Hartz IV: 100 Prozent Sanktionen auch beim Bürgergeld

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Eine 100 Prozent-Sanktion ist weiterhin auch beim Bürgergeld möglich. Zwar wurden die Sanktionsrichtlinien angepasst, allerdings sind komplette Leistungseinstellungen aufgrund einer “fehlenden Mitwirkungspflicht” noch immer möglich.

100 Prozent Sanktionen beim Bürgergeld

Das Bundesverfassungsgericht (1 BvL 7/16) fällte 2019 zum Thema Sanktionen bei Hartz IV ein weitreichendes Urteil. Eigentlich dürfen die Jobcenter nicht mehr als 30 Prozent “zur Strafe” von den Regelleistungen kürzen. Dennoch können die Jobcenter Totalsanktionieren, auch beim künftigen Bürgergeld.

Welche Änderungen treten ab Januar 2023 ein?

  1. Die Dauer der Sanktion einer Meldepflichtverletzung wurde auf einen Monat verkürzt.
  2. Die Dauer und Höhe der Sanktionen wegen Pflichtverletzungen nach § 31 SGB II wurden gestaffelt. Die Sanktion bei einer ersten Pflichtverletzung beträgt 10% des Regelbedarfs und dauert einen Monat, bei einer weiteren (zweiten) Pflichtverletzung beträgt die Sanktion 20% und dauert 2 Monate, bei jeder weiteren (ab der dritten) Pflichtverletzung beträgt die Sanktion 30% und dauert 3 Monate. Um eine weitere Pflichtverletzung handelt es sich nur dann, wenn der Beginn des letzten Minderungszeitraums nicht länger als ein Jahr zurückliegt.
  3. Im Weiteren wurde die Sanktionshöhe auf 30% beschränkt, gekürzt werden darf nur die Regelleistung, nicht die Leistung für die Miete, und es darf keine Ungleichbehandlung nach Alter geben.

Totalsanktion durch eine vorläufige Leistungseinstellung

Allerdings dürfen die Jobcenter eine Totalsanktion durch eine vorläufige Leistungseinstellung, Entsagungs- und Entziehungsbescheid wegen fehlender Mitwirkung verhängen. Diese Praxis soll auch beim neuen Bürgergeld gelten.

“Die hier stattfindenden Sanktionen sind nicht auf 30 % begrenzt, sondern regelmäßig und sehr häufig rechtswidrig 100 % Sanktionen, dh. komplette Leistungseinstellungen, keine Regelleistung, keine Miete, keine Krankenkasse”, erläutert Harald Thomé von Tacheles e.V.

Im Gesetzgebungsverfahren wurde auf diesen Missstand immer wieder hingewiesen. Geändert wurde allerdings nichts. “Daher bleibt das Bürgergeld ein Drangsalierungssystem”, kritisiert der Sozialrechtsexperte.

Wenn Erklärungen dem Jobcenter nicht ausreichen

Das Mittel der Totalsanktion wird sogar häufiger angewendet, als weithin in der Öffentlichkeit bekannt ist.

So berichtet Sabine Möller von der Erwecbsloseninitiative “Basta”, dass sich die Hartz IV Behörden immer mehr auf die sogenannten Mitwirkungspflichten konzentrieren. “Sie sind schnell dabei, zu sagen, wenn Du nicht mitwirkst, streichen wir Dir von heute auf morgen alle Leistungen”. Solche Androhungen werden offenbar verstärkter ausgesprochen und auch umgesetzt.

So wurden laut der Beratungsstelle einer alleinerziehenden Mutter die Leistungen vollständig gestrichen, weil sie nicht erklären konnte, warum sie trotz bestehender Sanktionen noch etwas zu essen hat.

Ist das Bürgergeld besser als Hartz IV?

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