Bürgergeld und Höchstfrist: Darf man seine Verwandten zu Weihnachten und Silvester besuchen?

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Weihnachten ist für viele das traditionelle Fest, an dem einmal im Jahr die Familie zusammenkommt, gemeinsam Zeit verbringt, gutes Essen genießt und Beziehungen pflegt.

Doch private Reisen sind für Bürgergeldempfänger Ortsabwesenheiten ohne wichtigen Grund, bei denen sie für das Jobcenter nicht erreichbar sind. Dürfen Bürgergeldempfänger zu Weihnachten und Silvester verreisen und Verwandte besuchen? Und was ist dabei zu beachten?

Was gilt für Arbeitslose erwerbsfähige Bürgergeldempfänger?

Wenn im laufenden Kalenderjahr noch keine Ortsabwesenheit ohne wichtigen Grund bewilligt wurde, ist die Antwort leicht: Ja, sie dürfen, wenn sie es beantragen UND das Jobcenter es bewilligt.

Wurden im laufenden Kalenderjahr bereits Ortsabwesenheiten ohne wichtigen Grund bewilligt, stellt sich hingegen oft die Frage, ob die 3wöchige Höchstfrist dabei nicht überschritten wird (§ 7b Abs. 3 S. 2 SGB II i.V.m. § 7 Abs. 1 S. 3 ErrV).

Wie wird die 3wöchige Höchstfrist berechnet?

Die Erreichbarkeits-Verordnung (ErrV) definiert diesen Zeitraum genauer (§ 2 Abs. 2 und 3 ErrV). Danach muss die Erreichbarkeit nur an Werktagen (gemäß BGB), also von Montag bis Samstag ohne Feiertage, sichergestellt werden, und auch an Samstagen nicht, wenn eine Kenntnisnahme vor dem nächsten Werktag erfolgt (ebenso Fachliche Weisung der BA zu § 7b SGB II, Rz 7b.56).

Eine Woche geht von Montag bis Sonntag, doch bei einem Abwesenheitszeitraum, der weniger als eine Woche beträgt, den Sonntag nicht umfasst oder werktägliche Feiertage beinhaltet, muss der auf die Höchstfrist anzurechnende Zeitraum der Ortsabwesenheit auf der Grundlage dieser Regelungen gesetzeskonform anteilig ermittelt werden.

Ich habe die 3wöchige Höchstfrist bereits ausgeschöpft, was nun?

Das Gesetz stellt auf zwei Voraussetzungen ab: Erreichbarkeit und Ortsnähe (§ 7b SGB II). Erreichbarkeit ist auch dann gegeben, wenn der Bürgergeld-Bezieher sichergestellt hat, dass eine andere Person an seiner Stelle die Schreiben des Jobcenters werktäglich lesen und ihn am gleichen Tag über deren Inhalt informieren kann (§ 2 Abs. 1 S. 2 ErrV).

Ortsnähe ist gegeben, wenn der Bürgergeldempfänger am nächsten Werktag nach dieser Information das Jobcenter, Arbeitgeber oder Maßnahmeträger im örtlichen Zuständigkeitsbereich seines Jobcenters aufsuchen kann (§ 7b Abs. 1 S. 3 SGB II).

Kann man beides sicherstellen, liegt keine genehmigungspflichtige Ortsabwesenheit vor.

Eine andere Möglichkeit bietet die Öffnungsklausel in § 7 Abs. 1 S. 4 ErrV, danach kann das Jobcenter nach billigem Ermessen bei Vorliegen besonderer Umstände auch über die Höchstfrist hinaus eine Ortsabwesenheit bewilligen.

Viele Jobcenter haben in den letzten zwei Wochen des Jahres ohnehin geschlossen, oder nur eine Notbesetzung, für diesen Zeitraum werden keine Meldeaufforderungen versendet, es beginnen keine Maßnahmen und Arbeitgeber befassen sich nicht mit Bewerbungen oder Jobangeboten. Das sind schon besondere Umstände, welche eine Integration in diesem Zeitraum äußerst unwahrscheinlich machen.

Was gilt für Arbeitslose erwerbsfähige Bürgergeldempfänger, die von der Agentur für Arbeit vermittelt werden?

