Bürgergeld: Befangenheitsantrag wenn der Jobcenter-Sachbearbeiter nicht objektiv ist

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Immer wieder berichten Leistungsberechtigte von schwierigen Situationen im Kontakt mit dem Jobcenter. Oft geht es um Missverständnisse, manchmal jedoch auch um ein persönliches Ungleichgewicht zwischen Sachbearbeiter und Antragsteller.

Das Bürgergeld ist darauf ausgelegt, die Existenz zu sichern und gleichzeitig die Integration in den Arbeitsmarkt zu fördern. Wenn diese Ziele aufgrund von persönlichen Differenzen, Willkür oder einem unterstellten Fehlverhalten des Sachbearbeiters nicht mehr umsetzbar scheinen, führt das zu Spannungen.

Besonders problematisch wird es, wenn Betroffene sich nicht mehr ernst genommen oder gar herabgewürdigt fühlen und der Verdacht aufkommt, sie würden nicht objektiv behandelt.

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Wie zeigt sich eine mögliche Befangenheit?

Wenn ein Sachbearbeiter Entscheidungen trifft, die auf persönlicher Abneigung, unangebrachten Vorurteilen oder sogar Diskriminierung basieren, spricht man von Befangenheit.

Das kann passieren, wenn der Sachbearbeiter wiederholt unsachliche Äußerungen fallen lässt oder seine Entscheidungen offenkundig von persönlichen oder wirtschaftlichen Interessen leiten lässt.

Ebenso kann es eine Form der Befangenheit sein, wenn eine freundschaftliche Beziehung zwischen Antragsteller und Sachbearbeiter besteht, die objektives Handeln unmöglich macht. In all diesen Fällen entsteht für den Betroffenen das bohrende Gefühl, ungerecht oder voreingenommen behandelt zu werden, was letztlich das Vertrauensverhältnis zerstört.

Was besagt das Gesetz zum Befangenheitsantrag?

Der rechtliche Rahmen für den Befangenheitsantrag ergibt sich aus § 17 Absatz 1 SGB X. Darin wird festgelegt, dass ein Antrag auf Befangenheit gestellt werden kann, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Sachbearbeiter nicht unvoreingenommen handelt. Die Antragstellung erfolgt beim Leiter des zuständigen Jobcenters.

Dieser muss den Vorwurf prüfen und feststellen, ob tatsächlich eine persönliche Voreingenommenheit oder ein Interessenkonflikt besteht. Ist das der Fall, ist der Leiter verpflichtet, den Sachbearbeiter von dem jeweiligen Fall abzuziehen und einem anderen Mitarbeiter zu übergeben.

Welche Gründe rechtfertigen einen Befangenheitsantrag?

Verhärtete Fronten zwischen Leistungsberechtigtem und Sachbearbeiter deuten alleine noch nicht zwangsläufig auf eine Befangenheit hin. Allerdings können nachvollziehbare Indizien, etwa wiederholte verbale Entgleisungen, mutmaßliche Diskriminierung aufgrund der Herkunft, Alter, Religion, körperlichen Verfassung oder des Bildungshintergrunds, durchaus ein guter Grund für einen Befangenheitsantrag sein.

Wer dabei das Gefühl hat, ungerecht behandelt zu werden, sollte möglichst konkrete Situationen dokumentieren und sich überlegen, ob es Zeugen für die fraglichen Vorfälle gibt. Eine Person als Beistand zu Terminen mitzunehmen, ist daher eine sinnvolle Maßnahme, um etwaige Ungleichbehandlungen nachweisen zu können.

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Wie funktioniert das Verfahren?

Sobald ein Befangenheitsantrag gestellt ist, muss die Leitung des Jobcenters klären, ob die Vorwürfe berechtigt sind. Idealerweise werden alle Beteiligten angehört.

Ist das Ergebnis eindeutig, wird dem Antrag stattgegeben und der Sachbearbeiter wechselt. Kommt die Jobcenter-Leitung zu dem Schluss, dass keine Befangenheit vorliegt, können Betroffene gegen diese Entscheidung vorgehen, etwa durch eine Dienstaufsichtsbeschwerde oder, wenn es gar nicht anders geht, durch den Rechtsweg vor dem Sozialgericht.

Immer wichtiger ist, sich frühzeitig beraten zu lassen und den eigenen Bürgergeld-Bescheid professionell prüfen zu lassen, um nicht in eine langwierige Auseinandersetzung zu geraten, die wertvolle Zeit kostet und die eigene finanzielle Situation unnötig belastet.

Wann ist Konsequenz gefragt?

Konflikte mit einem Sachbearbeiter sollten nicht überstürzt behandelt werden. Doch wenn man merkt, dass die Stimmung wiederholt feindselig oder respektlos ist und sachliche Gespräche immer schwieriger werden, ist es ratsam, Konsequenzen zu ziehen.

Das Gleiche gilt, wenn der Eindruck entsteht, dass eine Entscheidung nicht auf Grundlage objektiver Kriterien, sondern aus persönlichen Motiven getroffen wird. Besonders gravierend wird es, wenn die Befangenheit darin gipfelt, dass Vermittlungsvorschläge, Weiterbildungsmöglichkeiten oder notwendige Unterstützungsleistungen blockiert werden.

Es geht um die grundlegende Existenzsicherung und die Chance auf eine nachhaltige berufliche Perspektive. Eine Einschüchterung oder Schikane sollte niemand hinnehmen.

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Wie kann man sich vor Willkür schützen?

Das Gefühl, einer willkürlichen Entscheidung der Behörde ausgeliefert zu sein, führt bei vielen Bürgergeld-Empfängern zu großem Druck und manchmal sogar zu Angst, ihre Rechte einzufordern. Wir bekommen beinahe täglich Mails, in denen Betroffene von der Willkür der Jobcenter berichten. Umso wichtiger ist es, Hilfsangebote zu nutzen.

Ein Beistand bei Terminen kann entscheidend dazu beitragen, schwierige Situationen zu entschärfen und später Vorfälle belegen zu können.

Sollte man sich ungerecht behandelt fühlen, gilt es, dies nicht nur zu dokumentieren, sondern bei der Vorgesetztenstelle – dem Team- oder Bereichsleiter – klar anzusprechen. Wenn sich zeigt, dass keine Lösung im direkten Gespräch möglich ist, bleibt der Weg über den Befangenheitsantrag oder – sofern das nicht ausreicht – über gerichtliche Schritte.

Warum lohnt es sich, für eine faire Behandlung einzustehen?

Wenn ein Sachbearbeiter nicht objektiv agiert, ist man nicht Machtlos. Ein Befangenheitsantrag kann in solchen Fällen die Lösung sein und ist rechtlich in § 17 Absatz 1 SGB X verankert. Die Erfahrung zeigt, dass es sinnvoll ist, sich rechtzeitig zu wehren, bevor sich ein Konflikt verfestigt.