Keine neuen Kürzungsarien bei Hartz IV

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Keine neuen Kürzungsarien bei Hartz IV

Frank-Jürgen Weise, Chef der Bundesagentur für Arbeit (BA), gab der "Wirtschaftswoche" ein "lockeres" Interview, in dem er dazu aufrief, Hartz IV Kürzungen bei Jugendlichen vorzunehmen. Ein Aufschrei ging durch die politische Landschaft in Deutschland. Das Brisante daran ist, dass Weise nicht mit einer Studie seine Kürzungsarien nachvollziehbar machen kann. Darf ein BA Chef sich derart unqualifiziert in der Öffentlichkeit präsentieren? Das Erwerbslosen Forum Deutschland meint Nein und fordert aus diesem Grund auch den Rücktritt von Weise. Die Arge Leipzig sieht ebenfalls "keinen Handlungsbedarf" und weist ebenfalls die Forderung nach einer Kürzung entschieden zurück.

Auch der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) hat die Forderung des Vorstandsvorsitzenden der Bundesagentur für Arbeit (BA), zurückgewiesen, den Hartz-IV-Regelsatz für Jugendliche zu kürzen. „Wir können vor einer erneuten Kürzungsarie bei Hartz IV oder anderswo nur warnen“, sagte DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach am Montag in Berlin. „Sozialabbau bleibt die falsche Antwort auf die drohende Wirtschaftskrise.“ Die Vergangenheit habe hinlänglich gezeigt, dass derartige Vorstöße „alles andere als hilfreich“ für die Arbeitsmarktperspektiven seien.

Darüber hinaus nannte es Buntenbach erschreckend, dass der „Aufgalopp für Sozialabbau“ auf dem Rücken von jugendlichen Migrantinnen und Migranten ausgetragen werde. „Ein solcher Vorschlag bedient unweigerlich fremdenfeindliche Vorurteile.“ Dass ausgerechnet Weise, der ansonsten als besonnen gelte, Häuslebauer gegen Migrantenkinder aufbringe, um eine solche Forderung zu legitimieren, sei „irritierend“.

Buntenbach wies auch die Behauptung zurück, Jugendliche würden Hartz IV einer Ausbildung vorziehen. „Rund eine Million Jugendliche zwischen 15 und 24 Jahren leben von Hartz IV und wachsen somit im Hinterhof unserer Wohlstandsgesellschaft auf. Den Jugendlichen selbst den Schwarzen Peter für ihre Situation zuschieben zu wollen, ist unverantwortlich.“ Dies sei eine Neuauflage der Stammtischparole ‚Kein Recht auf Faulheit’, mit der Ex-Kanzler Schröder Hartz IV eingeführt habe.

Es fehle nicht der Anreiz für Arbeit, sondern die Arbeit selbst. Jüngere hätten ein doppelt so hohes Risiko arbeitslos zu werden wie Erwachsene, da ihnen die Berufserfahrung fehle, so das DGB-Vorstandmitglied. Außerdem sei es nach wie vor schwierig, einen Ausbildungsplatz zu finden, da nur 24 Prozent der Unternehmen ausbildeten. Zudem würden jüngere Hartz-IV-Empfänger schon heute schneller und härter bestraft, falls sie Job-Angebote nicht annähmen. „Leider sind diese Angebote zum großen Teil nur Arbeitsgelegenheiten, wie Ein-Euro-Jobs, die nachweislich keine Eingliederungseffekte für Jüngere bringen“, kritisierte Buntenbach. Für Jugendliche müsste deshalb die Förderung der Ausbildung absolute Priorität haben. Gerade für junge Migrantinnen und Migranten müsse mehr getan werden, damit die gesellschaftliche Integration besser gelinge. Dabei verwies Buntenbach auch auf die DGB-Zukunftscamps, die als Pilotprojekt von der BA unterstützt werden. (01.10.2008)