Empfänger von Bürgergeld, die ebenfalls Arbeitslosengeld bekommen und deshalb von der Agentur für Arbeit vermittelt werden (§ 5 Abs. 4 SGB II), müssen die Zustimmung zur Ortsabwesenheit bei der für sie zuständigen Agentur für Arbeit beantragen.

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Dabei gelten die Regelungen des § 138 Abs. 5 Nr. 2 SGB III und der dazu erlassenen Erreichbarkeits-Anordnung (EAO) i.d.F. vom 26. September 2008.

Diese sind vergleichbar zu denen der ErrV, Ausnahmen über die 3wöchige Höchstfrist hinaus gibt es in der EAO jedoch nicht.

Das Jobcenter ist an die Entscheidung der Agentur für Arbeit zur Ortsabwesenheit gebunden (§ 8 ErrV). Sollte die Agentur für Arbeit entscheiden, dass während der Ortsabwesenheit keine Verfügbarkeit besteht und deshalb der Anspruch auf Arbeitslosengeld entfällt, teilt sie das dem zuständigen Jobcenter mit (§ 9a SGB III), welches dann über die Erreichbarkeit zu entscheiden hat (vgl. Fachliche Weisung der BA zu § 7b SGB II, Rz 7b.53).

Was gilt für Erwerbstätige Bürgergeldempfänger?

Für Erwerbstätige Bürgergeldempfänger, die dazu ohnehin Urlaub bei Ihrem Arbeitgeber beantragen müssen, ist die Antwort leicht: Ja, sie dürfen, wenn sie es beim Jobcenter beantragen.

Bei diesen Personen ist das Jobcenter gesetzlich verpflichtet, einer Ortsabwesenheit für die Dauer des arbeitsvertraglichen Erholungsurlaubes zuzustimmen (§ 7 Abs. 3 S. 3 SGB II i.V.m. § 7 Abs. 2 ErrV), auch wenn dabei die 3wöchige Höchstfrist überschritten wird.

Warum die Bundesagentur für Arbeit (BA) den gesetzlichen Erholungsurlaub nicht als wichtigen Grund für eine Ortsabwesenheit anerkennt, ist nicht nachvollziehbar. Jobcenter rechnen diese jedoch i.d.R. nicht auf die 3wöchige Höchstfrist an.

Was gilt für Bürgergeldempfänger, die weder arbeitslos noch erwerbstätig sind?

Leistungsempfänger die der Vermittlung des Jobcenters nicht zur Verfügung stehen, oder stehen müssen, benötigen keine Zustimmung zur Ortsabwesenheit, denn hier gilt die Zustimmung bereits mit der Antragstellung als erteilt (§ 4 Abs. 4 S. 2 ErrV).

Das betrifft z.B. Personen im Mutterschutz, in Elternzeit, die ihr Baby/Kleinkind betreuen, einen Angehörigen ab Pflegegrad 4 pflegen, oder der allgemeinen Schulpflicht unterliegen.

Auch Teilnehmer an einer Eingliederungsmaßnahme (§§ 16 bis 16k SGB II) gelten nicht als arbeitslos, benötigen also in maßnahmefreien Zeiten keine Zustimmung des Jobcenters zur Ortsabwesenheit.

Was gilt für erwerbsunfähige Bürgergeldempfänger?

Die Pflicht zur Erreichbarkeit gilt nur für Erwerbsfähige, wer nicht erwerbsfähig ist und nur wegen seiner Zugehörigkeit zu einer Bedarfsgemeinschaft mit einer erwerbsfähigen Person Leistungen bezieht, unterliegt nicht den Bestimmungen des § 7b SGB II. Das gilt auch für Kinder unter 15 Jahren.

Wann sollte der Antrag auf Ortsabwesenheit gestellt werden?

Ein Antrag sollte spätesten fünf Werktage vor der geplanten Ortsabwesenheit und nicht eher als 3 Monate vorher gestellt werden (§ 4 Abs. 1, 4 ErrV).
In Ausnahmefällen kann der Antrag auch nachträglich gestellt werden, wenn eine rechtzeitige Antragstellung nicht möglich war (§ 4 Abs. 2 ErrV).