Abschreckungsmaßnahmen für Antragsteller von Hartz IV eingeführt?
Bei dieser Maßnahme handelt es sich um ein sogenanntes einwöchiges "Sofortprogramm", das laut Broschüre Hilfestellung beim Ausfüllen des ALG II Antrags bieten sowie über die Hartz IV Gesetzgebung informieren soll. Diese Maßnahme wird jedem Antragsteller "angeboten", unabhängig davon, ob tatsächlich Hilfe benötigt wird. Bei Verweigerung der Teilnahme an der Maßnahme wird eine Kürzung der Geldleistungen in Höhe von 30% angedroht – und das, obwohl noch kein Leistungsbezug besteht, ja noch bevor eine Prüfung auf Anspruch auf ALG II stattgefunden hat. Es handelt es sich beim "Sofortprogramm" um eine Maßnahme, die durch die ARGEn bundesweit eingekauft werden kann und somit in Zukunft Antragsteller in ganz Deutschland betreffen wird.
Besonders angesichts der Streichungen von Zuschüssen für unabhängige Erwerbslosenberatungsstellen in manchen Städten (bspw. Kiel) und Bundesländern (bspw. NRW) erachten wir diese Vorkommnisse als besonders perfide.
Um das Jobcenter Konstanz aufgrund dieser Tatsachen zu einer Stellungnahme zu veranlassen und die Unterlassung derart rechtswidriger Praktiken zu erreichen, hat die Erwerbslosenberatung Konstanz einen Offenen Brief an das Jobcenter Landkreis Konstanz geschickt.
Ein offener Brief an die Arge in Konstanz
Im Rahmen ihrer Beratungstätigkeit hat die Erwerbslosenberatung Konstanz erfahren, daß das Jobcenter Landkreis Konstanz, für Erstantragsteller/innen "Abschreckungsstrategien" eingeführt hat. Wir hoffen, daß dies nicht auf internen Vorgaben beruht.
In mehreren Fällen wurde Personen, die in der Informationsstelle einen Erstantrag stellen oder abgeben wollten, ein sogenanntes "Sofortprogramm" angeboten, einer wahlweise ein oder zwei Wochen andauernenden Maßnahme, die Informationen zum SGB II, sowie Unterstützung zur Antragstellung von Arbeitslosengeld II beinhalten soll. Diese Maßnahme wurde Personen angeboten, unabhängig davon, ob diese tatsächlich Hilfe bei der Antragstellung benötigten. Bei Verweigerung der Teilnahme an dieser Maßnahme wurde in mehreren Fällen angedroht, daß als Folge der Weigerung Leistungskürzungen vorgenommen werden würden.
Wohlgemerkt wurde hier Personen gedroht, die noch gar keine Bezieher von Arbeitslosengeld II sind. Derartige Androhungen, sowie eine daraus resultierende Nötigung zu einer Unterschrift, die den / die Antragsteller/in zur Teilnahme an der Maßnahme verpflichtet, sind nicht nur unmoralisch und sittenwidrig, sondern stellen klare Verstöße gegen geltendes Recht dar.
Die Erwerbslosenberatung Konstanz möchte Sie daran erinnern, daß Maßnahmen zur Förderung von Arbeitslosen nur im Rahmen einer Eingliederungsvereinbarung vereinbart werden dürfen. Als Behörde sind Sie dazu verpflichtet, eine korrekte Rechtsberatung durchzuführen; davon kann keine Rede sein, wenn Sie Erstantragssteller/innen mit Falschinformationen verunsichern, um eine Antragsstellung zu erschweren. Daß diese Vorfälle in der Service- und Infostelle stattfinden, also der ersten Anlaufstelle für
Erstantragsteller/innen, ist als besonders bedenklich zu werten. Laut Ihrer eigenen Informationsbroschüre erhalten Antragsteller in der Service und Infostelle "nicht nur Antragsformulare und wichtige Tipps, Kolleginnen und Kollegen helfen auch beim korrekten Ausfüllen der Formulare."
Abschreckungsstrategien und Drohungen werden in Ihrer Broschüre allerdings nicht erwähnt, es tut sich also eine erklärungsbedürftige Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit auf. Die Erwerbslosenberatung Konstanz fordert Sie daher auf, zu diesem Sachverhalt schriftlich Stellung zu beziehen und dafür Sorge zu tragen, daß derartige rechtswidrige Praktiken in Zukunft unterlassen werden. (Erwerbslosenberatung Konstanz, 29.05.2008)
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