Wahlmöglichkeit hin. Bislang diente der eingeschweißte Rentenausweis mit Angaben wie Name, Geburtsdatum und Rentenversicherungsnummer als offizielles Dokument zur Legitimation gegenüber Behörden, Verkehrsunternehmen oder kulturellen Einrichtungen.

Mit der Umstellung auf eine ausschließlich digitale Lösung entfällt diese physische Nachweismöglichkeit. Das neue System setzt zwingend voraus, dass Rentner jederzeit Zugriff auf ihr Smartphone sowie eine stabile Internetverbindung haben, um sich im Alltag ausweisen zu können.

Technische Hürden: Digitalisierung ignoriert die Lebensrealität vieler Rentner

Die Pläne der Bundesregierung verkennen die Lebensrealität vieler älterer Menschen. Die Nutzung eines Smartphones und die Verfügbarkeit einer stabilen Internetverbindung sind nicht flächendeckend gegeben. Aktuelle Zahlen des Statistischen Bundesamtes zeigen, dass 2,8 Millionen Menschen in Deutschland auf Internetnutzung verzichten, sei es aus Mangel an Zugang oder aus bewusster Entscheidung.

Besonders betroffen ist die Altersgruppe zwischen 65 und 74 Jahren, von der 12 Prozent zu den sogenannten „Offlinern“ gehören. Diese rund 336.000 Menschen haben Anspruch auf einen Rentenausweis, könnten ihn nach der geplanten Umstellung jedoch praktisch nicht mehr nutzen.

Eine digitale Lösung ohne physische Alternative schließt diese Gruppe effektiv von einem wichtigen gesellschaftlichen Recht aus. Das betrifft nicht nur die Möglichkeit, Rentennachweise bei Behörden zu erbringen, sondern auch den Zugang zu Vergünstigungen in öffentlichen Verkehrsmitteln oder kulturellen Einrichtungen.

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Parallelen zur elektronischen Patientenakte

Die Digitalisierung des Rentenausweises weist deutliche Parallelen zur Einführung der elektronischen Patientenakte (ePA) auf. Auch bei der ePA verfolgte die Bundesregierung das Ziel, Verwaltungsprozesse zu optimieren und den Zugang zu wichtigen Dokumenten zu erleichtern. Doch das Verfahren stieß auf erhebliche Ablehnung, insbesondere wegen des Opt-out-Systems, bei dem Nutzer automatisch eingebunden werden, sofern sie nicht aktiv widersprechen.

Die steigende Zahl an Widersprüchen gegen die ePA zeigt deutlich, dass viele Bürger nicht bereit sind, eine umfassende Digitalisierung ohne ausdrückliche Zustimmung hinzunehmen. Sollte beim digitalen Rentenausweis ein ähnliches Verfahren Anwendung finden, dürfte mit einer ähnlich ablehnenden Reaktion zu rechnen sein.

Fehlen von Wahlfreiheit gefährdet gesellschaftliche Teilhabe

Eine verpflichtende Digitalisierung des Rentenausweises ohne analoge Alternative läuft Gefahr, große Teile der Bevölkerung zu benachteiligen. Menschen, die kein Smartphone besitzen, keine Internetverbindung haben oder aus Sicherheitsbedenken keine Apps nutzen möchten, würden faktisch ausgeschlossen.

Die Einführung des digitalen Rentenausweises müsste zwingend eine Wahlmöglichkeit beinhalten. Nur wenn Bürger entscheiden können, ob sie die digitale oder eine physische Variante nutzen möchten, bleibt gesellschaftliche Teilhabe gewahrt. Eine parallele Ausstellung eines klassischen Rentenausweises auf Papier oder im Scheckkartenformat wäre eine notwendige Ergänzung, um niemanden auszugrenzen.

Datenschutzbedenken bleiben ungelöst

Auch der Schutz personenbezogener Daten ist im aktuellen Konzept nicht abschließend geklärt. Der digitale Rentenausweis enthält sensible Informationen wie Name, Geburtsdatum und Rentenversicherungsnummer. Werden diese Daten auf mobilen Endgeräten gespeichert, entstehen neue Sicherheitsrisiken.

Der Verlust eines Smartphones oder unzureichende Sicherung der Apps könnten dazu führen, dass persönliche Daten in die falschen Hände geraten.

Die Bundesregierung hat bislang keine umfassenden Maßnahmen vorgestellt, wie Datenschutz und Datensicherheit konkret gewährleistet werden sollen. Ohne eine klare und transparente Kommunikation zu diesen Themen dürfte sich das Vertrauen vieler potenzieller Nutzer weiter verringern.