Kein Hartz IV Jahresrückblick: Eine Bilanz sowie ein Ausblick in die Zukunft
31.12.2010
Nachdem die Experimente „Sozialismus“ und „soziale Marktwirtschaft“ nun endgültig in der Versenkung verschwunden sind, kann man sich nun dem Aufbau einer zwei Klassengesellschaft widmen. Zuerst braucht man eine Volksgruppe, der man die Schuld für alle wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Probleme in die Schuhe schieben kann. Diese Gruppe muss groß genug sein, um eine Verwaltung effektiv damit zu beschäftigen und auch groß genug, um medienwirksam in Erscheinung treten zu können.
Andererseits darf sie nicht so groß sein, dass sie selbst politisch und gesellschaftlich wirksam in Erscheinung treten kann. Da es sich um eine Unterschicht handeln muss, müssen Maßnahmen ergriffen werden, um die traditionell für Unterschichten eintretenden kirchlichen und weltlichen Organisationen und Verbände davon abzuhalten, wesentliche Verbesserungen für diese Volksgruppe zu fordern und eventuell auch durchzusetzen. Diese Volksgruppe hat in der neuen Gesellschaft gleich mehrere Funktionen zu erfüllen. Zum einen muss sie für viele Probleme in der Wirtschaft verantwortlich gemacht werden können, zumindest muss sie die Schuld tragen, wenn es nicht so aufwärts geht, wie es sollte. Diese Sündenbockfunktion muss sie vor allem in der Gruppe der Arbeiter und Niedriglöhner spielen, da hier vor allem ein Ventil für die Unzufriedenheit gebraucht wird.
Eine weitere Rolle muss sie in der Entlastung der Wirtschaft spielen. Hier sei nur die Absenkung des Lohnniveaus auf ein Mindestmaß und die Bereitstellung von kostenlosen Arbeitskräften, sowie die verdeckte Subventionierung der Wirtschaft angeführt. Nun ist nur noch eines zu beachten, die Außenwirkung einer solchen Politik. Aus der Geschichte Deutschlands heraus, aber auch aus der Sensibilität ausländischer Staaten heraus, fallen religiöse oder ethnische Minderheiten, sowie Immigranten nicht in die engere Wahl. Trotzdem ist es nicht schwer gewesen, eine solche Volksgruppe zu finden, im Gegenteil, hier drängen sich die Arbeitslosen quasi auf, vor allem die Langzeitarbeitslosen. Und wie man vorgeht und welche Maßnahmen man ergreifen muss, um zu einem zufriedenstellenden Ergebnis zu kommen, kann man fast eins zu eins aus der Geschichte übernehmen. Nun kann es losgehen mit dem Aufbau einer Gesellschaft der Superreichen und der Superarmen.
Zuerst wurde eine respektable Gruppengröße geschaffen, indem man die Sozialhilfeempfänger mit in die Reihe der Langzeitarbeitslosen übernahm. Neue Gesetze, die den Betroffenen als erstes einmal wesentliche Rechte des Grundgesetzes aberkannten, um mit Demütigung und Drangsalierung ständigen Druck aufzubauen, wurden geschaffen. Gleichzeitig begann verstärkt die Hetze in den Medien, aber auch die Hetze von Politikern gegenüber Langzeitarbeitslosen. Diese Hetze bereitete die Bevölkerung vor, in den Langzeitarbeitslosen diejenigen zu sehen, die ihre Probleme verursacht haben und die es nicht wert sind, dass sie weiter in Würde leben. Es wurde ein Bild aufgebaut das den Langzeitarbeitslosen als faul, saufend und in der Hängematte liegend und der spätrömischen Dekadenz frönend, darstellt. Diese flächendeckende Propaganda hat natürlich ihre Wirkung nicht verfehlt und hat so die Gruppe der Langzeitarbeitslosen aus der übrigen Bevölkerung isoliert. Man hat jetzt den Missetäter, der fürs Nichtstun sein Leben bezahlt bekommt, wohingegen die anderen für ihren Lebensunterhalt schwer arbeiten müssen.
Nach anfänglichen Protesten, die schnell wieder verebbten, ist die Einführungsphase gut über die Bühne gegangen. Arbeitslosenhilfevereine, Sozialverbände und caritative Einrichtungen wurden mit genügend kostenlosen Arbeitskräften versorgt, über die man sogar noch Profit generieren kann. Nicht wenige Arbeitsloseninitiativen wurden daraufhin erst gegründet und tragen sich auch finanziell nur über diese Schiene. Aus der Richtung der eigentlich sozial engagierten war und ist also kein wirklicher Widerstand zu erwarten, da alle an diesem System prächtig verdienen. Auch aus den Reihen der Betroffenen ist kein Widerstand erfolgt, so dass man davon ausgehen konnte, dass diese erste Stufe als gelungene Einführung bezeichnet werden kann. Es ist zum einen erstmals gelungen, eine totale Armut durch Entreicherung zu schaffen, wobei wichtig ist, dass der Regelsatz als Steuerungsinstrument dienen kann ( Sanktionen), die Bestrafung kann bis zum völligen Entzug der Unterstützung erfolgen, dies alles auf Grundlage eines freiwilligen Vertrages und man kann Erwerbslose auf der Grundlage dieser Sanktionen mit allerlei Schikanen und Sinnlosmaßnahmen drangsalieren. Dies ergibt eine große Wahrscheinlichkeit, dass sich ein großer Teil in Billiglohnjobs pressen lässt.
