Uns erreichen immer mehr Meldungen, dass รถrtliche Agenturen fรผr Arbeit eine persรถnliche Antragstellung auf Arbeitslosengeld und sogar die รbersendung von Antragsformularen verweigern, und ihre Kunden stattdessen auf die Antragstellung im Internet verweisen. Diese Praxis ist unserer Auffassung nach klar rechtswidrig!
Keine gesetzliche Regelung: Alleingang der Arbeitsagentur
Es gibt keine gesetzliche Regelung, wonach Antrรคge auf Arbeitslosengeld ausschlieรlich oder vorrangig online (elektronisch) gestellt werden mรผssen. Vielmehr verstรถรt die Weigerung der Entgegenahme von Antrรคgen sowie die Weigerung der Herausgabe von dafรผr benรถtigten Formularen explizit gegen ยง 16 SGB I sowie ยงยง 20 und 21 SGB X.
Zudem gilt Arbeitslosengeld bereits mit der Arbeitslosmeldung als beantragt (ยง 323 Abs. 1 S. 2 SGB II) und erfordert somit keine zusรคtzliche Antragstellung. Vielmehr ist die Agentur fรผr Arbeit nach der Arbeitslosmeldung verpflichtet, alle benรถtigten Daten zu erheben und Arbeitslosen die von ihr verlangten Vordrucke (Formulare) zur Verfรผgung zu stellen.
Doch es kommt noch schlimmer.
Betroffene, die sich mit einer Beschwerde an das Kundenreaktionsmanagement der Bundesagentur fรผr Arbeit wandten, weil man ihnen nach der Arbeitslos-Meldung die Herausgabe von Formularen verweigerte und sie zur Online-Antragstellung aufforderte, berichten davon, dass ihre Beschwerden ignoriert wurden und sie stattdessen Infomaterial erhielten, wie sie den Antrag im Internet stellen kรถnnen.
Diese klar rechtswidrige Praxis zum Onlinezwang ist der Bundesagentur fรผr Arbeit somit offenbar bekannt und wird von dieser nicht nur hingenommen, sondern aktiv unterstรผtzt.
Der Weg zum Online-Antrag ist kompliziert und fehlerbehaftet
Unabhรคngig davon ist die Online-Antragstellung auf Arbeitslosengeld alles andere als unkompliziert.
Um sich online arbeitslos melden zu kรถnnen, muss man sich zunรคchst bei Bund-ID registrieren. Dazu benรถtigt man ein Smartphone mit NFC-Funktion, oder einen Computer und ein Kartenlesegerรคt, sowie einen
– Personalausweis mit freigeschalteter Online-Ausweisfunktion,
– Elektronischen Aufenthaltstitel,
– eID-Karte nach dem eID-Gesetz (Unionsbรผrgerkarte), oder
– Elektronischen Identitรคtsnachweis eines EU-/EWR-Mitgliedslandes (nach eIDAS-Verordnung).
Man muss zudem auf dem Smartphone und/oder Computer die AusweisApp installieren, wobei man die Online-Antragstellung auch am Computer vornehmen und das Smartphone mit NFC als Kartenlesegerรคt benutzen kann.
Nach der Registrierung bei Bund-ID kann man sich dann darรผber im Online-Portal der Bundesagentur fรผr Arbeit anmelden und sich z.B. arbeitslos melden oder Arbeitslosengeld beantragen. Die Sonderform des Arbeitslosengeldes bei Minderung der Leistungsfรคhigkeit (ยง 145 SGB III) erfordert allerdings weiterhin eine persรถnliche Arbeitslos-Meldung.
Wer mit der Registrierung bei Bund-ID und der Anmeldung bei der Bundesagentur fรผr Arbeit erfolgreich war, dem wird vorgeschlagen, die Anmeldung auf eine sicherere(!) 2-Faktor-Authentifizierung umzustellen. Wer dem folgt, den erwartet eine weitere technische Herausforderung, die zu beschreiben hier viel zu weit fรผhren wรผrde.
Wann ist kein Online-Antrag mรถglich?
Wer kein Smartphone mit NFC-Funktion oder einen Computer und ein Kartenlesegerรคt hat, kann diese Online-Antragstellung generell nicht nutzen.
Wer keinen Personalausweis mit freigeschalteter Online-Ausweisfunktion hat, oder nicht mehr รผber die dazu versendete PIN verfรผgt, kann die Online-Antragstellung nicht nutzen. Auch wer mit รคlteren Betriebssystemen unterwegs ist, kann die Online-Antragstellung nicht nutzen, da die AusweisApp nur Windows 10 (64 Bit) und 11, sowie Android ab Version 9.0, iOS ab Version 16.0 und macOS ab Version 13.0 unterstรผtzt.



