Eine Abfindung ist im deutschen Arbeitsrecht keine selbstverständliche Leistung, sondern eine freiwillige oder vertraglich vereinbarte Entschädigung dafür, dass ein Beschäftigter seinen Arbeitsplatz verliert. Im Gesetz findet sich nur in Ausnahmefällen ein unmittelbarer Zahlungsanspruch.
“In der Praxis kommt es deshalb vor allem darauf an, ob der Arbeitgeber bereit ist, für den reibungslosen Austritt zu zahlen oder ob Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung oder Sozialplan eine Abfindung ausdrücklich vorsehen ist, sagt Christian Lange, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht aus Hannover.
Kündigt der Arbeitnehmer von sich aus, fehlt dem Arbeitgeber die Motivation, den Weggang finanziell zu versüßen, sodass der Regelfall lautet: keine Abfindung bei Eigenkündigung.
Unter welchen Voraussetzungen kann ein Anspruch nach § 628 BGB entstehen?
Das Bürgerliche Gesetzbuch eröffnet in § 628 Abs. 2 einen Schadensersatzanspruch, wenn Beschäftigte das Arbeitsverhältnis fristlos kündigen, weil ihnen weiteres Zuwarten unzumutbar ist.
Die Arbeitsgerichte erkennen einen solchen wichtigen Grund etwa bei sexueller Belästigung, systematischem Mobbing oder erheblichen Lohnrückständen an. In diesen Konstellationen schuldet der Arbeitgeber den Ersatz des durch den Arbeitsplatzverlust entstehenden Schadens.
Das Bundesarbeitsgericht behandelt die Zahlung dabei wie eine Abfindung, bemisst sie aber nach den Maßstäben der §§ 9 f. KSchG, also orientiert an Alter, Betriebszugehörigkeit und Entgelt.
Aufhebungsvertrag, wenn der Arbeitnehmer freiwillig geht
Statt einer einseitigen Kündigung bietet sich häufig ein Aufhebungsvertrag an. Beide Seiten einigen sich auf ein Enddatum, und der Arbeitgeber kann das Risiko eines Kündigungsschutzprozesses vermeiden.
Gerade wenn er das Arbeitsverhältnis selbst nicht ohne Weiteres kündigen könnte – etwa wegen Sonderkündigungsschutz oder fehlender betriebsbedingter Gründe – erhöht das die Bereitschaft, eine attraktive Abfindung auszuhandeln.
Rechtlich bleibt die Zahlung allerdings Verhandlungssache; ein gesetzlicher Anspruch besteht nicht. Gleichzeitig droht bei eigenem Zutun eine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld, die sich nur vermeiden lässt, wenn ein anerkannter wichtiger Grund vorliegt.
Wann ist der Arbeitgeber besonders interessiert an einer freiwilligen Trennung – und wie nutzt man das?
Es gibt Situationen, in denen der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis beenden möchte, ohne einen tragfähigen Kündigungsgrund in der Hand zu haben – etwa bei Leistungskonflikten, Umstrukturierungen oder Spannungen im Team.
Gelingt es dem Beschäftigten, diesen Wunsch zu erkennen und zu adressieren, wandelt sich die Eigenkündigung vom Nachteil zum strategischen Hebel: Das Angebot, freiwillig zu gehen, muss jedoch an die Zusage einer Abfindungszahlung gekoppelt werden.
“Je risikobehafteter ein Gerichtsverfahren für den Arbeitgeber wäre, desto eher wird er einer Abfindung zustimmen”, so der Fachanwalt Lange.
Greift ein Sozialplan auch dann, wenn die Kündigung vom Arbeitnehmer ausgeht?
Sozialpläne sollen die wirtschaftlichen Nachteile betriebsbedingter Kündigungen abfedern. Viele Vereinbarungen schließen Eigenkündigungen aus. Ein solcher Ausschluss verstößt jedoch gegen das betriebsverfassungsrechtliche Gebot der Gleichbehandlung, wenn der Arbeitgeber das Ausscheiden erkennbar veranlasst hat.
Objektive Hinweise – zum Beispiel die Mitteilung, nach der anstehenden Betriebsänderung bestehe keine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit – können den nötigen Kausalzusammenhang herstellen.
“In diesem Fall steht dem Beschäftigten trotz eigener Kündigung die im Sozialplan definierte Abfindung zu”, bestätigt der Arbeitsrechtler.
Wie bemisst sich die Höhe einer Abfindung nach einer Eigenkündigung?
In der Praxis orientiert man sich häufig an der sogenannten Regelabfindung von einem halben Bruttomonatsgehalt pro Beschäftigungsjahr. Das ist jedoch nur ein Richtwert.
“Verhandlungsgeschick, ein hoher Kündigungsschutz, das öffentliche Interesse des Arbeitgebers an einer raschen Lösung oder drohende Imageschäden können deutlich höhere Summen ermöglichen. Umgekehrt sind finanzielle Engpässe des Unternehmens oder ein schwacher Kündigungsschutz Grund für geringere Angebote”, sagt Lange.
Welche Folgen hat eine Eigenkündigung für den Bezug von Arbeitslosengeld I?
Eigenkündigungen und Aufhebungsverträge gelten sozialversicherungsrechtlich als „versicherungswidriges Verhalten“ und lösen grundsätzlich eine zwölfwöchige Sperrzeit beim Arbeitslosengeld aus. Diese Sanktion entfällt, wenn der Arbeitnehmer einen wichtigen Grund nachweist, etwa gesundheitliche Unzumutbarkeit oder die drohende betriebsbedingte Kündigung.
Gerade wer im Rahmen eines Sozialplans vorzeitig geht oder sich auf untragbare Zustände im Betrieb berufen kann, sollte die entsprechenden Nachweise dokumentieren, um die Sperrzeit zu vermeiden.
Welche Strategien erhöhen die Chancen auf eine Abfindung trotz Eigenkündigung?
“Aussichtsreich ist eine nüchterne Kosten-Nutzen-Analyse, die dem Arbeitgeber vor Augen führt, welche Risiken und Aufwendungen ihm durch eine Kündigungsschutzklage, langes Freistellen oder Imageschäden drohen”, berichtet Lange aus der Praxis.
Sinnvoll ist es, belastbare Belege für Pflichtverletzungen oder organisatorische Zwänge zu sammeln, die eine fristlose Eigenkündigung rechtfertigen könnten.
Wer parallel ein realistisches Abfindungsszenario und eine steueroptimierte Auszahlung vorlegt, schafft eine überzeugende Verhandlungsbasis. Fristgerechte Meldungen bei der Agentur für Arbeit sichern zudem späteren Leistungsanspruch.
Fazit: Eine Abfindung ist auch bei Eigenkündigung möglich – aber nur mit klarer Strategie
Wer sein Arbeitsverhältnis selbst beendet, verzichtet keineswegs automatisch auf eine Abfindung. Das Gesetz eröffnet Ansprüche bei groben Pflichtverletzungen des Arbeitgebers, der Sozialplan kann trotz Eigenkündigung greifen, und Aufhebungsverträge machen den Wechsel in vielen Fällen lukrativer.
Entscheidend ist, stichhaltige Gründe vorzubringen, das steuerliche Umfeld zu kennen und den richtigen Moment der Verhandlung zu wählen. Angesichts der finanziellen Tragweite empfiehlt sich eine individuelle rechtliche Beratung, um Ansprüche nicht zu verschenken.