Hartz4-Plattform-Musterklage ergänzt „Überprüfungsantrag“. Brigitte Vallenthins Klage-Ergänzung zur rückwirkenden Sicherung zu wenig gezahlter Hartz IV-Leistungen
Nach dem Antrag beim Sozialgericht auf Vorlage Ihrer Musterklage gegen den zu geringen Hartz IV-Regelsatz beim Bundesverfassungsgericht – unter Berufung auf die entsprechende Entscheidung des Hessischen Landessozialgerichts vom 29 Oktober 2008 (Az: L 6 AS 336/07) – hat Hartz4-Plattformsprecherin und Musterklägerin Brigitte Vallenthin zusätzlich „Überprüfungsantrag gemäß § 44 SGB X“ gegenüber dem „Amt für Soziale Arbeit“ Wiesbaden gestellt. Das ist nach Informationen der Wiesbadener Bürgerinitiative für die Einführung des Bedingungslosen Grundeinkommens der notwendige Weg, um – nach einer möglichen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zugunsten der Hartz IV-Betroffenen – rückwirkend die zu geringen Leistungen erstattet zu bekommen.
„Wer es versäumt“, so Vallenthin, „einen Überprüfungsantrag zu stellen, verliert damit das vom Gesetz vorgesehene Recht, auch für die zurückliegenden Jahre die rechtswidrig falsch und zu niedrig bemessenen, rechtswidrig falsch und zu niedrig berechneten und rechtswidrig falsch und zu niedrig ausgezahlten Regelsätze und Kosten der Unterkunft erstattet zu bekommen.“ Nach Informationen der Bürgerinitiative hilft da auch nicht ein seit Jahresbeginn 2009 vielen Leistungsbescheiden eingefügter Zusatz, der so oder ähnlich lautet: „Dem Bundesverfassungsgericht liegt die Frage vor, ob die Vorschrift, mit der die Regelleistung für Kinder bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres auf 60 vom Hundert der für alleinstehende Erwachsene maßgebenden Regelleistung festgesetzt wird, mit dem Grundgesetz vereinbar ist (Vorlagebeschluss des BSG vom 27 Januar 2009 – B 14/11b AS 9/07 R; B 14 AS 5/08 R). Der Vorlagebeschluss bedeutet nicht, dass die angegriffene Vorschrift tatsächlich verfassungswidrig ist. Hierüber entscheidet das Bundesverfassungsgericht.
Der im Bescheid genannte Leistungsträger sichert zu, dass der vorliegende Bescheid für den Fall, dass sich aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts eine neue Rechtslage ergibt, die für Sie oder Ihre Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft die Bewilligung einer höheren Leistung zur Folge hätte, dementsprechend geändert wird. Die Änderung zu Ihren Gunsten wird in diesem Fall von Amts wegen vorgenommen; ein Widerspruch, der sich allein auf die vor dem Bundesverfassungsgericht anhängige Rechtsfrage bezieht, ob der Regelsatz für Kinder bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres verfassungsgemäß ist, ist damit nicht erforderlich.“
Hierbei handelt es sich um einen vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales an die Bundesagentur für Arbeit, die Ministerien der Länder und die Kommunalen Spitzenverbände übermittelten „Formulierungsvorschlag für einen Zusicherungstext“. „Wer sich darauf verlässt, hat – ohne es zu ahnen – auf sein Recht verzichtet, das ihm für jahrelange Entbehrungen zusteht – nämlich bis auf vier Jahre zurückreichende Erstattung ab Überprüfungsantrag“, so Vallenthin.
Die Wiesbadener Initiative weist in dem Zusammenhang auch noch einmal darauf hin, dass dem Bundesverfassungsgericht nicht nur die Frage vorliegt, ob 60% des Regelsatzes Erwachsener für Kinder ausreichend seien. Vielmehr wurde das Karlsruher Gericht darüber hinaus ersucht, festzustellen, ob der Hartz IV-Regelsatz von derzeit 351 Euro mit dem Grundgesetz vereinbar sei und das „soziokulturelle Existenzminimum“ decke. Die Richter des Hessischen Landessozialgerichts Darmstadt halten das ebenso für nicht gegeben wie der Frankfurter Gutachter Mathias Fromme, der mit 627 Euro eine fast deckungsgleiche Erhöhung fordert wie die Musterklage der Wiesbadener Hartz4-Plattformsprecherin. (25.04.2009)
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