Bürgergeld: Sind Verschärfungen noch nicht in Stein gemeißelt?

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Im Haushaltsplan der Bundesregierung sind Verschärferungen im Bürgergeld vorgesehen: eine Verkürzung der Karenzzeit, längere Arbeitswege, härtere Sanktionen und eine monatliche Meldepflicht. Obwohl die SPD dieses „Zurück zu Hartz IV“ mitträgt, äußert sich jetzt deren Arbeitsmarktexperte skeptisch.

Meldepflicht unter die Lupe nehmen

Der SPD-Politiker und Bundestagsabgeordnete für Tübingen-Hechtingen, Martin Rosemann ist nicht überzeugt von der monatlichen Meldepflicht für Bürgergeld-Bezieher, die die Bundesregierung ab 2025 plant.

“Ist das praktikabel?

Gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland sagte Rosemann: „Wir werden alle Vorschläge der Bundesregierung zum Bürgergeld genau anschauen und überprüfen, inwiefern sie zu einer besseren Arbeitsmarktintegration beitragen, ob und wie sie praktikabel sind oder nur unnötigen Aufwand an Bürokratie schaffen.“

Speziell nennt Rosemann die monatliche Meldepflicht: „Auch den Vorschlag, dass Bürgergeldempfänger alle vier Wochen im Jobcenter vorstellig werden sollen, werden wir unter diesem Gesichtspunkt überprüfen.“

Die Meldepflicht für Leistungsberechtige

Zu den von der Bundesregierung geplanten Verschlechterungen für Leistungsbezieher beim Bürgergeld gehört unter anderem, dass sich Betroffene einmal im Monat beim zuständigen Jobcenter melden müssen.

Da zudem Terminversäumnisse ab 2025 härter bestraft werden sollen, nämlich mit 30 Prozent Kürzung beim Regelsatz, wird gleich doppelt der Druck auf die Betroffenen erhöht. Durch die Meldepflicht gibt es mehr Möglichkeiten, „Termine zu versäumen“, und außerdem wird das dann auch noch härter bestraft.

Termine einzuhalten gehört zur Pflicht zur Mitwirkung, die Leistungsberechtigte eingehen, wenn sie Bürgergeld beziehen. Diese Mitwirkung gilt bei allen Sozialleistungen, und für offiziell Arbeitssuchende verlangt der Staat, dass sie aktiv dazu beitragen, wieder in Arbeit zu kommen.

Vorsichtige Kritik

Martin Rosemann ist seit Anfang dieser Legislaturperiode Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion für Arbeit und Soziales und Mitglied im Fraktionsvorstand. Seine Aussagen zu den geplanten Verschärfungen sind insofern bemerkenswert.

In seiner Position wird er nämlich diese Verschlechterungen, die unter Mitwirkung des SPD-Ministers für Arbeit und Soziales, Hubertus Heil, festgelegt wurden, kaum öffentlich in Bausch und Bogen verdammen.

Durch die Blume bedeutet seine Formulierung „genau anschauen und überprüfen“, dass der SPD-Sprecher für Arbeit und Soziales Verschärfungen in dieser Form nicht für das letzte Wort hält.

Die meisten Sanktionen sind wegen Meldeversäumnissen

Nur wenige Bürgergeld-Bezieher werden wegen Verletzung der Mitwirkungspflicht sanktioniert, zum Beispiel sind dies in Mecklenburg-Vorpommern unter 0,5 Prozent. Von dieser insgesamt bereits geringen Anzahl werden wiederum nur wenige sanktioniert, weil sie Arbeitsangebote ablehnen. 90 Prozent der Betroffenen bestraft das Jobcenter hingegen wegen Meldeversäumnissen.

Höherer Mindestlohn statt Schikanen

Im Widerspruch zu den Verschlechterungen im Haushaltsentwurf 2025 machte der SPD-Generalsekretär einen sinnvollen Vorschlag zum Bürgergeld.

So sagte er: „Würden wir einen Mindestlohn von 14 oder 15 Euro haben, hätten wir mehrere Hunderttausende davon raus.“

Tatsächlich sind 800.000 Leistungsbezieher Aufstocker, die ergänzend Bürgergeld beziehen, weil ihr Lohn aus Erwerbsarbeit nicht reicht, um den Lebensunterhalt zu decken.

Diese Menschen arbeiten zum Beispiel bis zum Umfallen im Paketdienst oder in der Hausreinigung, oder sie können nur in Teilzeit arbeiten, weil sie ihre Kinder betreuen.

Außerdem stehen sie unter ständigem Druck, weil die Bürokratie sie mit Terminen von einer Behörde zur nächsten jagt.

Eine objektive „genaue Überprüfung“ einer monatlichen Meldepflicht kann für diese Menschen nur bedeuten, dass es sich bestenfalls um Schwachsinn handelt – oder aber um eine zermürbende Schikane.