Keine ALG I-Sperre auch beim Auflösungsvertrag: Gerichte stärken Erwerbslosen-Rechte

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Wer seinen Job kündigt oder einen Aufhebungsvertrag unterschreibt, riskiert eine Arbeitslosengeld-I-Sperre. Grundsätzlich ist eine Sperrzeit aufgrund eines Aufhebungsvertrages auch zulässig. Im einzelnen Fall aber müssen die Umstände beachtet werden, die zu dem Ende des Beschäftigungsverhältnisses geführt haben. Denn es gibt Ausnahmefälle, in denen trotz Aufhebungsvertrag keine ALG I-Sperren verhängt werden dürfen.

Diese Ausnahmen gelten beispielsweise, wenn die Arbeit aus einem wichtigen Grund gekündigt wurde oder mit dem Aufhebungsvertrag eine reguläre Kündigung vermieden werden sollte. Wir stellen Ihnen hier zwei Fälle vor, in denen Kläger vor Gericht Ihren ALG I-Anspruch durchsetzen, obwohl die BA Sperren verhängen wollte.

Klägerin in Dortmund unterschrieb Aufhebungsvertrag wegen schwieriger Schwangerschaft

Eine Dortmunder Klägerin hatte ihren Job mittels eines Aufhebungsvertrags beendet. Als Grund für die Beendigung führte die Frau ihre einsetzende Schwangerschaft an. Zu jener Zeit lebte sie in Berlin. Um eine Familie zu gründen, beschloss die Klägerin mit ihrem Lebenspartner und künftigen Vater des Kindes nach Bochum umzuziehen. Zur Zeit des Aufhebungsvertrags befand sich die Betroffene im fünften Schwangerschaftsmonat.

Als die Erwerbslose einen Antrag auf das Arbeitslosengeld-I stellte, verweigerte die Arbeitsagentur eine Bewilligung für den Zeitraum von drei Monaten. Erst nach zwölf Wochen sollte die Klägerin einen Anspruch auf das Arbeitslosengeld haben, da die Behörde es als erwiesen ansah, dass die Beendigung des Beschäftigungsverhältnis selbst herbeigeführt war. Daraufhin legte die Klägerin zunächst Widerspruch und Klage ein.

SG Dortmund: Wichtige Gründe sind ausschlaggebend

Das Sozialgericht Dortmund (Az.: S 31 AL 262/08) sah die Klage als berechtigt an. Es sei entscheidend, dass die Frau durch die Schwangerschaft gesundheitliche Probleme hatte. In der Folge wären hierdurch Zeiten entstanden, in denen sie arbeitsunfähig geworden wäre. Zudem bestand die Gefahr einer Fehlgeburt.

Eine Fortführung des Arbeitsverhältnisses sei unter diesen Umständen nicht zumutbar gewesen. Der Umzug sei gerechtfertigt, da die Klägerin die Unterstützung des Vaters benötigte. Ausschlaggebend sei auch der Schutz des ungeborenen Kindes. In diesem Fall sei der Schutz des Kindes vorrangig, wie die Sozialrichter urteilten. Das Gericht wies die Behörde an, die Arbeitslosengeldsperre aufzuheben.

Klägerin in Baden-Württemberg unterschrieb Aufhebungsvertrag nach betrieblicher Umstrukturierung

Auch das Landessozialgericht Baden-Württemberg entschied in einem Urteil unter dem Aktenzeichen: L 3 AL 712/09, dass ein Aufhebungsvertrag nicht zwangsläufig zu einer ALG-I-Sperre führt. Im vorliegenden Fall hatte eine 57-jährige Frau über 40 Jahre bei ihrem Arbeitgeber gearbeitet.

Die Firma plante allerdings weitgehende Umstrukturierungen. Infolgedessen musste zahlreichen Arbeitnehmern gekündigt werden. Der Arbeitgeber stellte der Frau auch in Aussicht, dass ihr ordentlich betriebsbedingt gekündigt werden würde, wenn sie dem Aufhebungsvertrag nicht zustimme.

Beide Parteien entschlossen sich nunmehr, einen Aufhebungsvertrag zu schließen. Infolgedessen erhielt die Klägerin eine Abfindung von insgesamt 47.000 EUR. Die Bundesagentur für Arbeit vertrat während der Verhandlung die Ansicht, die Klägerin hätte eine Kündigung abwarten müssen. Da die Frau jedoch das Beschäftigungsverhältnis vorzeitig beendete, sprach die zuständige Behörde eine zwölfmonatige Sperre des Arbeitslosengeldes I aus.

LSG Ba-Wü: Job wäre ohnehin weggefallen

Dieser Ansicht widersprachen die Landessozialrichter. Obwohl die Klägerin dem Aufhebungsvertrag zugestimmt hatte und damit selbst zur Arbeitslosigkeit beitrug, sei die Sperre nicht zulässig. Schließlich wäre der Arbeitsplatz durch die betrieblichen Maßnahmen sowieso weggefallen. Die zwischen beiden Parteien vereinbarte Abfindung von etwa 0,5 Monatsgehältern je Beschäftigungsjahr entspreche den rechtlichen Regelungen des Kündigungsschutzgesetzes (§ 1a, KschG). Der Klägerin steht daher die volle Zahlung des Arbeitslosengeld I ohne Sperrzeit zu.

Quellen:

Ist das Bürgergeld besser als Hartz IV?

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