Bürgergeld: “In den Waschsalon gehen und für Waschmaschine sparen”

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Helena Steinhaus von dem Verein Sanktionsfrei e.V. in Berlin klärt über skandalöse Praktiken von Jobcentern auf und hilft deren Opfern. Jetzt macht sie eine Zumutung öffentlich, bei der einem die Haare zu Berge stehen.

“In den Waschsalon gehen und für Waschmaschine sparen”

Ein Jobcenter lehnte ein Darlehen für eine Waschmaschine ab, das eine alleinerziehende Mutter mit einem kleinen Kind in Anspruch nehmen wollte.

Die Begründung des Jobcenters liest sich wie ein bösartiger Witz: “Vorübergehend können Sie die Wäsche beispielsweise in einem Waschsalon reinigen und parallel Ansparungen für die Anschaffung einer Waschmaschine vornehmen.”

Das Jobcenter ist für Zynismus bekannt

Das zuständige Jobcenter ist kein Unbekannter, was die unwürdige Behandlung von Leistungsberechtigten betrifft. Steinhaus informiert: “Es handelt sich hier übrigens um dasselbe Jobcenter wie das, das vor 2 Jahren schrieb, jemand könne die Lebensmittel vorübergehend draußen aufbewahren und parallel für einen Kühlschrank sparen.”

Ein Darlehen, keine Kostenübernahme

Steinhaus betont: “Zur Erinnerung: es geht hier um ein Darlehen.” Es stand also nicht zur Debatte, dass das Jobcenter die Kosten für die Waschmaschine übernehmen sollte, sondern die Leistungsberechtigte fragte lediglich an, ob die Behörde ihr das Geld leihen könnte, das sie brauchte, um das Haushaltsgerät zu finanzieren.

Sparen vom Regelsatz

Steinhaus betont, dass der Regelsatz viel zu niedrig ist, um davon Geld beiseite zu legen, mit dem Haushaltsgeräte angeschafft werden können.

Sanktionsfrei hilft

Sanktionsfrei e.V. hilft der Leistungsberechtigten aus ihrer Not und überweist ihr das Geld, das sie zum Kauf der Waschmaschine braucht. Wie immer in solchen Fällen kann es aber nicht sein, dass private Wohltätigkeitsorganisationen einspringen müssen, um die willkürliche Brutalität der Jobcenter abzufedern.

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Eine absurde Rechnung

Ein User mit Namen Golden Gardens kommentiert bei Helena Steinhaus: “Wie soll man auf eine Waschmaschine sparen, wenn man sein Geld im Waschsalon liegen lässt?” Tatsächlich liegen die Preise in einem Münzwaschsalon zwischen 5,00 Euro und 10,40 Euro pro Waschgang.

Das wäre genau das Geld, das als monatliche Rate dienen könnte, um ein zinsloses Darlehen für eine Waschmaschine abzustottern.

Widerspruch einlegen

Golden Gates empfiehlt: “Widerspruch einlegen und sicherstellen, dass die Leitung des Jobcenters von den wiederholt seltsamen Entscheidungen Kenntnis hat.”

Hat ein Widerspruch Aussicht auf Erfolg?

Darlehen des Jobcenters an Leistungsberechtigte sind vorgesehen für besondere Notlagen, wenn das eigene Vermögen nicht reicht, um die Kosten zu decken und die Kosten nicht durch den Regelsatz abgedeckt sind.

Das bleibt zwar im Ermessen des Jobcenters, aber eine Waschmaschine für eine Alleinerziehende mit Kleinkind sollte diesen Kriterien genügen.

Unter Umständen sogar einmaliger Mehrbedarf

Mehr noch. Es gab vor einem Jahr sogar einen Fall, in dem ein Gericht die Behörde verpflichtete, die Kosten für eine neue Waschmaschine zu übernehmen und nicht nur ein Darlehen zu gewähren.

Das Sozialgericht Kiel verdonnerte das zuständige Jobcenter, einem Bürgergeld-Bezieher, dessen Waschmaschine kaputt gegangen war, den Kaufpreis einer neuen Waschmaschine samt Lieferung als einmaligen Mehrbedarf zu bezahlen. (Aktenzeichen S 35 AS 35/22, Urteil vom 14. März 2023). Wir haben dazu auch ein Info-Video gemacht.

Was fällt unter Sonderbedarf?

Als Sonderbedarf, für den Darlehen gewährt werden, fallen beim Jobcenter Sach- und Geldleistungen, die nicht zum Regelbedarf gehören.

In der Liste finden sich Erstausstattungen für die Wohnung einschließlich Haushaltsgeräten, und damit ist eine Waschmaschine ein Sonderbedarf, auf jeden Fall als Erstausstattung.