Das Bürgergeld besteht im Kern aus dem Regelsatz für den Lebensunterhalt und den separat übernommenen Kosten für Unterkunft und Heizung. Übersteigen die Mietkosten (oder die laufenden Kosten selbst bewohnten Eigentums) indessen eine Grenze, die das Jobcenter als angemessen betrachtet, dann müssen die Betroffenen die Kosten senken oder die Differenz aus eigener Tasche bezahlen.
Inhaltsverzeichnis
Wie wird Angemessenheit festgelegt?
Die Definition dessen, was angemessen ist für eine Mietunterkunft oder die laufenden Kosten selbst bewohnten Eigentums schwanken von Kommune zu Kommune, von Region zu Region, von Stadt zu Stadt und lokal von Stadt zu Land. Generell orientiert sich die Angemessenheit dabei am unteren Segment des Wohnungsmarktes.
Kurz gesagt: In München sind die Mieten weit höher als im ländlichen Mecklenburg-Vorpommern, und deshalb übernehmen die Jobcenter jeweils höhere oder geringere Kosten für die Unterkunft.
Anzahl der Bewohner und Bruttokaltmiete
Faktoren für die Angemessenheit sind die Anzahl der Personen der Bedarfsgemeinschaft, für die ein Grenzwert bei der Bruttokaltmiete festgelegt wird. Jobcenter kalkulieren naturgemäß so knapp wie möglich, was häufig dazu führt, dass Sozialgerichte die von Jobcentern festgelegten Grenzwerte korrigierten, da sie zu niedrig waren.
Mietobergrenze wird über Bruttokaltmiete errechnet
Achtung: Die Mietobergrenze beim Jobcenter ist immer die der Bruttokaltmiete. Gemeint sind also die Kaltmiete und dazu alle Nebenkosten, nicht aber die Heizkosten. Manche Leistungsberechtigte verrechnen sich in diesem Punkt, weil sie denken, der Grenzwert bezöge sich auf die reine Kaltmiete.
Berechnung der Mietspiegel entspricht oftmals nicht der Realität
Die Jobcenter nutzen unterschiedliche Methoden, die sich am örtlichen Mietspiegel und Wohnungsangebot orientieren sollen. Oft steht das konkrete Verfahren dabei in der Kritik, weil es nicht die realen Verhältnisse berücksichtigt. Häufig müssen dann Sozialgerichte bemüht werden, damit betroffene Leistungsberechtigte, denen die Behörde eine zu geringe Miete bezahlen wollte, zu ihrem Recht kommen.
Soziale Faktoren wichtig bei der Entscheidung
Nicht nur die reinen Kosten entscheiden, sondern auch soziale Faktoren. So urteilte das Bundessozialgericht, dass der Vergleichsraum alternativer Wohnungen den Erhalt sozialer Bindungen durch die Betroffenen ermöglichen und ein Umzug zumutbar sein müsse.(B 14 AS 13/19 R).
In den ersten 12 Monaten gilt Karenzzeit
Im ersten Jahr des Bürgergeld-Bezugs gilt die sogenannte Karenzzeit. Diese soll 2025, laut der neuen Pläne der Regierung, auf sechs Monate gekürzt werden. In dieser Zeit übernimmt das Jobcenter noch die tatsächlich bestehenden Kosten der Unterkunft, ohne sie auf ihre Angemessenheit zu prüfen. Läuft diese Frist ab, werden nur noch die angemessenen Kosten getragen.
Sonderregel für junge Erwachsene
Für junge Erwachsene gilt eine Sonderregelung. Wer unter 25 Jahren im Bürgergeld-Bezug ist und gegenwärtig noch bei beiden Eltern oder einem Elternteil lebt, muss konkrete Voraussetzungen erfüllen, um die Kosten für eine eigene Unterkunft erstattet zu bekommen.
Das sind zum einen erhebliche soziale Gründe (wie häusliche Gewalt und / oder massive Konflikte in der elterlichen Wohnung), zum anderen ein Auszug wegen Weiterbildung oder der Aufnahme einer Beschäftigung.
- Über den Autor
- Letzte Beiträge des Autors
Dr. Utz Anhalt ist Buchautor, Publizist, Sozialrechtsexperte und Historiker. 2000 schloss er ein Magister Artium (M.A.) in Geschichte und Politik an der Universität Hannover ab. Seine Schwerpunkte liegen im Sozialrecht und Sozialpolitik. Er war wissenschaftlicher Mitarbeiter bei Dokumentationen für ZDF , History Channel, Pro7, NTV, MTV, Sat1.