Dortmund zeigt, wie Jobcenter anders handeln können. Eine neue Mobilitätsförderung verspricht bis zu 5.000 Euro für den Gebrauchtwagenkauf – und heizt die Debatte um sinnvolle Anreize im Bürgergeld-System an.
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Jobcenter Dortmund startet Pilot für mehr Bewegungsfreiheit
Seit Ende Mai können Bürgergeld-Bezieher, die unmittelbar vor Arbeitsantritt stehen, beim Dortmunder Jobcenter einen einmaligen Zuschuss beantragen. Bis zu 5.000 Euro gibt es für einen Pkw, wenn der künftige Arbeitsplatz ohne Auto nur schwer erreichbar wäre. Die Behörde setzt damit bewusst auf Belohnung statt Strafe.
Bundesweit diskutieren Politik und Behörden gleichzeitig über schärfere Sanktionen. Dortmund weicht davon ab und testet, ob positive Anreize schneller in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung führen.
So hoch fallen die Förderbeträge aus
- Pkw bis 5.000 €
- Motorroller bis 3.000 €
- Pedelec/Mofa bis 2.000 €
- Führerschein extra bis 3.000 €
Voraussetzungen: Wer profitiert?
Für die Förderung muss bereits ein unbefristeter Arbeitsvertrag vorliegen und der Arbeitsplatz darf mit Bus und Bahn nur schwer erreichbar sein. Weil der Job zeitnah beginnt, müssen Sie den Antrag stellen, bevor Sie das Fahrzeug kaufen.
Das Angebot richtet sich hauptsächlich an Liefer-, Kurier- und Pflegedienste, bei denen flexible Mobilität entscheidend ist. Zurückzahlen müssen Sie die Unterstützung nicht; allerdings verlangt das Jobcenter, dass Sie mindestens sechs Monate bei Ihrem neuen Arbeitgeber bleiben.
Warum die Regelung polarisiert
Mehrere Sachbearbeiter warnen vor Missbrauch. Sie fürchten, dass Scheinfirmen Zuschüsse kassieren, den Betrag teilen und das Arbeitsverhältnis nach Ablauf der Bindefrist lösen. Die Kontrolle ist schwierig, weil Jobcenter weder sämtliche Fahrten nachverfolgen, noch den Fahrzeugbesitz lückenlos prüfen können.
Leiter Marcus Weichert hält dagegen: Es handele sich um eine „absolute Ausnahmeregelung“ mit höchstens zehn Fällen pro Jahr. Geschätzte Kosten: rund 50.000 Euro. Dauerhafte Jobs sollen diese Ausgaben wettmachen, wenn Langzeitarbeitslose aus den Sozialleistungen herauskommen.
Rechtsgrundlage: Vermittlungsbudget statt Pflichtleistung
Die Zahlungen erfolgen nach § 44 SGB III aus dem Vermittlungsbudget. Ein Rechtsanspruch existiert nicht; jede Bewilligung liegt im Ermessen der Fachkraft. Antragstellende sollten daher frühzeitig das Gespräch suchen, Belege sammeln und einen klaren Mobilitätsbedarf nachweisen.
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Chancen clever nutzen, Risiken minimieren
Mit dem Zuschuss können Sie ein zuverlässiges Fahrzeug anschaffen, ohne später Rückzahlungen leisten zu müssen. Die gewonnene Mobilität verkürzt Ihre Fahrzeiten, sodass Sie pünktlicher bei der Arbeit erscheinen, und eröffnet Ihnen Arbeitsangebote, die bislang wegen fehlender Transportmöglichkeiten nicht infrage kamen.
Behalten Sie jedoch die sechsmonatige Bindungsfrist im Auge: Wer das Beschäftigungsverhältnis vor Ablauf dieser Zeit beendet, verliert nicht nur sein Einkommen, sondern gefährdet auch künftige Förderchancen.
Blick über Dortmund hinaus
Die Bundesagentur für Arbeit bestätigt, dass ähnliche Mobilitätshilfen bereits möglich sind, wenn ein Auto „für die Ausübung der Tätigkeit erforderlich“ ist. Ob andere Jobcenter die Dortmunder Staffelung übernehmen, hängt von zwei Faktoren ab:
- Haushaltslage – reicht das Vermittlungsbudget aus?
- Stabilität – bleiben die geförderten Arbeitsverhältnisse nach der Probezeit bestehen?
Erst wenn beide Fragen positiv beantwortet werden, könnte das Modell in weiteren Städten Schule machen. Das Bundesarbeitsministerium beobachtet das Pilotprojekt genau.