Behält das Jobcenter bewusst Hartz IV zurück?

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Behält das Jobcenter absichtlich Zahlungen für Hartz IV-Bezieher ein?

23.03.2015

Immer wieder werden Fälle von Hartz IV-Beziehern bekannt, bei denen das Jobcenter Günzburg offenbar willkürliche Entscheiden getroffen hat. Auch zwei Anwälte von Betroffenen vermuten, dass hinter dem Vorgehen der Behörde Methode steckt. Leistungen würden gestrichen, ohne den Sachverhalt gründlich zu prüfen, und Unterlagen mehrfach angefordert. Offenbar will die Einrichtung des Kreises Geld sparen. Beweisen lässt sich das aber nicht.

Jobcenter Günzburg behält Leistungen ein, ohne Sachverhalt gründlich zu prüfen
Die Kritik an der Vorgehensweise des Jobcenters Günzburg reißt nicht ab. Nach dem der Fall einer Hartz IV-Bezieherin durch die Presse ging, der das Amt vorwarf, in einer eheähnlichen Gemeinschaft zu leben, obwohl sie lediglich Untermieterin eines Mannes war, werden immer wieder Fälle bekannt, in denen das Jobcenter unbegründet Hartz IV-Leistungen einbehält. So auch bei einer anderen Frau, die derzeit nur einen verringerten Hartz IV-Regelsatz erhält, da sie angeblich Einkünfte aus einem früheren Gewerbe erzielt. Obwohl sie das Gegenteil anhand von Kontoauszügen beim Jobcenter nachgewiesen hat, beharrt die Behörde auf ihrem Standpunkt. Ihr Anwalt hat nun Untätigkeitsklage erhoben, weil der Widerspruch der Frau drei Monate unbeantwortet blieb.

Die Zeitung berichtet von einem weiteren Hartz IV-Bezieher, der ebenfalls eine unbegründete Leistungskürzung hinnehmen musste. Nach seinen Angaben habe er am 26. Oktober 2009 eine Einladung zu einem Termin im Jobcenter für den 5. Mai desselben Jahres erhalten. In der Folge wurde der Mann vom Amt mit einer Sanktion bestraft, da er nicht zu dem vereinbarten Termin erschien. Er unterstellt der Behörde absichtliche „Urkundenfälschung“ und Manipulation. Der zu unrecht sanktionierte Hartz IV-Bezieher hat mittlerweile eine Petition beim Landtag eingereicht, weil die Staatsanwaltschaft Memmingen trotz seiner Anzeigen nicht gegen den Jobcenter-Chef und gegen den Landrat vorgegangen sei.

Rechtsanwälte kritisieren Vorgehensweise des Jobcenters Günzburg
Auch zwei Anwälte von Betroffenen kritisieren die Vorgehensweise des Jobcenters Günzburg scharf. „Es hat Methode, die Zahlung einzustellen und immer wieder etwas anzufordern“, zitiert die Zeitung Rechtsanwalt Wolfgang Schubaur. Gerd Konrad, der ebenfalls eine Betroffene juristisch vertritt, berichtet gegenüber dem Blatt, dass das Jobcenter „oft Unterlagen haben will, die bereits vorgelegt wurden. Ich vermute eine Taktik, um die Leute mürbe zu machen. Beweisen lässt sich das nicht.“

Zudem seien die vom Amt festgelegten Vergleichspreise für Wohnungen von Hartz IV-Beziehern viel zu niedrig. Das bestätigt auch Thomas Weiand, Vorsitzender des Mietervereins Augsburg und Umgebung, im Gespräch mit der Zeitung: „Die Kosten sind schöngerechnet.“ Derzeit liege die zugelassene Obergrenze bei der Nettokaltmiete abhängig von Ort und Wohnungsgröße zwischen 3,56 und 4,50 Euro pro Quadratmeter. Auch die kalten Nebenkosten, die auf 1,14 bis 1,23 Euro vom Jobcenter festgelegt seien, hätten nichts mit der Realität zu tun. „Wer da etwas findet, soll sich melden“, so Weiand. „Denn zu dem Preis gibt es derzeit nichts. Betroffene sollten das notfalls vom Sozialgericht überprüfen lassen.“ Die Heizobergrenze sei hingegen angemessen und realistisch.

Sozialgericht Augsburg: Jobcenter Günzburg fällt nicht durch negative Bearbeitungsqualität auf
Wie die Zeitung weiter berichtet, ist das Jobcenter zumindest beim Augsburger Sozialgericht noch nicht negativ aufgefallen. „Das Jobcenter fällt weder hinsichtlich der Länge seiner Bearbeitungszeiten noch hinsichtlich der Bearbeitungsqualität negativ auf“, so Ulrike Mayer, Vizepräsidentin des Sozialgerichts. Zudem verfüge es über eine „überdurchschnittliche Vergleichsbereitschaft“.

Berufsbetreuer Thomas Messingschlager gibt gegenüber dem Blatt zu bedenken: „Es gibt Unterschiede bei den Bearbeitern. Man versucht rechtlich korrekt zu sein, das bringt den Betroffenen aber oft Nachteile. Es gibt andere Jobcenter, die kulanter sind und nicht das Gefühl geben, ein Straftäter zu sein.“ (ag)

Bild: Didi01 / pixelio.de

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