Bürgergeld: Das Nebenkostenprivileg endet zum 1. Juli 2024 – Was bedeutet das?

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Hat ein Mehrfamilienhaus einen gemeinsamen Kabelanschluss, dann durften bisher die Eigentümer die Kabelgebühren über die Nebenkosten abrechnen. Diese Umlage über die Betriebskostenabrechnung auf alle Hausbewohner heißt Nebenkostenprivileg.

Kabelgebühren werden nicht mehr als Nebenkosten abgerechnet

Für den gemeinschaftlichen Kabelanschluss mussten auch die zahlen, die ihn nicht nutzten. Am 1. Juli 2024 endet dieses Privileg. Was bedeutet das für Leistungsberechtigte beim Bürgergeld, die bislang unter das Nebenkostenprivileg fallen?

Höhere Ausgaben für Millionen

Für rund zwei Millionen Leistungsbezieher beim Bürgergeld bedeutet der Wegfall dieses Nebenkosten-Privilegs höhere Kosten. Wenn die Kosten eines Kabelanschlusses nicht mehr über Nebenkosten abgerechnet werden, dann gelten sie nicht mehr als Kosten der Unterkunft und werden nicht mehr vom Jobcenter übernommen.

Statt Nebenkostenprivileg Regelbedarf für Post und Telekommunikation

Stattdessen fallen die Ausgaben der Betroffenen dann unter den Regelbedarf für Post und Telekommunikation. Dieser beträgt für Alleinstehende 50,35 Euro im Monat, und darin sind bereits Internetanschluss und Mobiltelefon enthalten.

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales sagt klipp und klar über die Kosten für Leistungsberechtigte, die bisher vom Nebenkostenprivileg betroffen waren: „Die entsprechenden Aufwendungen sind aus dem Regelbedarf zu bestreiten.”

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Wie tief müssen Leistungsberechtigte in die Tasche greifen?

Für die Betroffenen bedeutet dies eine Kürzung ihres Regelsatzes. Denn in Zukunft müssen sie die monatlichen Kosten von rund fünf bis 15,00 Euro (oder mehr) aus den Mitteln zu zahlen, die für ihren Lebensunterhalt vorgesehen sind.

Übergangsfrist endet am 30. Juni

Beschlossene Sache ist das schon lange. Bereits am 1. Dezember 2021 trat das Gesetz zur Abschaffung des Nebenkostenprivilegs für Kabelgebühren in Kraft. Bis zum 30. Juni 2024 gilt noch eine Übergangsfrist. Ab dem 1. Juli 2024 müssen die betroffenen Leistungsberechtigten ihr TV selbst bezahlen – ob über Kabel oder Internet.

Wohnungsunternehmer warnen

Der GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen kritisiert diese Änderung. Dem Verband zufolge führe der Wegfall des Nebenkostenprivilegs besonders für Bürgergeldempfänger zu höheren Belastungen. Gleichwertige TV-Produkte würden monatlich mindestens zehn Euro kosten.

Der Präsident des GdW, Axel Gedaschko erklärt: “Als sozial orientierte Wohnungswirtschaft haben wir bereits im Gesetzgebungsverfahren massiv kritisiert, dass die Abschaffung der Umlagefähigkeit für Transferleistungsempfänger eine besondere Härte darstellt. Hier muss dringend eine sozial verträgliche Lösung gefunden werden.”

Kosten müssen übernommen werden

Die GdW fordert, das Recht so zu ändern, dass Leistungsberechtigte, die bisher unter das Nebenkostenprivileg fielen, auch in Zukunft nicht selbst zahlen müssen. Wörtlich heißt es: “Um faktisch drohende Bürgergeldkürzungen zu vermeiden, sollte die Regierung umgehend die rechtlichen Voraussetzungen dafür schaffen, dass die Kosten auch künftig übernommen werden.”

Rechtliche Hürden

Rechtlich dürfte eine solche Forderung allerdings schwer durchzusetzen sein, besonders, wenn darunter nur die Leistungsberechtigten fallen, für die bisher das Nebenkostenprivileg galt.

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales vermittelt, dass es nicht über eine zusätzliche Kostenübernahme nachdenkt. Denn, so heißt es dort, seit dem Regelbedarfsermittlungsgesetz 2021 würden Verbräuche von Kommunikationsdienstleistungen inklusive Alternativen wie Internet oder Satellitenempfang vollständig im Regelbedarf berücksichtigt.

Verbraucherschützer kritisierten zum einen in der Vergangenheit den “Zwang” zum Kabelanschluss und traten für mehr Freiheit der Mieter bei der Wahl ihres TV-Anschlusses ein.
Zum anderen mussten Leistungsberechtigte ohne Sammelanschluss auch bisher ihre Kosten für Fernsehen aus dem Regelsatz bezahlen.

Erhöhung des Regelsatzes?

Eine Gleichbehandlung der Bürgergeld-Bezieher, die die TV-Kosten für diejenigen unter den Leistungsberechtigten übernimmt, die bis zum 30. Juni 2024 unter das Nebenkostenprivileg fallen, würde deshalb notwendig ein generelles Anheben des Regelbedarfs für Post und Telekommunikation bedeuten.

Gibt es auch Vorteile für Leistungsberechtigte?

Für diejenigen unter den Bürgergeld-Beziehern, die bisher unter das Nebenkostenprivileg fielen, bedeutet dessen Wegfall faktisch weniger Geld. Für die anderen Leistungsberechtigten, die ihren Anschluss bisher selbst zahlten, kann das Ende des Privilegs unter Umständen sogar einen kleinen Vorteil bringen.

Bei Telefongebühren führte die Öffung des Marktes durch die höhere Konkurrenz zu sinkenden Verbraucherpreisen. Das könnte auch beim TV in Zukunft passieren, wenn sich alle ihren Anbieter selbst aussuchen können.