Wenige Geringverdiener stocken mit Hartz IV auf

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Etwa eine halbe Millionen Beschäftigte stocken nicht mit Hartz-IV Leistungen auf, obwohl sie viel zu wenig verdienen

Die SPD nahe Hans-Böckler Stiftung veröffentlichte eine wissenschaftliche Forschungsarbeit, aus der hervor geht, dass etwa 500.000 Vollzeit-Beschäftigte nicht mit Hartz IV Leistungen "aufstocken", obwohl sie einen rechtlichen Anspruch darauf hätten. Etwa 400.000 Menschen stocken derzeit ihre Vollbeschäftigung mit Hartz IV Leistungen (sog. Hartz IV Aufstocker) auf. Damit ergibt sich, dass weit aus mehr Menschen, die zu wenig verdienen, keine zusätzlichen staatlichen Leistungen in Anspruch nehmen. Immer wieder führen Politiker an, "Hartz IV habe eine Mitnahmementalität" gefördert. Doch die Studie der Hans-Böckler Stiftung beweist nun das Gegenteil. Die Menschen leben somit in "versteckter Armut". Die Frankfurter Wirtschaftswissenschaftlerin Irene Becker urteilte, die Dunkelzifferqoute ist demnach trotz Hartz IV nicht gesunken.

Laut der Studie kennen viele Menschen ihre Rechte nicht ausreichend oder besitzen eine zu große "Scham" um zusätzliche Hartz IV-Leistungen zu beantragen. Manche hätten auch einfach eine Scheu, sich durch die komplizierten Anträge zu arbeiten. Dass die Betroffenen trotz ihres niedrigen Erwerbseinkommens und ohne staatliche Zusatzleistungen einer Arbeit nachgehen, stehe in "auffallendem Kontrast" zur gegenwärtigen Hartz-IV-Diskussion über die mangelnden Arbeitsanreize der staatlichen Grundsicherungszahlungen, betonte die Wissenschaftlerin Becker.

Dr. Claus Schäfer, Leiter des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) in der Hans-Böckler-Stiftung, hält es angesichts eines weiter wachsenden Niedriglohnsektors für problematisch, die Hinzuverdienstgrenzen beim ALG II anzuheben. Das würde die Anreize für Arbeitgeber steigern, die Löhne noch weiter zu senken, so Schäfer. Hartz IV funktioniere in Kombination mit Niedriglöhnen schon jetzt wie "ein verstecktes Kombilohn-Programm" zugunsten der Arbeitgeber. (03.03.2010)