Bürgergeld: Frühere Verjährung von Rückforderungen des Jobcenters

Lesedauer 2 Minuten

Jobcenter vertraten lange die Auffassung , dass ihre Forderungen erst nach 30 Jahren verjähren. Tatsächlich verjähren sie aber nach 4 Jahren, wenn das Jobcenter nicht aktiv wird. Das hat das Bundessozialgericht entschieden.

Wie können Rückforderungen entstehen?

Rückforderungen des Jobcenters können (unter anderem) aufgrund der Aufhebung von Bescheiden entstehen, die schon von Beginn an falsch waren (nach §45 SGB X) oder weil sie während des Bewilligungszeitraums falsch wurden (nach §48 SGB X).

Der Grund für die Änderungen von Bescheiden nach §45/48 SGB X ist normalerweise, dass Leistungsberechtigte zu viel Leistungen erhalten haben.
Ein simples Beispiel wäre ein Lottogewinn, der angerechnet wird. Daher hat das Jobcenter für den Monat des Gewinns zuviel gezahlt.

Wie muss das Geld zurückgezahlt werden?

Vom Jobcenter zu viel gezahlte Leistungen müssen nach §50 SGB X erstattet werden (Ausnahme: Bagatellgrenze von 50€). Beim Jobcenter läuft das über eine Aufrechnung – es wird ein gewisser Betrag vom Bürgergeld abgezogen. Typischerweise 10% oder 30% des Regelbedarfs.

Wann verjährt eine Rückforderung (normalerweise)?

In §50 SGB X, der Regelung zur Erstattung, ist in Absatz 4 für Erstattungsforderungen eine normale Verjährungsfrist von 4 Kalenderjahren nach dem Jahr der Unanfechtbarkeit des Rückforderungsbescheids (1 Monat nach Erhalt) vorgesehen.

§50 Abs4 SGB X:Der Erstattungsanspruch verjährt in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Verwaltungsakt nach Absatz 3 unanfechtbar geworden ist. Für die Hemmung, die Ablaufhemmung, den Neubeginn und die Wirkung der Verjährung gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs sinngemäß. § 52 bleibt unberührt.
Screenshot von: https://www.gesetze-im-internet.de/sgb_10/__50.html

Diese Frist kann vom Jobcenter mittels eines besonderen Bescheides auf 30 Jahre gehemmt, also verlängert werden. Dies ist in §52 SGB X geregelt.
Dazu muss das Jobcenter einen Feststellungs- oder Durchsetzungsbescheid erlassen.

Alte Auffassung des Jobcenters

Das Jobcenter ging davon aus, dass der Erstattungsbescheid, der gemeinsam mit dem Rückforderungsbescheid erlassen wird, ein solcher Bescheid nach §52 SGB X ist.

Die Entscheidung des BSG zur Verjährung

Das BSG hat am 4.3.21 (B 11 AL 5/20 R) aber entschieden, dass nur eine laufende Verjährung gehemmt werden kann.

Da die Verjährung aber erst mit der Unanfechtbarkeit beginnt,
kann sie erst nach 4 Wochen gehemmt werden.

Kommt der Aufrechnungsbescheid direkt mit dem Rückforderungsbescheid, läuft die Verjährung noch nicht. Es gibt keine Hemmung und die Forderung verjährt nach 4 Jahren.

Die einzelne Aufrechnung in einem normalen Leistungsbescheid ist kein Durchsetzungsbescheid, sondern zeigt nur seine Umsetzung und hemmt die Verjährung nicht.

Wenn es keine wirksame Hemmung gab, sind am 1.1.2024 alle Rückforderungen verjährt, die aus 2019 oder älter sind.

Vorgehen um Verjährung geltend zu machen

Um die Verjährung geltend zu machen, muss aktiv die “Einrede der Verjähung” eingelegt werden.

Formulierungsvorschlag:

Sehr geehrte Damen und Herren,
hiermit erhebe ich die Einrede der Verjährung bezüglich der Forderung … nach §50 Abs4 SGB X. Diese ist zum 1.1.20XY nach §50 SGB X verjährt.
Ich verweise diesbezüglich auf das Urteil des BSG vom 4.3.21 – B 11 AL 5/20 R.
Sollten Sie der Auffassung sein, dass die Forderung nicht verjährt ist, bitte ich Sie um die Übersendung einer Zweitschrift des ursprünglichen Rückforderungsbescheids und des Durchsetzungsbescheids.
Mit freundlichen Grüßen

Twitter (X)

Meine hier veröffentlichten Artikel findet ihr (ähnlich) auch bei Twitter, das heute ja X genannt werden will. Zum Abschluss noch der Link zum Twitter-Thread für Rückfragen, Ergänzungen oder alles was ihr sonst dazu sagen wollt – natürlich auch gerne zum Retweeten: hier

Foto im Beitragsbild von:
Bild von Racool_studio auf Freepik