Das Bundesverfassungsgericht hatte im November 2019 geurteilt, dass Sanktionen nach dem SGB II nicht mehr als 30 Prozent des Regelsatzes überschreiten dürfen. Sanktionen werden beispielsweise bei nicht wahrgenommener Mitwirkungspflicht oder dem Meldeversäumnis erlassen. Das Sozialgericht Speyer hat nun entschieden, dass dies auch rückwirkend für vor dem 06. November 2019 verhängte Sanktionen gilt.
Die Jobcenter hätten die Betroffenen hierüber informieren müssen, die seit der verfassungswidrigen Rechtsgrundlage, die eine Sanktionierung über 30 Prozent ermöglichte, hiervon betroffen waren.
Pflichtverletzung liegt nur bei schriftlicher Belehrung vor – Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu Hartz IV-Sanktionen gilt rückwirkend
Sanktionen können von Jobcentern und der Arbeitsagentur nur erlassen werden, sofern bei der Eingliederungsvereinbarung und dem Bewilligungsbescheid eine rechtskonforme und vollständige Rechtsfolgenbelehrung beigefügt ist, welche über mögliche Folgen und Widerspruchsmöglichkeiten informiert.
Das Sozialgericht Speyer hat in seinem Urteil (Az.: S 15 AS 117/19) festgestellt, dass das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur verfassungswidrigen Höhe von Sanktionen aufgrund einer fehlenden Einschränkung auch rückwirkend für alle vorherigen Kürzungen der Regelleistungen um über 30 Prozent gilt. Dies hatte auch schon das Sozialgericht Hamburg geurteilt (Az.: S 58 AS 369/17).
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Alle Sanktionsbescheide, die vor dem BVG-Urteil erlassen wurden, sind rechtswidrig
Das Gericht wies darauf hin, dass die Jobcenter und Arbeitsagenturen die Betroffenen von Sanktionen, die über das verfassungsrechtlich haltbare Maß hinausgehen, auch hätte informieren müssen – selbst wenn dies objektiv nicht möglich war.
Alle Minderungsbescheide, die an die Sachverhalte des BVG anknüpfen, sind damit rückwirkend ungültig. Betroffene sollten prüfen, ob sie ggf. Erstattungsansprüche gegenüber dem Jobcenter haben. Der Hartz IV Bescheid kann hier kostenfrei überprüft werden! Bild: U. J. Alexander / StockAdobe
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