Schleppend angelaufen und Sanktionen drohen
In Berlin lรคuft derzeit das “Solidarische Grundeinkommen” an. Wir berichteten. Ein etwas รคhnliches Projekt hatte die Bundesregierung im Rahmen des Teilhabechancengesetz Anfang des Jahres gestartet. Es richtet sich an Erwerbslose รผber 25 Jahre, die mindestens sechs Jahre Hartz IV beziehen. Die Stellen werden zwei Jahre zu 100 Prozent gefรถrdert. Danach soll der Zuschuss genau 3 Jahre pro Jahr um 10 Prozent gesenkt werden. Zusรคtzlich wird den Teilnehmenden ein sogenannter “Coach” an die Seite gestellt.
Weniger Jobs als erwartet
Doch das Programm ist nur sehr schleppend angelaufen. Der Chef der Bundesagentur fรผr Arbeit, Detlef Scheele, bestรคtigte, dass geradeeinmal 21.300 Stellen an Erwerbslose vergeben wurden. Ansich waren 150.000 gefรถrderte Arbeitsplรคtze angestrebt. Offensichtlich wird, dass die Bundesregierung diese Grรถรenordnung bereits verworfen hat.In einem Interview gegenรผber der “dpa” sagte Scheele: “Bereits nach einem halben Jahr sind wir etwa bei der Hรคlfte der erwarteten Beschรคftigungsverhรคltnisse.” Das sei angeblich “gigantisch” schnell, lobte er. Teilweise wรผrden die Jobs zu 70 Prozent aus der Privatwirtschaft stammen.
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Trotzdem Sanktionen
Hatte die Bundesregierung betont, dass das Programm freiwillig sei, so zeigte eine kleine parlamentarische Anfrage der Fraktion “Die Grรผnen”, dass die Teilnahme nun doch nicht so freiwillig ist, obwohl die SPD dies bei Vorstellung des Programms zugesichert hatte. Denn die Teilnehmer erhalten durch das zustรคndige Jobcenter eine sog. Rechtsfolgebelehrung. Darin werden wie immer Sanktionen angedroht, falls es รrger mit dem Coach geben sollte und dadurch ein Rรผckfall ins Hartz IV System passiere. “Wenn nach dem Abschluss des Vertrages wieder Zwang und Druck ausgeรผbt wird, dann ist das absurd”, kritisiert Beate Mรผller-Gemmecke (Die Grรผnen).
Weitere Anfrage
Die Grรผnen planen in diesem Zusammenhang eine erneute Anfrage. Hier wollen die Oppositionspolitiker herausfinden, ob das Bundesprogramm Frauen benachteilige. Denn die Hรคlfte aller Erwerbslosen sind weiblich. Dennoch sind in den Projekten nur etwa ein Drittel Frauen. Das sei nicht รผberraschend, sagt Mรผller-Gemmecke. “Frauen sind auf dem Arbeitsmarkt grundsรคtzlich benachteiligt, obwohl sie einen besonderen Unterstรผtzungsbedarf haben”. Durch die Betreuung der Kinder oder die Pflege von erkrankten Angehรถrigen kรถnnten sie seltener an Maรnahmen teilnehmen, um sich zu qualifizieren. Zudem sind die allermeisten Alleinerziehenden weiblich.