So hoch ist die reguläre Rente nach der Erwerbsminderungsrente

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Wer eine Rente wegen Erwerbsminderung (EM‑Rente) bezieht, hat häufig Sorge, dass die anschließende Altersrente geringer ausfallen könnte.

Die Angst speist sich vor allem aus zwei Punkten: Zum einen reduziert sich durch Krankheit oder Behinderung oft die Beitragszahlung in die Rentenkasse; zum anderen bleiben viele Details des Rentenrechts – etwa die Besitzschutz‑Klausel des § 88 SGB VI – unbekannt.

Wie hoch wird also die reguläre Rente nach der Erwerbsminderungsrente ausfallen und welche Auswirkungen haben die Erhöhungen der Rente ab 1. Juli 2025?

Wie werden Erwerbsminderungsrente und Altersrente grundsätzlich berechnet?

Beide Rentenarten folgen derselben Formel: Die Summe der persönlichen Entgeltpunkte wird mit dem aktuellen Rentenwert multipliziert, anschließend wirkt der Rentenartfaktor (1,0 bei Alters‑ und 1,0 bzw. 0,5 bei voller bzw. teilweiser EM‑Rente).

Für die EM‑Rente werden – neben den realen Beitragszeiten – sogenannte Zurechnungszeiten fingiert. Seit der Reform 2019 wird dabei schrittweise so gerechnet, als habe die versicherte Person bis zum regulären Rentenalter weitergearbeitet; 2025 endet die Zurechnungszeit bei 66 Jahren und 2 Monaten.

Was passiert mit den während des EM‑Bezugs gesammelten Entgeltpunkten?

Viele Betroffene üben während des EM‑Bezugs einen Minijob aus, pflegen Angehörige oder erwerben durch andere anrechnungsfähige Zeiten zusätzliche Punkte.

Diese Entgeltpunkte bleiben vollständig erhalten und fließen in die spätere Altersrente ein. Sie können die Summe der Punkte sogar so weit erhöhen, dass die Altersrente am Ende über der bisherigen EM‑Rente liegt.

Greift der gesetzliche Besitzschutz – und was bedeutet § 88 SGB VI?

Der Besitzschutz stellt sicher, dass die Altersrente mindestens auf Grundlage der persönlichen Entgeltpunkte der vorherigen EM‑Rente berechnet wird.

Entscheidend ist, dass die Altersrente unmittelbar oder spätestens innerhalb von 24 Kalendermonaten nach dem Ende der EM‑Rente beginnt. Erfüllt die Folgerente diese Bedingung – was beim automatischen Übergang mit Erreichen der Regelaltersgrenze die Regel ist –, übernimmt die Rentenversicherung die höhere Punktzahl der beiden Berechnungen.

Kann die Altersrente trotzdem niedriger sein – und warum?

Ungeachtet des Besitzschutzes wirken in der Altersrente gegebenenfalls Abschläge, wenn sie vor der jeweiligen Regelaltersgrenze beantragt wird. Ein vorgezogener Beginn mindert die Punktesumme dauerhaft (maximal 14,4 Prozent). Das führt dazu, dass die rechnerische Altersrente häufig unter der zuvor gezahlten EM‑Rente liegt. Erst der Besitzschutz hebt sie wieder auf das frühere Niveau.

So wirken Minijobs, Pflege‑ und Hinzuverdienstzeiten während der EM‑Rente aus

Wer innerhalb der Hinzuverdienstgrenzen arbeitet, zahlt reguläre Rentenbeiträge. Auch anrechenbare Pflegezeiten bringen Entgeltpunkte. Sammeln Versicherte während einer teilweisen EM‑Rente über Jahre hinweg viele zusätzliche Punkte, kann die spätere Altersrente tatsächlich höher ausfallen als die besitzgeschützten Punkte der EM‑Rente.

Das sind bislang Ausnahmen, aber sie werden durch die ausgeweitete Hinzuverdienstregel seit 2023 häufiger.

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Verlängerte Zurechnungszeit seit 2019

Die stufenweise bis 2031 auf 67 Jahre verlängerte Zurechnungszeit bewirkt spürbare Rentenzuwächse für Neuzugänge zur EM‑Rente.

