Niedrige Wahlbeteiligung begünstigt Sozialabbau

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Niedrige Wahlbeteiligung begünstigt Sozialabbau Wer die Qual hat, scheut die Wahl…
Von Joachim Weiss

Auf der Suche nach einem Sündenbock für das schlechte Ergebnis bei der Europawahl nimmt der SPD-Sektenbeauftragte Jörn Theiße die Bevölkerungsmehrheit ins Visier und fordert im Gespräch mit der BILD-Zeitung: Wer nicht zur Wahl geht, soll mit einem Bußgeld von 50 Euro betraft werden: „Wir Politiker müssen im Parlament abstimmen – das kann man auch von den Wählern bei einer Wahl verlangen! " Noch deutlicher richtet sich der Parteichef der Linkspartei, Oskar Lafontaine, an die Adresse der Hartz IV-Empfänger: Er habe feststellen müssen, dass die Wähler, die Hartz IV bezögen, arbeitslos seien oder kleine Renten bekämen, „einfach so enttäuscht sind, dass sie bei Europa schon gar nicht mehr zu Wahl hingehen", erklärte er in einem Gespräch mit dem Saarländischen Rundfunk.

Und wirklich: In Anbetracht des desaströsen Ausmaßes an staatlich verordneter Demütigung, Kinderarmut, Ungerechtigkeit und Verfolgungsfürsorge, das die Agenda-Reformen und die Zusammenlegung von Arbeitslosengeld II und Sozialhilfe zu Hartz IV über das Land gebracht haben, muss man sich schon fragen, warum ausgerechnet die Betroffenen so gleichgültig mit ihrem Wahlrecht umgehen? Sind sie sich nicht klar darüber, welchen Preis sie für ihre politische Ignoranz bezahlen müssen?

Sehen sie nicht, dass sie damit weiteren Verschlechterungen Tür und Tor öffnen, und darüber hinaus auch noch all jenen die Arbeit erschweren, die sich für mehr Chancengleichheit und soziale Verbesserungen einsetzen? Die Herbeiführung sozialer Missstände setzt nicht nur verantwortungslose Politiker voraus. Sie bedingt auch verantwortungslose Mehrheiten, Nichtwähler, die bereit sind, noch mehr Ungerechtigkeit und Demontage des Sozialsystems tatenlos hinzunehmen. Leider spricht manches für die Annahme, dass Hartz4-Empfänger in dieser Gruppierung zahlenmäßig besonders stark vertreten sind. Doch Hartz4 wird nicht von Politikern finanziert, sondern von erwerbstätigen Steuerzahlern. Und wer auf Sozialleistungen angewiesen ist, sollten zumindest soviel Solidarität und politisches Eigeninteresse entwickeln, sich am Wahltag ins nächste Wahllokal zu begeben, um seinen -notfalls ungültigen- Stimmzettel abzugeben. Vermutlich wäre das Wahlergebnis der SPD dann noch miserabler ausgefallen, und das der Linkspartei vielleicht nicht viel besser. Doch dass sich Neoliberale, Rechtspopulisten, Finanzhaie und Ökofaschisten nunmehr in feister Siegerlaune präsentieren und Freude schöner Götterfunke" stammeln, das wäre vielleicht doch zu verhindern gewesen.( jowi /09.06.2009)

Ist das Bürgergeld besser als Hartz IV?

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