Den Prozess der Perfektionierung der Gesetze, vor allem der Erkenntnisgewinnung, überlässt man den Sozialgerichten. Hier hat man von Jahr zu Jahr abgeleitet, wo Lücken in den Gesetzen bestehen, die man dann am Jahresende und unbemerkt von der großen Öffentlichkeit, geschlossen hat. Diese jährliche Perfektionierung wurde bis jetzt ganz ohne Proteste hingenommen, so dass man jetzt in einem größeren Schritt die Sache auf diesem gegenwärtigen Niveau wasserdicht machen kann. Da Proteste und ernsthafte Gegenwehr nicht zu befürchten sind und bis jetzt auch nicht stattgefunden haben, kann man jetzt auch ganz offen gegen geltendes Recht, ja sogar gegen Verfassungsrecht verstoßen und die politisch gewollte Armut zementieren. Nach außen gut verkauft, durch eine immer fröhliche und lächelnde, in Schauspielerei gut ausgebildete Ministerin und auf den Regelsatz fokussiert, wird die als Hilfe und Verbesserung angebotene Neufassung der Gesetze wieder ohne große Gegenwehr durchkommen.
Jetzt ist ein guter Stand in der Unterdrückung der Armen erreicht. Die Langzeitarbeitslosen sind wirklich arm und haben auch keinerlei Möglichkeiten, dank der fast wasserdichten Gesetze, in irgendeiner Nische zu überleben. Die flächendeckende Überwachung funktioniert, man hat jetzt von allen die erforderlichen Daten, weiß über sämtliche Lebensumstände Bescheid und kann sich auch ein Bild über Bekannte, Verwandte und in der Bedarfsgemeinschaft lebende Personen machen. Man besitzt auch von vielen charakterliche und psychologische Einschätzungen. Zwangsarbeit nach Vorbild der USA ist als Massenversuch auch auf den Weg gebracht.
Durch diese ganzen Maßnahmen wird es nun auch möglich, die Armee von einer Wehrpflicht auf eine Freiwilligenarmee umzustellen. Vorerst nur zur Probe, da man nicht einschätzen kann, ob sich genügend junge Männer für die Armee, anstatt für Hartz IV entscheiden. Mit einer Freiwilligenarmee kann man Angriffskriege schließlich viel besser bewerkstelligen.
Auch die Kinder von Langzeitarbeitslosen kommen jetzt besser unter die Kontrolle des Staates. Mit dem Bildungspaket 2 haben jetzt die Jugendämter die Kontrolle über diese Kinder und können auch Erziehungs- und Lenkungsaufgaben übernehmen.
In nur 5 Jahren hat ein Gesetz, nämlich Hartz IV, diese Zustände geschaffen und sämtliche Parteien, Organisationen und Verbände haben dies zugelassen. Keine einzige politische und gesellschaftliche Kraft hat ernsthaft gezeigt, dass hier etwas in altbekannte Bahnen gelenkt wird und dass gegen diese Entwicklung etwas unternommen werden muss. Außer Lippenbekenntnissen und markigen Worten passiert nichts. Es steht überall das persönliche Vorankommen und das mitregieren wollen im Vordergrund. Selbst bei denen, die eigentlich schon von der politischen Ausrichtung dagegen sein müssten, spielen diese vorgenannten Gründe eine größere Rolle, als das Elend von ein paar Millionen Menschen.
Betrachten wir die Sache aber weiter und dazu braucht man wahrlich keine Glaskugel. Es werden Sachzwänge konstruiert werden, die jedem plausibel und logisch vor Augen führen werden, warum man bestimmte Maßnahmen ergreifen muss. Und sagen sie jetzt nicht, dass ist unmöglich. Vor 15 Jahren hätten sie auch gesagt, den heutigen Zustand werden wir niemals haben, dass ist unmöglich in einem Sozial- und Rechtsstaat.
Die Hetze gegen Langzeitarbeitslose wird eine neue Dimension annehmen und die Arbeitsplätze werden noch knapper werden. Daraus resultierend wird es eines Tages blutige Kämpfe und Anschläge gegen Langzeitarbeitslose geben. Da sie an einem äußerlich zu tragendem Zeichen leicht zu erkennen sein werden, wird es nicht schwer sein, sie zu identifizieren. Auch werden Ihre Unterkünfte Ziel von Brandanschlägen werden, was auch nicht schwierig werden dürfte, da Langzeitarbeitslose in Ghettos wohnen werden müssen. Aus diesen Sachzwängen der Gewalt werden sich neue Möglichkeiten auftun das Problem der Armen und Arbeitslosen zu lösen, denn Schuld an diesen Zuständen werden auf alle Fälle die Armen und Arbeitslosen sein. Die einzige Unsicherheit ist die Frage, wie lange wird es dazu brauchen. (A. Pianski, Gegenwind e.V.)
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Bild: Matthias Balzer / pixelio.de
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