Sanktionen für Hartz IV-Empfänger erreichen in Berlin Rekordhöhe
13.07.2012
Berliner Hartz IV-Betroffene erhalten immer häufiger Sanktionen von den 12 Jobcentern der Hauptstadt. Angaben des Bremer Instituts für Arbeitsmarktforschung und Jugendberufshilfe (BIAJ) zufolge wurden im letzten Jahr 98.730 Sanktionen verhängt. Nie zuvor wurden derartig viele Strafmaßnahmen von den Berliner Jobcentern ergriffen. Die meisten Sanktionen wurden wegen sogenannter „Meldeversäumnisse beim Träger" verhängt.
Gehen Berliner Jobcenter besonders scharf gegen Verstöße vor?
Es ist unklar, wie viele Hartz IV-Empfänger tatsächlich von den 98.730 Sanktionen betroffen waren, da einzelne Personen mehrmals sanktioniert wurden. In Berlin erhalten rund 425.000 Bürger Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch II (SGB II). Lediglich etwa 170.000 werden davon auch in der Arbeitslosenstatistik ausgewiesen.
Insgesamt 73.000 Sanktionen wurden aufgrund eines „Meldeversäumnisses beim Träger" verhängt. Das entspricht einer Zunahme von 41,1 Prozent innerhalb von zwei Jahren. Demnach werden in Berlin sogar mehr Sanktionen erteilt als in Bayern mit 76.622 Strafmaßnahmen bei rund 300.000 Hartz IV-Empfängern. Bis zum Jahr 2008 wurden noch deutlich mehr Strafen von Leistungsempfänger im Freistaat verhängt als in Berlin. Doch die Hauptstadt holte schnell auf und lag bereits 2009 gleich auf mit Bayern. Seitdem steigt die Zahl der Strafmaßnahmen in Berlin rasant an. Kein Wunder, dass sich nicht nur Betroffene fragen, warum gerade die Berliner Jobcenter so eifrig gegen Verstöße vorgehen. Paul Schröder vom BIAJ erklärte gegenüber der „Berliner Rundschau“, dass sich die Gründe für die vielen Hartz IV Sanktionen nicht aus der Statistik ablesen ließen. „Offensichtlich wird öfter und mehr sanktioniert", so Schröder. Ob die „Gründlichkeit“ der Berliner Behörde auch in anderen Bereichen greift, bleibt fraglich.
Bundesmittel für Eingliederungsmaßnahmen wurden nicht ausgeschöpft
Nicht besonders eifrig waren die Mitarbeiter der Jobcenter bei der Vergabe von Eingliederungsmaßnahmen, für der Bund immerhin 490,1 Millionen Euro bereitgestellt hatte. Ganze 53,8 Millionen Euro wurden davon nicht ausgeschöpft und flossen zu je 50 Prozent zurück an den Bund und die Bundesagentur für Arbeit (BA). Und das trotz bereits deutlich reduzierter Zuweisungen! In Berlin schwanken die nicht ausgegebenen Eingliederungszuweisungen zwischen 1,3 Millionen Euro in Treptow-Köpenick und 15,8 Millionen Euro in Mitte. Auch in anderen Bundesländern wurde kräftig an Eingliederungsmaßnahmen für Hartz IV-Bezieher gespart. Paul Schöder hält es für einen großen Widerspruch, dass die Bundesmittel gerade in Berlin nicht voll ausgeschöpft wurden, obwohl die Stadtkasse so leer sei. (ag)
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