Rente 67 ist eine offensichtliche Rentenkürzung

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"Experte" Raffelhüschen: Erhöhung des Renteneintrittsalters auf 67 Jahre ist eine "Rentenkürzung".

Eine Notiz von Hermann Zoller: Das muss man ihm lassen, ehrlich ist der Mann. Er steht dazu: Die Erhöhung des Renteneintrittsalters auf 67 Jahre ist eine "Rentenkürzung". Was wir immer zu erklären versuchen, sagt Raffelhüschen frank und frei, nachdem der Bundestag das Werk der Erhöhung des Renteneintrittsalters vollbracht hat.

Allerdings hat die Ehrlichkeit des Bernd Raffelhüschen – in den Medien oft als „Freiburger Universitäts-Rentenexperte“ vorgestellt – einen Schönheitsfehler. Dieser „Experte“ vertritt die Interessen der privaten Versicherungswirtschaft. Deshalb ist es ihm wichtig, dass bei den Menschen die Botschaft, dass diese Veränderung des Renteneintrittsalters tatsächlich eine „Kürzung“ ist, wirklich ankommt (was sie ja auch ist). Hier kommt es aber darauf an zu bemerken, dass Raffelhüschen nicht als „Rentenexperte“, schon gar nicht als „Universitäts-Rentenexperte“, sondern als schlichter Lobbyist für die private Versicherungswirtschaft agiert.

Und weil das so ist, agitiert er weiter: “Wer die Rentenkürzungen ausgleichen will, muss heute zu Gunsten der Altersvorsorge auf Konsum verzichten.” Allerdings reichten die vier Prozent des Einkommens, die bei der Riester-Reform im Alterseinkünftegesetz als Sparleistung unterstellt seien, nicht aus. “Man muss circa sechs bis sieben Prozent zurücklegen, um das auszugleichen, was die Rentenversicherung nun nicht mehr verspricht. Wer diese Summe zurücklegt, kann seinen Lebensstandard im Alter sichern”, rät Raffelhüschen am Samstag, dem 10. März 2007, in der „Passauer Neuen Presse“ nach der am Tag zuvor im Bundestag erfolgten Abstimmung über die Erhöhung des Rentenalters auf 67 Jahre.

Mit diesen „sechs bis sieben Prozent“ wird gleich mehreres deutlich: Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sollen spürbare Teile ihres Einkommens zusätzlich in die Alterssicherung stecken (bei gleichzeitiger Entlastung der Unternehmen), denn die privaten Versicherungskonzerne erhoffen sich einen viele Milliarden schweren Zufluss an Versicherungsbeiträgen in ihre Kassen – bei gleichzeitiger Schwächung der staatlichen Rentenversicherung. Und es zeigt sich daran, welch ungeheuerliche Umverteilung von unten nach oben die Bundesregierung mit der Erhöhung des Rentenalters ausgelöst hat.

Die Unverschämtheit dieser Entscheidung wird so richtig klar, wenn man dagegenhält, dass die Rente mit 67 lediglich eine Ersparnis von 0,5 bis 0,7 Beitragspunkten bringt. Durch die Rentenreformen der letzten Jahre mit Beitragssätzen zwischen 22 und 24 Prozent in 2030 ist die Rentenversicherung auf die demografische Entwicklung vorbereitet – eine Belastung, die von jedem Arbeitnehmer bei auch nur durchschnittlicher Lohnentwicklung spielend verkraftet werden kann. Oder anders gesagt: Wenn in dem Maße, wie das Raffelhüschen empfiehlt, privat vorgesorgt werden muss, dann wäre es den Arbeitnehmern erst recht locker möglich, Beitragserhöhungen für die Rentenversichung zu bezahlen. Genau diesen Weg will die Bundesregierung ganz bewusst nicht gehen. Sie will die Unternehmen aus ihrer sozialen Verpflichtung entlassen und der privaten Versicherungswirtschaft weitere Marktanteile schenken. Insofern stellt der Vorschlag von Raffelhüschen die Politik der Bundesregierung als unsozial bloß.

Es gibt einen weiteren Grund, diese Politik als falsch zu brandmarken. Wenn die Menschen auf die seit Monaten zielgerichtet betriebene Angstmacherei hereinfallen und die Empfehlungen à la Raffelhüschen befolgen und neben der Rente auch noch zusätzlich für die Krankheit Vorsorge treffen, also ihren Konsum entsprechend kürzen, dann bekommen wir in Deutschland ein konjunkturelles Problem. Denn dann wird die Binnennachfrage weiter zurückgehen – mit den bekannten Folgen. Eine solche Politik ist verantwortungslos. Hermann Zoller, 12.03.07, Nachdenkseiten