Keine einheitliche Regelung für Hartz IV-Gutscheine: Sanktionierte doppelt bestraft
16.01.2014
Hartz IV-Betroffene, die einem Termin beim Jobcenter versäumen oder sich weigern, eine bestimmtes Jobangebot anzunehmen, werden von der Behörde mit Sanktionen bestraft. Diese erfolgen in Form von Geldkürzungen. Bei mehrmaligen Verstößen kann sogar eine 100-prozentige Kürzung der Grundsicherung erfolgen. Dann erhalten Betroffene Hartz IV-Gutscheine, mit denen sie bargeldlos im Supermarkt einkaufen können. So jedenfalls die Theorie. Wie eine Hartz IV-Bezieherin aus Braunschweig bitter erfahren musste, sind Supermärkte keinesfalls dazu verpflichtet, die Gutscheine zu akzeptieren.
Bedürftige können von Supermärkten als Kunden abgelehnt werden
Bei Sanktionen und in Notlagen erhalten Hartz IV-Bezieher anstelle von Bargeld Gutscheine, mit denen sie im Supermarkt das Aller nötigste zum Leben einkaufen können. Beim Einlösen der Lebensmittelgutscheine kann es jedoch Probleme an der Supermarktkasse geben, wie jüngst eine junge Mutter erfahren musste. Die Braunschweigerin wollte in einem Discounter mit jenen Gutscheinen bezahlen, die sie zuvor vom Jobcenter erhalten hatte. Doch sowohl die Verkäuferin als auch die Marktleiterin weigerten sich, die Gutscheine statt Bargeld anzunehmen. Ein anderer Kunde kam der Frau schließlich zu Hilfe und übernahm die Kosten für die Lebensmittel. Anderenfalls hätte die Hartz IV-Bezieherin den Supermarkt ohne Lebensmittel verlassen müssen.
Ein schier unglaublicher Fall, so scheint es auf den ersten Blick. Wie die Bundesagentur für Arbeit (BA) gegenüber der Nachrichtenagentur „dpa“ mitteilte, handelt es sich dabei aber keineswegs um unrechtes Verhalten der Mitarbeiter des Discounters. Einer Sprecherin zufolge seinen die Supermärkte nicht dazu verpflichtet, die Gutscheine als Zahlungsmittel zu akzeptieren. Vielmehr dürfe jedes Jobcenter selbst entscheiden, mit welchem Lebensmittelgeschäft es Vereinbarungen über die Akzeptanz der Gutscheine treffe. Somit kann es immer wieder passieren, dass Bedürftige als Kunden von Supermärkten abgelehnt werden.
Hartz IV-Gutscheine bedeuten erhöhten Arbeitsaufwand für Supermärkte
In Braunschweig soll der Fall der jungen Mutter jedoch eine Ausnahme sein. „Bisher sind keine Fälle bekannt, in denen Gutscheine nicht akzeptiert wurden", erläuterte Sprecherin Daniela Kern gegenüber der Nachrichtenagentur. „Welche Supermärkte, Discounter oder Einzelhändler die Gutscheine akzeptieren, verhandeln die Jobcenter vor Ort", bestätigte Ilona Mirtschin von der BA der Nachrichtenagentur. Im Braunschweiger Land sollen aber keine derartigen Vereinbarungen bestehen. „Gutscheine werden in der Regel anerkannt. Bei wenigen Händlern ist die Akzeptanz für die Gutscheine nicht sehr hoch. Diese sind bekannt, und Kundinnen und Kunden werden darauf hingewiesen", informierte die Agentur für Arbeit Braunschweig-Goslar.
Warum manche Supermärkte keine Hartz IV-Gutscheine akzeptieren, könnte am erhöhten Arbeitsaufwand liegen, der dieses Zahlungsmittel mit sich bringt. Hans-Joachim Rambow, Geschäftsführer beim Handelsverband Niedersachsen-Bremen, berichtete gegenüber der Nachrichtenagentur, dass detailliert aufgelistet werden müsse, welche Waren mit den Gutscheinen einkauft wurden. Anschließend müssten die Belege beim Jobcenter eingereicht werden.
Angeblich gibt es keine Zahlen darüber, in welcher Höhe und wie häufig Hartz IV-Gutscheine ausgegeben und eingelöst werden. Der BA zufolge fehlen dafür statistischen Daten. (ag)
Bild: birgitH / pixelio.de
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