Bürgergeld Anspruch für Teilzeitstudenten trotz Inanspruchnahme von privaten Förderleistungen

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Für Teilzeitstudenten mit Bürgergeld Bezug gilt folgendes: Keine Berücksichtigung von Förderleistungen aufgrund eines privatrechtlichen Fördervertrags zur Finanzierung eines Studiums

Wie lässt sich ein teures Studium finanzieren? Immer seltener mit Hilfe von Studienkrediten. Hohe Zinsen und fehlende Alternativen setzen Studierende unter Druck.

Was aber sollen erst Teilzeitstudenten machen, welche – nicht von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen sind, weil ein solches Studium nicht dem Grunde nach förderungsfähig ist (siehe etwa LSG Mecklenburg-Vorpommern Urt. v. 21.7.2022 – L 14 AS 189/21 – ).

Das Bundessozialgericht hatte die Rechte von Studenten gestärkt – BSG, Urteil vom 08.12.2020 – B 4 AS 30/20 R –

Ausgezahlte Raten aus einem Privatdarlehen (hier: Studienkredit) stellen kein zu berücksichtigendes Einkommen dar, auch wenn sie zur Deckung des Lebensunterhaltes verwendet werden können und den Lebensstandard erhöhen.

Hinweis vom Experten für Sozialrecht Detlef Brock

Das Bundessozialgericht hat in dieser Entscheidung – ausdrücklich offen gelassen,

Ob andere Kredite auf einer abweichenden rechtlichen Grundlage – etwa ein Förderkredit der als Anstalt des öffentlichen Rechts begründeten Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW-Bank) – öffentlich-rechtlichen Charakter haben können.

Somit ungeklärt blieb die Frage, wie das BSG mit anderen Studienkrediten umgehen will.

Aktuelles Urteil zum Bürgergeld zur Nicht – Anrechnung von privaten Förderleistungen

Nun hat ein Gericht mit aktuellem Urteil zum Bürgergeld dazu folgende Stellung eingenommen und verweist zudem auch auf die Rechtsprechung des BSG aus dem Jahre 2020 – Az. B 4 AS 30/20 R

Der Zufluss von Förderleistungen aufgrund eines privatrechtlichen Fördervertrags zur Finanzierung eines Studiums – ist kein anrechenbares Einkommen beim Bürgergeld

Der Zufluss von Förderleistungen aufgrund eines privatrechtlichen Fördervertrags zur Finanzierung eines Studiums für einen Teilzeitstudenten mit Bürgergeld – Anspruch stellt auch dann kein Einkommen dar, wenn eine Rückzahlung zwar nur im Falle des Erreichens eines Mindesteinkommens geschuldet ist, andererseits aber unter Umständen eine zusätzliche Vergütung durch den Hilfebedürftigen in Höhe von 6,3 % des Jahreseinkommens zu leisten ist.

Denn bei dem Förderer handelt es sich um eine privatrechtliche Rechtspersönlichkeit, die Förderungsleistungen stellen keine Sozialleistungen dar, sodass es nicht auf den Zweck der Förderung ankommt.

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Das Jobcenter argumentiert aber, es handele sich gerade – nicht um ein rückzahlbares Darlehen

Dieser Auffassung ist das Gericht aber nicht gefolgt

Der vorgelegte Fördervertrag weist eine Förderung über 20.000 € aus, die nach Abschluss des Studiums nach Erreichen des Mindesteinkommens von 25.000 € innerhalb von 15 Jahren zurückzuzahlen ist.

Nach Auffassung des Gerichts trifft es zwar zu, dass die Rückzahlungspflicht insoweit von Umständen abhängt, deren Eintritt als ungewiss erscheint und der Vertrag einen Erlass vorsieht, sofern nach zehn Jahren mit Zahlungen ein Restbetrag offen geblieben ist.

Andererseits ist zu berücksichtigen, dass der Fördervertrag diese inhaltliche Beschränkung der Rückzahlungspflicht durch eine besondere Vergütungspflicht abbildet, nach der zusätzlich zu den Rückzahlungsbeträgen von maximal 2.000 € jährlich bzw. 6,3 % des Jahreseinkommens (abzüglich der Rückzahlungsleistungen) durch den Antragsteller zu entrichten ist, was im Falle der Erzielung höherer Einkommen im relevanten Zeitraum zu einer maximalen Zahlungsverpflichtung in Höhe von 38.000 € führen kann.

Nach Auffassung der Richter steht den Förderungsleistungen bei wirtschaftlicher Betrachtung eine gleichwertige Rückzahlungsverpflichtung gegenüber, sodass von einem Darlehen auszugehen ist (siehe andererseits LSG NRW, Beschluss vom 17. Dezember 2009 – L 7 B 351/09 AS – zu einem Fördervertrag, bei dem Förderungsleistungen – anders als vorliegend – nur im Falle eines Abbruchs der Qualifikationsmaßnahme zurückzuzahlen sind).

Das Gericht betont weiterhin – Zitat

„Auch die Zuflüsse der KfW-Bank aus dem Studienkredit sind voraussichtlich nicht als Einkommen zu werten. Diese sind nach den über das Internet einsehbaren Konditionen vollständig zurückzuzahlen. Sie stellen keine Sozialleistung i.S.d. § 11 Abs. 1 S. 3 SGB II, §§ 18 – 29 SGB I dar und dienen nicht zuvörderst der Sicherung des Lebensunterhalts, sondern der Ermöglichung eines Studiums (ebenso Schwabe, in: beck-online.GROSSKOMMENTAR (Gagel), Stand: 01.02.2021, § 11 SGB II Rn 46; LSG Thüringen, Urteil vom 23.10.2019 – L 7 AS 1565/16; Geiger, in: Münder/Geiger, SGB II – Grundsicherung für Arbeitsuchende, 7. Auflage 2021, § 11 SGB II Rn 58; offen gelassen bei BSG, Urteil vom 08.12.2020 – B 4 AS 30/20 R).“

Fazit

Das Jobcenter darf bei einem Teilzeitstudenten mit Bürgergeld Bezug ein Darlehen mit Rückzahlungsverpflichtung aus Förderleistungen aufgrund eines privatrechtlichen Fördervertrags zur Finanzierung seines Studiums – nicht als Einkommen berücksichtigen.

Anmerkung und Hinweis vom Experten für Sozialrecht D. Brock

Das BSG hatte schon in einer früheren Entscheidung ausgeführt, dass als Darlehen gewährtes Unterhaltsgeld kein Einkommen sei (BSG, Urt. v. 13.06.1985 – 7 RAr 27/84 – BSGE 58, 160).

Ein Darlehen, dass an den Darlehensgeber zurückzuzahlen sei, stelle nur eine vorübergehend zur Verfügung gestellte Leistung dar, die nicht Mittel des eigenen Vermögens würden, weil sie von vornherein mit der Pflicht zur Rückgewähr belastet seien.

Derartige Darlehenszahlungen seien daher einkommensneutral zu betrachten und nicht als Einkommen zu berücksichtigen (BSG, Urt. v. 17.06.2010 – B 14 AS 46/09 R – ).