Für Renten, die 2025 beginnen, werden so 66 Jahre und 2 Monate fingiert. Das steigert die Punktesumme, auf die sich der spätere Besitzschutz bezieht, und schützt damit künftig noch besser vor Einbußen beim Übergang in die Altersrente.

Welche Fristen und Formalitäten muss ich beachten, um den Besitzschutz nicht zu verlieren?

Der Besitzschutz erlischt, wenn zwischen dem Ende der EM‑Rente und dem Beginn der Altersrente mehr als 24 Monate liegen. Wer die Altersrente aus persönlichen Gründen später beantragen will, muss deshalb sorgfältig rechnen oder sich beraten lassen.

Die Deutsche Rentenversicherung empfiehlt, “spätestens ein halbes Jahr vor dem gewünschten Altersrentenbeginn einen Antrag zu stellen, damit ein nahtloser Übergang gewährleistet ist.”

Wie hilft eine besondere Rentenauskunft bei der Entscheidung?

Eine objektive Grundlage bietet die „Besondere Rentenauskunft“ (Formular V0210). Sie listet die voraussichtliche Altersrentenhöhe zu einem frei wählbaren Stichtag auf und kostet nichts. Liegt der berechnete Zahlbetrag unter der aktuell gezahlten EM‑Rente, signalisiert das: Der Besitzschutz wird greifen. Ist er höher, profitieren Sie von den zusätzlich erworbenen Punkten.

Was bringt die Rentenerhöhung 2025 für künftige Rentner?

Zum 1. Juli 2025 steigt der Rentenwert bundesweit um 3,74 Prozent auf 40,79 Euro. Ein Entgeltpunkt bringt dann fast 1,50 Euro mehr pro Monat als 2024. Wer auf Besitzschutz angewiesen ist, profitiert von dieser Dynamisierung genauso wie alle anderen Rentnerinnen und Rentner.

Ein Beispiel aus der Praxis

Frau Müller, Jahrgang 1963, erhält seit Januar 2020 eine volle Erwerbsminderungsrente von monatlich 1 050 Euro (brutto). Während des Bezugs arbeitet sie wenige Stunden pro Woche in einem Minijob und pflegt daneben ihre demenzkranke Mutter. Bis Ende 2024 sammelt sie dadurch zusätzlich 0,9 Entgeltpunkte.

Zum 1. September 2025 beantragt sie die reguläre Altersrente für langjährig Versicherte – drei Monate vor Erreichen ihrer persönlichen Regelaltersgrenze. Wegen des vorgezogenen Beginns wird die berechnete Altersrente zunächst um 9 Prozent gemindert und läge rechnerisch nur bei 990 Euro.

Da jedoch der Besitzschutz nach § 88 SGB VI greift, vergleicht die Deutsche Rentenversicherung beide Ergebnisse: die Besitzschutz‑Rente auf Basis der bisherigen EM‑Entgeltpunkte (1 050 Euro) und die neu ermittelte Altersrente (990 Euro).

Weil der Besitzschutz höher ausfällt, übernimmt die Rentenversicherung den Betrag von 1 050 Euro; die während des EM‑Bezugs erworbenen zusätzlichen Entgeltpunkte heben den Zahlbetrag damit auf exakt dasselbe Niveau wie zuvor. Frau Müller wechselt nahtlos in die Altersrente, ohne finanzielle Einbußen hinnehmen zu müssen.

Fazit: Worauf es jetzt ankommt

Der Wechsel von der EM‑ in die Altersrente ist rechtlich klar geregelt. Der gesetzliche Besitzschutz garantiert, dass niemand schlechtergestellt wird, sofern der Übergang ohne langen Zeitabstand erfolgt. Wer während der EM‑Rente noch Beiträge zahlt, kann seine spätere Altersrente sogar steigern.

Eine rechtzeitige Rentenauskunft schafft Transparenz, die verlängerte Zurechnungszeit verbessert das Rentenniveau, und mit der Rentenanpassung 2025 steigen alle Zahlbeträge.

Wer diese Eckpunkte beachtet, kann beruhigt planen – und behält seine „rentenstarke Woche“ nicht nur als Grußformel, sondern auch finanziell in Erinnerung.