Keine Hartz IV Vorschusszahlung mit ALLEGRO?

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Doch (keine?) Vorschusszahlung mit ALLEGR0?
Ein Kommentar von Norbert Hermann

19.08.2014

Seit einigen Wochen wird in Foren und zwischen Fachleuten diskutiert über die von einigen Jobcentern verbreitete Information, dass mit ALLEGRO keine Vorschussleistung nach § 42 SGB I mehr möglich sei, sondern diese Hilfemöglichkeit zu ersetzen wäre durch einen Darlehensantrag.

Die rechtlich korrekte Meinung, die durchgängig vertreten wird, ist, dass eine Software bzw. die entsprechende Anweisung keine Gesetzesvorschrift aushebeln kann.

Angeblich biete ALLEGRO keine Möglichkeit für eine Vorschussgewährung. Nach Auskunft von Insider_innen bietet sie das doch, es sei nur etwas umständlich geregelt. Im Sinne der „Bürokratieerleichterung“ solle deshalb darauf verzichtet werden.

In der Erstversion der HEGA 06/14 – 08 war zwar beschrieben, wie mit Barauszahlungen umzugehen sei, dieser Hinweis ist aber zwischenzeitlich verschwunden.

Klar wäre eine grundsätzliche Verweigerung von Vorschüssen widerrechtlich, aber es wäre ja nicht das erste Mal, dass die Verwaltung systematisch vorsätzlich widerrechtlich handelt. Im Grunde ist das doch die Basis des Verwaltungshandelns. So mag es denn auch beim Thema „Vorschüsse“ gehen. Der Vorschuss ist auch nicht immer ersetzbar durch die vorläufige Leistung gem. § 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II i.V.m. § 328 SGB III.

Nicht selten habe ich erlebt, dass durch Androhung von Anwalt/Anwältin und Sozialgericht noch am Freitag 50 Euro als Vorschuss rüberkamen und am Montag der lange verschleppte Bescheid fertig war. Das geht mit § 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II i.V.m. § 328 SGB III nicht so einfach.

Auch ein Eilantrag beim SG wird hier kaum hilfreich sein können: sagen sie doch beim hiesigen SG, sie bräuchten 3 – 4 Tage für eine Entscheidung, wenn es wirklich ums Existentielle geht. Aber dann ist auch möglicherweise der (vorläufige) Bescheid fertig, und die Eilbedürftigkeit entfällt. Die Betroffenen stehen dann möglicherweise eine Woche und länger ohne alles da. Auch ein Darlehensantrag erfordert eine andere (und ggf. längere ) Bearbeitung als die Gewährung eines kleinen Vorschusses.

So stehen wir dann wieder da, alle (!) Beteiligten wissen genau, dass widerrechtlich gehandelt wird, in der Praxis können wir jedoch nicht helfen.

Und wie ist es bei Hartz IV: während überall sonst angestrebt ist, dass Verwaltungshandeln sich nach der Rechtslage richtet, wird bei Hartz IV die Rechtslage regelmässig an das Verwaltungshandeln angepasst. So kann es in Zukunft möglich sein, dass ins SGB II eine Regelung aufgenommen wird, die den Vorschuss nach § 42 SGB I ausgehebelt. So wie ja auch willkürlich die Möglichkeit der Nachforderung nach § 44 SGB X ( „Zugunstenregelung“) vom allgemein gültigen Zeitraum von vier ganzen Kalenderjahren fürs SGB II auf ein ganzes Kalenderjahr reduziert worden ist. (Norbert Hermann, Bochum Prekär)

Bild: Gerd Altmann / pixelio.de