Feststellungsklage Mitwirkungspflicht Kontoauszüge

Lesedauer 3 Minuten

Feststellungsklage an das Sozialgericht Koblenz als Dokumentation und Formulierungshilfe

25.05.2014

"Ich bitte das Gericht festzustellen das ein Verwaltungsakt, der Leistungen nach dem SGB II wegen mangelnder Mitwirkung in Form von der Nichtvorlage der Kontoauszüge der letzten drei Monate, einstellt, nichtig ist. Die Gründe: Die Kontoauszüge der letzten drei Monate, welche von den Jobcentern im Rahmen der Mitwirkungspflicht bei Erstanträgen bzw. Weiterbewilligungsanträgen im Rahmen der Mitwirkungspflicht gefordert werden, sind für eine Feststellung der aktuellen Bedürftigkeit nicht relevant.

Zum einen weil diese mit Ausnahme des aktuellen Kontostandes, keinerlei Rückschlüsse über die aktuelle Bedürftigkeit, und nur über diese ist im Rahmen des Leistungsantrages zu entscheiden, geben. Eine abschließende Prüfung der Bedürftigkeit ist ausschließlich an Hand des Antragsformulars, soweit dieses, entsprechend der darin enthaltenen Rechtsbelehrung, vom Antragsteller wahrheitsgemäß ausgefüllt wird, feststellbar. Da der Antragsteller alle relevanten Einkünfte im Antragsformular anführen muss, stellt eine zusätzliche Einsicht in die Kontoauszüge lediglich eine Überprüfung der im Antragsformular gemachten Angaben dar. Dies ist dann ein angemessenes Vorgehen, wenn begründete Zweifel an der Wahrhaftigkeit der im Antrag gemachten Angaben zu den Einkünften bestehen. Ist dies aber nicht der Fall, ist die Einsichtnahme unverhältnismäßig und nicht durch die Mitwirkungspflicht zu begründen. Grundsätzlich sind Sozialdaten entsprechend § 67 des SGB X nur dann zu erheben, wenn ihre Kenntnis zur Erfüllung einer Aufgabe der erhebenden Stelle nach dem Gesetzbuch erforderlich ist. Die Kenntnis über Einkünfte und Vermögen ist für die Feststellung der Bedürftigkeit notwendig, deshalb wird diese In dem Antrag bzw. Weiterbewilligungsantrag rechtskonform bei dem Betroffenen erhoben. Solange keine begründeten Zweifel an den wahrheitsgemäßen Angaben der vom Antragsteller gemachten Angaben bestehen, ist eine redundante Datenerhebung der gleichen Daten bei einem Dritten, hier der kontoführenden Bank, in Form von einer Einsicht in die Kontoauszüge nicht mehr durch den § 67 des SGB X gedeckt.

Die erneute Datenerhebung in Form der Einsicht in Kontoauszüge stellt nämlich gerade keine notwendige Handlung zur Erfüllung einer Aufgabe der erhebenden Stelle dar, sondern eine grundlose Überprüfung der vom Betroffenen bereits gemachten Angaben bei einem Dritten, und stellt damit pauschal alle Betroffenen unter Verdacht des Leistungsbetrugs. Hinzu kommt, dass die Einsicht in die kompletten Kontobewegungen der letzten drei Monate ein dermaßen erheblicher Eingriff in die Persönlichkeitsrechte darstellt, dass auch aus diesem Grund ein solches Vorgehen nur dann mit den Vorschriften des Datenschutz vereinbar ist, wenn ein begründeter Verdacht auf Leistungsbetrug besteht. Die Problematik für die Betroffenen gegen diese rechtswidrige Praxis vorzugehen, liegt in dem Umstand begründet, dass sich die Jobcenter bei einem Verweigern der Einsicht in die Kontobewegungen ohne Verdacht auf Leistungsbetrug, auf die Mitwirkungspflicht berufen und dann, wegen angeblicher mangelnder Mitwirkung, die Leistung einstellen. Die Begründung lautet dann, die Bedürftigkeit könne nicht festgestellt werden, da man seiner Mitwirkungspflicht nicht nachkomme. Dies ist aber rechtlich nicht haltbar. Die Mitwirkungspflicht bezüglich der Feststellung der Bedürftigkeit ist durch die wahrheitsgemäße Beantwortung der Fragen im Antragsformular erfüllt. Wäre es anders, könnten z.B. Betroffene die über kein Konto verfügen niemals Leistungen nach dem SGB II erhalten, da sie ihrer Mitwirkungspflicht nicht nachkommen könnten.

Aber auch losgelöst von der Frage, ob die Vorlage von Kontoauszügen durch die Mitwirkungspflicht gedeckt ist, eine komplette Einstellung der Leistung wäre auch dann nicht angemessen, wenn diese Frage bejaht würde. Es ist nicht hinnehmbar, wenn die Jobcenter die eigenen umfangreichen vom Antragsteller ausgefüllten Antragsformulare ignorieren und behaupten, mit diesen sei die Bedürftigkeit nicht feststellbar. Dies würde zutreffen, wenn sich ein Antragsteller weigern würde, die Fragen nach Vermögen und Einkommen zu beantworten. Liegen diese Angaben allerdings dem Jobcenter vor und es behauptet dennoch, die Bedürftigkeit könne trotz des von ihnen selbst formulierten Fragebogens nicht festgestellt werden, so ist dies eine bewusst wahrheitswidrige Behauptung, um damit trotz Kenntnis der Bedürftigkeit durch Drohung des Leistungsentzugs die Vorlage von Kontoauszügen zu erzwingen. Aus diesem Grund möchte ich das Gericht bereits jetzt bitten, bei seiner Entscheidung zu berücksichtigen, dass diese von allgemeinem Interesse ist. In den Jobcentern ist es gängige Praxis die Vorlage aller Kontoauszüge der letzten drei Monate, ob mit oder ohne begründeten Verdacht, durch komplette Leistungseinstellung zu erzwingen. Bei jedem dieser Fälle liegt jedoch dem Jobcenter das ausgefüllte Antragsformular vor, welches im Gegensatz zu den Kontoauszügen, Auskunft über jedes relevante Vermögen und Einkommen gibt. Damit ist in jedem Falle, eine Leistungseinstellung mit der Begründung man könne die Bedürftigkeit nicht feststellen und ein entsprechender Einstellungsbescheid nicht wahrheitsgemäß, sondern rechtswidrig." (Dietmar Brach, Fachreferent Sozialrecht)

Bild: Thorben Wengert / pixelio.de

Ist das Bürgergeld besser als Hartz IV?

Wird geladen ... Wird geladen ...