Hartz IV: BA gibt massenhaft Sozialdaten weiter

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Hartz IV-Skandal: massenhaft rechtswidrige Weitergabe von Sozialdaten durch die Bundesagentur für Arbeit?

27.06.2011

Nach uns vorliegenden Informationen erhalten seit einigen Wochen viele Hartz IV-Betroffene Telefonanrufe vom SOKO-Institut Bielefeld. Die dabei übermittelte Rufnummer des Anrufers konnte dem SOKO-Institut Bielefeld eindeutig zugeordnet werden.

Dieses führt laut Aussage der anrufenden Mitarbeiter eine Umfrage im Auftrag der Bundesagentur für Arbeit durch, worüber die Angerufenen im Vorfeld mit einem Anschreiben informiert worden wären. Viele haben aber nie ein solches Anschreiben erhalten. Die Angerufenen haben zudem zu keinem Zeitpunkt gegenüber der Bundesagentur für Arbeit (BA) oder ihrem Jobcenter ein Einverständnis der Weitergabe ihrer Daten an das SOKO-Institut erklärt. Es fehlt im SGB II auch an einer rechtlichen Grundlage zu einer solchen Datenweitergabe ohne ein derartiges Einverständnis.

Welchen Umfang diese, offenbar unzulässige, Datenweitergabe hat und welche Daten im einzelnen weitergegeben wurden, ist unklar. Nach unseren Erkenntnissen handelt es sich zumindest um den vollständigen Namen, Adresse und alle der BA bzw. dem Jobcenter bekannten Telefonnummern des Angerufenen. Anhand der Fragen der Mitarbeiter des SOKO-Instituts lässt sich zudem vermuten, dass die gleichen Sozialdaten auch über die zur Bedarfsgemeinschaft des Angerufenen gehörenden Personen, sowie Angaben zu den vom Angerufenen und diesen Personen beantragten bzw. bezogenen Sozialleistungen übermittelt wurden.

Da es keinerlei Rechtsgrundlage gibt, welche die Jobcenter bzw. die Bundesagentur für Arbeit zur Weitergabe dieser Daten berechtigt oder ermächtigt und die Betroffenen auch kein Einverständnis der Weitergabe ihrer Daten an das SOKO-Institut erklärt haben, dürfte es sich dabei um einen Datenschutzskandal erheblichen Ausmaßes handeln. Zudem ist unklar, was BA bzw. Jobcenter mit dieser Umfrage, deren Ergebnisse sich eindeutig den befragten Personen zuordnen lassen, bezwecken. Ist dies eine neue Form der Bespitzelung von ALG II-Empfängern durch, als Umfrage getarnte, telefonische Datenerhebungen? Erhofft man sich, durch Auswertung der so gewonnenen Daten „schwarze Schafe“ ermittelt und Sanktionen gegen die Angerufenen und deren Angehörige verhängen zu können?

Wir fordern Betroffene auf, gegenüber dem SOKO-Institut keinerlei Angaben zu machen und sich stattdessen umgehend beim Datenschutzbeauftragten des Bundes über die unberechtigte Weitergabe ihrer Daten an das SOKO-Institut zu beschweren und Aufklärung zu fordern. (fm)

Gegendarstellung zum Artikel "Hartz IV-Skandal: BA gibt Sozialdaten weiter"
"Die SOKO Institut GmbH führt im Auftrag des Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung in Nürnberg telefonische Befragungen von Personen durch, deren Adressdaten auf Grund eines Datenantrages auf Übermittlung von Sozialdaten für ein Forschungsvorhaben gemäß § 75 SGB X von der Bundesagentur für Arbeit unter Einhaltung aller Regeln des Datenschutzes ausschließlich für wissenschaftliche Zwecke zur Verfügung gestellt werden. Alle zufällig ausgewählten Personen erhalten ein persönliches Anschreiben und werden vor Beginn der Telefonbefragung gefragt, ob sie dieses zur Kenntnis genommen haben. Falls nicht, wird es erneut versandt. Die Befragung ist freiwillig."

Bild: Rainer Sturm / pixelio.de