Bürgergeld: Dann übernimmt das Jobcenter auch Taxikosten

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Jobcenter müssen bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen auch Taxikosten als Sonderbedarf nach § 21 Abs. 6 SGB 2 übernehmen ( SG Detmold S 21 AS 1703/10 ER – ).

Krankheit und Behinderung können diesen Sonderbedarf auslösen

Dieser durch eine Krankheit ausgelöste Bedarf stellt einen Sonderbedarf im Sinne des § 21 Abs. 6 SGB II dar, weil die bestehende Notwendigkeit, Ärzte aufsuchen zu müssen und nur sehr kurze Wegstrecken zu Fuß gehen zu können, unterscheidet sich erheblich von den Gesundheitsproblemen der Mehrzahl der Bürgergeld Empfänger.

Begründung:

Der Leistungsempfänger ist grundsätzlich in besonderer Weise auf die Benutzung eines Verkehrsmittels für Fahrten zum Arzt und zum Einkaufen angewiesen.

Denn er leidet er an einem diabetischen Fußsyndrom. Es ist ihm nicht möglich, längere Strecken zu Fuß zurückzulegen.

Einkaufsfahrten waren für einen Alleinstehende auf 2 mal wöchentlich zu begrenzen

Die Zahl der wöchentlichen Einkaufsfahrten war unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten auf zwei zu begrenzen, denn einem Empfänger von Grundsicherungsleistungen, der in einem Einpersonenhaushalt lebt, ist es zuzumuten, seine Bedarfsdeckung so zu organisieren, dass hierfür im Mittel nicht mehr als zwei Termine zur Beschaffung von Gebrauchsgütern anfallen.

Jobcenter meint: Krankenkasse sei verpflichtet zur Übernahme dieser Kosten

Das Gericht folgt nicht der Auffassung des Jobcenters, denn mit aller Wahrscheinlichkeit bestehe keine Verpflichtung der Krankenkasse.

Fahrten für Einkäufe stehen in keinem medizinischen Zusammenhang zu § 60 SGB V und sind deshalb nicht von der Krankenkasse, sondern vom Jobcenter nach § 21 Abs. 6 SGB 2 zu übernehmen.

Fazit:

Dieser durch eine Krankheit ausgelöste Bedarf stellt einen Sonderbedarf im Sinne des § 21 Abs. 6 SGB II dar, weil die bestehende Notwendigkeit, Ärzte aufsuchen zu müssen und nur sehr kurze Wegstrecken zu Fuß gehen zu können, unterscheidet sich erheblich von den Gesundheitsproblemen der Mehrzahl der Bürgergeld Empfänger.

Anmerkung Sozialrechtsexperte Detlef Brock

Solche Entscheidungen sind immer als Einzelfall Entscheidungen zu sehen.

Generell ist es so, wenn krankheitsbedingte Fahrkosten entstehen, welche díe Krankenkasse nicht erstattet, muss und kann ein Leistungsempfänger nach dem SGB Ii einen Antrag auf Übernahme seiner Fahrkosten beim JC stellen.

Was benötige ich dafür?

1. Den formlosen Antrag auf Übernahme der Fahrkosten als Mehrbedarf, einige JC bieten dazu schon Vordrucke an.

2. Ärztl. Attest, welche Krankheit bescheinigt, außerdem muss sich aus der mediz. Bescheinigung ergeben, dass kurze Wegstrecken nicht zu Fuß zurück gelegt werden können.

3. Antrag auf Übernahme der Fahrkosten gleichzeitig bei der Krankenkasse stellen, kommt die Ablehnung, den diese beim Antrag beim JC als Kopie mit vorlegen – wichtig!

4. Für Alleinstehende kann man davon ausgehen, dass wöchentlich max. bis zu 2 Fahrten zu übernehmen sein können.

5. Kosten versuchen zu beziffern, Nachweis Quittung.

6. Wie lange wird dieser Bedarf bestehen – muss sich aus dem Antrag ergeben, 6 Monate, 12 Monate – Prognoseerstellung, untermauert durch aktuelles, medizinisches Attest

7. Mehrbedarfe nach dem SGB II gehören zum Existenzminimum, also kurze Fristsetzung beim JC für die Bearbeitung des Antrags 1-2 Wochen.

Praxistipp

Steht einer Hilfesuchenden ein Anspruch gegen einen Dritten ( Krankenkasse ) zu, wird dieser jedoch – aus welchen Gründen auch immer – nicht realisiert, kann er also zur Deckung des Bedarfs tatsächlich nicht eingesetzt werden, so fehlt es schlicht an – bereiten Mitteln – , die der Hilfebedürftigkeit entgegenstünden.

Auch Verschuldensgesichtspunkte führen nicht zu einem Verlust des Anspruchs, wenn ein aktuell zu deckender Bedarf besteht ( BSG Rechtsprechung ).

Das Jobcenter ist verpflichtet, das medizinische Existenzminimum durch Übernahme der Kosten sicherzustellen, dass diese tatsächlich nicht von der Krankenversicherung übernommen werden – so aktuell die Entscheidung des LSG NRW, Urteil v. 27.11.2024 – L 12 AS 116/23 – Revision zugelassen – zur Kostenübernahme für eine medizinisch notwendige Brillenreparatur.

Nichts Anderes kann hier gelten, wenn es um Fahrkosten mit dem Taxi geht, welche die Krankenkasse wohl möglich nicht erstatten will.