Eine Jobcenter-Maßnahme mit Jobgarantie – davon träumen viele Hartz IV-Betroffene. Und wenn es dann noch um eine gute Stelle in der Berliner Verwaltung geht, ist das Glück perfekt. Mit dieser Aussicht hat ein zwielichtiger Maßnahmen-Anbieter ältere Hartz IV-Betroffene in seine Maßnahme gelockt. Aus den angekündigten Stellen wurde am Ende nichts. Und das Jobcenter, das selbst Werbung für den Anbieter gemacht hatte, will nichts von der Abzocke gewusst haben.
Weiterbildung mit Aussicht auf Festanstellung
Das Projekt klingt erst mal nach einer guten Idee. Gut ausgebildete Arbeitslose mit viel Berufserfahrung sollten in einer Maßnahme mit dem klangvollen Titel Neos gecoacht werden.
Dann sollten sie erst mal als Zeitarbeiter dort in der Berliner Verwaltung eingesetzt werden, wo es besonders brennt. Dass die Berliner Verwaltung auf dem Zahnfleisch geht, weiß jeder, der in den vergangenen Jahren versucht hat, sich Ausweise verlängern zu lassen oder umzumelden.
Bei dem offensichtlich riesigen Bedarf an Personal hofften viele der 170 Maßnahmen-Teilnehmer, nach der Zeitarbeit auch eine feste Anstellung im öffentlichen Dienst zu erhalten.
Erwerbslosen wurden große Hoffnungen gemacht
In Wahrheit aber wurde nur mit den Hoffnungen der Hartz IV-Bezieher gespielt. Besonders bitter, weil viele der Teilnehmer kurz vor der Rente stehen und der Maßnahmen-Anbieter Alinea jetzt wohl ihre letzte Chance auf einen Job verspielt hat. So geht es zumindest Michael Marx. “Eine kurze Rast vor der Altersarmut, davon habe ich geträumt,” sagt der studierte Musiker, 62, der schon seit Jahren aufstocken muss, um über die Runden zu kommen. Daraus wurde leider nichts.
Denn die vertraglich garantierten Jobs im öffentlichen Dienst gab es gar nicht. Und es soll sie auch nicht geben, denn die Berliner Politik will Zeitarbeit in der öffentlichen Verwaltung ab- und nicht aufbauen. Die Teilnehmer konnten das nicht wissen – denn sie haben vom Jobcenter selbst Werbung für Alinea bekommen. Das Jobcenter hat Ihnen selbst die Maßnahme vorgeschlagen und Ihnen Bildungsgutscheine dafür ausgestellt.
Jobcenter will nichts gewusst haben
Wenn das eine Amt einen Arbeitslosen in einen Job bei einem anderen Amt vermittelt, darf man als Arbeitsloser wohl davon ausgehen, dass die Zusammenarbeit im Vorfeld abgeklärt ist. Ein einfacher Anruf unter Kollegen hätte genügt.
Das wurde aber nicht gemacht. Jetzt will das Jobcenter von Verantwortung natürlich nichts wissen. “Wir finanzieren nie eine spezielle Maßnahme, wir stellen nur Gutscheine für ein Bildungsziel aus,” heißt es dort. “Die Jobcenter-Kunden entscheiden dann selber, bei welchem Anbieter sie den Gutschein einlösen.”
Alle gewinnen – auf Kosten der Erwerbslosen
Damit gewinnen am Ende dieser Maßnahme alle, bloß die Hartz IV-Betroffenen gucken in die Röhre. Alinea hat Teilnehmer in seinen Maßnahmen und kassiert dafür beim Jobcenter ab. Die Jobcenter können die Teilnehmer als “nicht mehr arbeitslos” zählen und müssen sie nicht mehr in ihrer Arbeitslosenstatistik angeben.
Für eine gute Statistik ist den Jobcentern ja bekanntermaßen jedes Mittel recht. Dass Menschen in Notlagen dafür hinter die Fichte geführt werden, und dafür noch Steuergelder verschleudert werden, interessiert dann wohl niemanden mehr.
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