Hartz IV: Materielle Not und soziale Isolation

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30.11.2016

Erwerbslose geraten in materielle Not. Grundbedürfnisse können sie kaum noch erfüllen. Es geht nicht um ein neues Auto, sondern um Miete, Telefon oder Essen. Das Statistische Bundesamt fand heraus, dass 30,1 % der Erwerbslosen in Deutschland unter erheblichen materiellen Entbehrungen leiden. Sie können sich vier von neun lebenswichtigen Gütern nicht leisten.

Weder Urlaub noch gesundes Essen
Dazu gehören Miete, Wasser und Strom, Mahlzeiten mit Fleisch, Fisch oder gleichwertigen vegetarischen Lebensmitteln, Waschmaschine, Fernseher, Telefon, unerwartete Ausgaben, Heizung, Wasser, Strom und zumindest eine einwöchige Reise im Jahr.

Deutschland, eines der reichsten Länder der Welt, ist damit in der EU weit unter dem Schnitt. Insgesamt leiden unter solcher materieller Not in der EU 25,2 % der Erwerbslosen.

Die Bundesregierung bestätigte gegenüber Katja Kipping von der Partei DIE LINKE: 12 % der Hartz-IV-Abhängigen hätten nicht genug Zimmer in der Wohnung, 26 % könnten sich keine neue Kleidung kaufen, 8 % hätten keine Kleidung für den Winter, 43 % könnten sich kein Auto leisten, und 16 % hätten keinen Computer mit Internetzugang. 44 % kämen wegen unerwarteter Ausgaben wie einer kaputten Waschmaschine in Bedrängnis. Die Folgen für die Gesundheit sind katastrophal: 34 % müssen bei medizinischen Zusatzleistungen sparen.

Soziales Elend
Die materielle Not führt zu sozialem Elend: 69 % könnten überhaupt nicht verreisen, 29 % keine Freunde zum Essen nach Hause einladen, 45 % nicht ins Theater, Kino oder auf Konzerte gehen; mehr als die Hälfte keine Gaststätte besuchen. Vor allem Kinder seien von sozialen Aktivitäten ausgeschlossen.

Diakonie fordert Kommission für Regelsätze
Der Regelsatz für Hartz-IV richtet sich nach den untersten 15 % der Einkommensschwachen. Darunter fallen auch Menschen, die ein Recht auf staatliche Leistungen haben, diese aber nicht in Anspruch nehmen. 43 % der Referenzgruppe seien Rentner, so Kipping und nur 22,8 % hätten Arbeit. Im Klartext: Die Regelsätze für Hartz-IV-Abhängige berechnen sich vor allem aus den Mitteln, die Hartz-IV-Abhängige haben.

Die Diakonie fordert, dass eine unabhängige Kommission aus Verbänden, Wissenschaftlern und Sachverständigen Sätze berechnet, die an die Lebensrealität angepasst sind. (Dr. Utz Anhalt)

Bild: perfectlab-fotolia