Hartz IV Prüfbericht: Massenweise Fehler bei den Jobcenter-Darlehen

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Jede zweite Darlehensgewährung vom Jobcenter fehlerhaft

Jobcenter können an Hartz IV Bezieher zinsolose Darlehen erteilen (§ 24 Absatz 1 SGB II), wenn bei dem Betroffenen ein Bedarf entsteht, der unabweisbar und nicht vom Regelbedarf gedeckt ist. Der Bundesrechungshof sieht allerdings erhebliche Mängel. Seit der letzten Prüfung durch die Aufsichtsbehörde habe „sich die Bearbeitungsqualität der Jobcenter bei der Gewährung von Darlehen nicht verbessert“. So werden zum Beispiel Darlehen gewährt, obwohl ein Anspruch auf einen Zuschuss bestand.

Zweite Prüfung brachte gleiche Fehler zutage

Der Bundesrechungshof wollte bei seiner Prüfung messen, ob sich die Bearbeitungsqualität der Jobcenter bei der Gewährung von Darlehen an Hartz IV Beziehende verbessert hat. Bereits im Jahre 2011 hatte die Prüfbehörde die Arbeit der Leistungsträger heftig kritsiert.

Nun wollten die Prüfer sehen, ob die Bundesagentur für Arbeit gegengesteuert hat und Verbesserungen einführte. Doch was musste der Bundesrechnungshof feststellen: „Im Vergleich zur Prüfung aus dem Jahr 2011 sahen wir keinerlei Verbesserung in der Umsetzungspraxis. (…) Wir haben identische Umsetzungsmängel festgestellt.“ Ein Armutszeugnis.

In Stichproben wurden 208 Fälle aus 5 Jobcenter von 2017 bis 2018 geprüft. Das fatale Ergebnis: Die Hälfte (51,9 Prozent) der erteilten Darlehen enthielt zum Teil gravierende Fehler. Zu den häufigsten Fehlern gehörten falsche Rechtsgrundlagen oder fehlten gänzlich, oft wurde der Darlehensbeginn nicht mitgeteilt oder die Fälligkeit der Rückzahlungssumme nicht mitgeteilt.

Begründungen fehlten

Zudem fehlten vielfach auch die Begründungen, warum ein Darlegen gewährt wird. So schreiben die Prüfer auch im Ergebnis: „Die Jobcenter haben ihre Entscheidung, ein Darlehen zu gewähren, zu begründen“. Zudem müssen die Behörden benennen, warum nur einzelne oder mehrere Mitgieder in einem Haushalt ein Darlehen gewährt bekommen.

Darlehen obwohl Anspruch auf einmaligen Zuschuss

Viel gravierender ist allerdings die Tatsache, dass die Jobcenter oftmals Darlehen gewährten, obwohl die Antragsteller einen Anspruch auf einen Zuschuss hatten. Hartz IV Beziehende können nämlich einmalige Zuschüsse beantragen, wenn eine Schwangerschaft vorliegt oder eine Erstausstattung für eine Wohnung benötigt wird. Ebenfalls bezuschusst müssen Heizrückstände oder die Reparatur einer Brille.

Zuschüsse müssen anders als beim Darlehen nicht vom Regelsatz abgezahlt werden. Bei den Stichproben der Prüfer zeigte sich, dass in 23 von 170 untersuchten Darlehen eigentlich ein Zuschuss hätte bewilligt werden müssen.

Maximale Abzahlsummen wurden oftmals überschritten

Obwohl es die Rechtslage nicht hergibt, wurde auch die maximale Rückzahlungsquote nicht beachtet. Denn Darlehen dürfen mit nur maximal 10 Prozent vom Regelsatz abgezogen werden. Die Jobcenter überschritten vielfach (in 10 Prozent der Fällen) diese festgelegte Quote.

Auch mussten viele Betroffene parallel laufende Darlehen zeitgleich abzahlen. Auch damit wurde die rechtlich vorgegebene maximale 10-Prozent-Quote überschritten.

Ein Jobcenter war sehr bedenklich

Ein Jobcenter fiel völlig aus dem Rahmen und konnte die Gesamtsumme sowie die Zahl der vergebenen Darlehen nicht offenlegen. Die Behörde begründete dies damit, dass die eigene Software dies nicht abbilden könne. Der Bundesrechnungshof stufte dieses Versagen als „sehr bedenklich“ ein.

BA gelobt Verbesserungen – bis zur nächsten Prüfung

In einer Stellungnahme teilte die Bundesagentur für Arbeit mit, dass mit die Fachaufsicht nun neu ausrichten und schärfen wolle. Bis zur nächsten Prüfung könnten ein paar Jahre wieder vergehen. Ob dann alle Fehler beseitigt sind?

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