Caritas legt Hartz IV-Gutachten vor

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Caritas und Paritätischer Wohlfahrtsverband fordern deutliche Hartz IV-Erhöhung

14.10.2013

Während der Bundesrat jüngst eine Erhöhung des Hartz IV-Eckregelsatzes um lediglich neun Euro beschlossen hat, fordern Sozialverbände eine deutlichere Anhebung. Sowohl die Caritas als auch der Paritätische Wohlfahrtsverband legten deshalb Gutachten zur rechts- und sachfehlerhaften bisherigen Hartz IV-Regelleistungsbemessung vor. Beide Gutachten entstanden im Rahmen von Prüfverfahren des Bundesverfassungsgerichts, nachdem zwei Regelsatz-Klagen vor dem Sozialgericht Berlin dorthin zur Prüfung übergeben wurden.

Neue Hartz IV-Regelsatzbemessung erforderlich
Der Eckregelbedarf ist der Betrag, den alleinstehende hilfebedürftige Erwachsene nach SGB II zur Sicherung des Existenzminimums erhalten. Derzeit liegt dieser bei 382 Euro pro Monat. Vom Eckregelbedarf leiten sich die Regelbedarfe für die anderen in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen wie die Partner und Kinder ab. Zusätzlich zu diesem Betrag erhalten Leistungsberechtigte die Kosten für die Unterkunft (Miete, Heizung, Nebenkosten). Stromkosten werden nicht gesondert übernommen, sondern sind in Form einer Pauschale bereits im Eckregelbedarf enthalten. Zu den wichtigen Gründen nach Ansicht der Sozialverbände, die eine Erhöhung des Hartz IV-Regelsatzes zwingend notwendig machen, gehören unter anderem die steigenden Lebenshaltungs- und Energiekosten.

Mit Bezug auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes (BverfG) vom 9. Februar 2010 (Az.: 1 BvL 1/09) sowie weiterer Urteile des BverfG fordern sowohl die Caritas als auch der Paritätische Wohlfahrtsverband eine deutliche Nachbesserung der Hartz IV-Regelsatzbemessung.

Paritätischer Wohlfahrtsverband kritisiert niedrigen Regelsatz für Kinder
Jüngst legte der Paritätische Wohlfahrtsverband ein Gutachten im Zuge eines aktuell anhängigen Verfahrens (verfassungsrechtlichen Prüfverfahren 1 BvL 10/12 und 1 BvL 12/12) vor, nachdem die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts (siehe Urteil) durch den Gesetzgeber keinesfalls zufriedenstellend umgesetzt worden sind. Auch und vor allem der Regelsatz für Kinder sei mit der derzeitigen Rechtsprechung nicht zu vereinen, heißt es im Gutachten. So seien Leistungen des sogenannten Bildungs- und Teilhabegesetzes kein „bedarfsbezogener Beitrag zur Deckung kinderspezifischer Bedarfe“. Allgemeine Bedarfspositionen würden zu Gunsten antragsabhängiger Leistungen gestrichen werden, so dass wesentliche Leistungen des Bildungs- und Teilhabepakets eben nicht grundsätzlich verfügbar wären. Der Paritätische Wohlfahrtsverband ermittelte einen Eckregelbedarf in Höhe von 442 Euro.

Hartz IV-Gutachten der Caritas entlarvt zahlreiche Berechnungsfehler
Die Caritas legte am 14. August 2013 ebenfalls ein Gutachten zur rechts- und sachfehlerhaften bisherigen Hartz IV-Regelleistungsbemessung vor. Die Untersuchung erfolgte im Rahmen einer Sachverständigentätigkeit in den Verfahren 1 BvL 10/12 und 1 BvL 12/12 (Aussetzungs- und Vorlagebeschlüsse des Sozialgerichts Berlin vom 25. April 2012 – S 55 AS 9238/12 und S 55 AS 29349/11). Auch in diesem Gutachten wird auf zahlreiche Fehler bei der Ermittlung der Regelleistung hingewiesen. So sei unter anderem die Referenzgruppe, die zur Ermittlung des Regelsatzes für Einpersonenhaushalte herangezogen werde, durch eine Neuberechnung der Bedarfe im Jahr 2011 verkleinert worden. „Das soziokulturelle Existenzminimum orientiert sich in entwickelten Gesellschaften am Lebensstandard von Haushalten unterer Einkommensgruppen. Dieser dient gemäß § 28 Abs. 2 SGB XII als Vergleichsmaßstab.

Die Neudefinition der Gruppe von Haushalten unterer Einkommensgruppen (von den unteren 20 Prozent auf die unteren 15 Prozent) aufgrund ‘zu hoher Einkommen und Konsumausgaben’ widerspricht der jahrzehntelangen Festlegung der Referenzgruppe auf ca. das untere Quintil der nach ihrem Nettoeinkommen geschichteten Haushalte. Zu vermuten ist, dass allein fiskalische Überlegungen zur Ausgabenbegrenzung den Gesetzgeber dabei geleitet haben. Derartige grundlegende Änderungen der Berechnungsmethode bergen die Gefahr, in das Gesamtsystem ein Element willkürlicher Entscheidung einzuführen, mit dem das Ergebnis der Berechnung nach dem Statistikmodell nachträglich korrigiert werden kann. Wird die Referenzgruppe zu klein gewählt, ist unter Umständen nicht mehr sichergestellt, dass das physische Existenzminimum gedeckt werden kann. Der Gesetzgeber muss sich aber in Grundzügen an seinem System festhalten lassen. Der Deutsche Caritasverband ist daher der Ansicht, dass es der Transparenz und Folgerichtigkeit des Statistikmodells entsprechen würde, wenn weiterhin die unteren 20 Prozent der nach ihrem Einkommen geschichteten Einpersonenhaushalte nach Herausnahme der Empfänger/innen von existenzsichernden Leistungen als Referenzgruppe herangezogen würden“, heißt es im Gutachten der Caritas. Es sei eine Erhöhung des Eckregelbedarfs auf 436 Euro notwendig. Das BverfG prüft derzeit erneut die Regelleistungen für Kinder und Erwachsene. (ag)

Bild: Dr. Klaus-Uwe Gerhardt / pixelio.de

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