Fehlende Mietbescheinigung kein Sanktionsgrund

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Keine Leistungskürzungen wenn Mietbescheinigung nicht vorgelegt wird

11.04.2013

Dass auch Hartz-IV-Bezieher ein Recht auf Intimität und Datenschutz haben, hat sich nun auch in Kassel herum gesprochen. Das Jobcenter Kassel teilte nunmehr mit, die bisherige Praxis zu ändern und keine Mietbescheinigungen seitens der Vermieter per Zwang und Sanktionsandrohung einzuholen.

Alle sechs Monate mussten Bezieher nach dem SGB II in Kassel sogenannte Mietbescheinigungen unterschrieben vom Vermieter beim Jobcenter vorlegen. Rund 11.000 Haushalte waren in der Stadt von dieser rechtswidrigen Praxis betroffen. Wer sich bislang weigerte, diese Bescheinigung unterschreiben zu lassen, risikierte eine Streichung der Unterkunftskosten.

Nun stärkte aber ein Urteil des Bundessozialgerichts im Januar 2012 die Datenschutz-Rechte von Hartz IV-Betroffenen. „Der Mieter darf nicht durch den Leistungsträger gezwungen werden, seinen Hartz-IV-Bezug gegenüber dem Vermieter zu offenbaren“, hieß es in dem Urteil (Aktenzeichen: B 14 AS 65/11). Trotz dieser wichtigen Entscheidung sahen sich die Verantwortlichen in Kassel nicht in der Lage, dem Richterspruch in die Tat umzusetzen, obwohl das Bundessozialgericht sogar in Kassel in direkter Nachbarschaft angesiedelt ist. Bis Anfang 2013 hielten die Jobcenter-Leiter an der rechtswidrigen Praxis fest. So sagte der Amtsleiter Detlev Ruchhöft gegenüber der „HNA“: „Wir waren davon ausgegangen, dass unsere Kunden zur Vorlage verpflichtet sind“.

Im Kassler Sozialausschuss beschloss man aber nun, dass Sanktionen aufgrund einer Nichtvorlage nicht erteilt werden dürfen. Weil man aber die festgesetzten Mietobergrenzen ständig mit dem örtlichen Mietpreis abgleichen muss, werde das Jobcenter weiterhin um die Bescheinigung bitten, allerdings ohne Androhung von Strafe, wie man nun gelobt. (sb)

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