Anspruch auf Zahnersatz beim Bürgergeld – Welche Kosten trägt wer?

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Zahnersatz ist ebenso teuer wie notwendig, und wer auf Leistungen des Bürgergeldes oder der Sozialhilfe angewiesen ist, kann diese Kosten nicht aus dem gewährten Existenzminimum finanzieren.

Wie ist die Rechtslage, welche Entlastungen für Bürgergeld-Bezieher gibt es, und auf welche medizinischen Leistungen beziehen sich diese? Das zeigen wir Ihnen in diesem Beitrag, und erklären, worauf Sie achten müssen.

Was zahlt die Krankenkasse?

Die gesetzlichen Krankenkassen tragen bei Menschen, die Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch II beziehen, generell die Regelversorgung des Zahnersatzes. Die notwendigen Maßnahmen, um einen Zahn zu erhalten werden also übernommen, und dazu zählt einfacher Zahnersatz ebenso wie die Standardbehandlung oder die günstigsten Füllungen.

Zahnersatz, der nicht in der Regelversorgung nach dem Paragrafen 56 Sozialgesetzbuch V enthalten ist, müssen die Betroffenen selbst zahlen.

Die gesetzliche Krankenkasse trägt die vollen Kosten

Innerhalb dieser Basisversorgung tragen die Krankenkassen allerdings bei Menschen, die Bürgergeld oder Sozialhilfe beziehen, normalerweise die vollen Kosten. Das liegt an der Härtefall-Regelung im Paragrafen 55 des Sozialgesetzbuches V.

Ohne Härtefall müssen Patienten einen Teil selbst zahlen

Patienten, bei denen kein Härtefall vorliegt, erhalten von den Krankenkassen lediglich 60 Prozent gesetzlichen Festzuschuss für Zahnersatz, und dieser kann bei einem Nachweis regelmäßiger Pflege und Zahnuntersuchung durch Eintragungen im Bonusheft auf bis zu 75 Prozent steigen.

Selbst, wer vorbildlich auf seine Zahngesundheit achtet, muss dann also zumindest ein Viertel der Kosten für Zahnersatz selbst tragen, und bei weniger regelmäßigen Arztbesuchen sind es sogar 40 Prozent.

Wer gilt als Härtefall?

Wer jedoch so gering verdient, dass er nicht zuzahlen kann, fällt bei der gesetzlichen Krankenkasse unter die Härtefall-Regelung, wenn er Zahnersatz benötigt. Das gilt, wenn Sie Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch II (Bürgergeld) oder dem Sozialgesetzbuch XII (Sozialhilfe) erhalten.

Bei Leistungsbeziehern fallen grundsätzlich folgende Gruppen unter die Härtefall-Regelung: Erstens diejenigen, die Bürgergeld oder Sozialhilfe beziehen, zweitens Empfänger von BAföG oder Berufsausbildungsbeihilfe, und drittens Bezieher von Kriegsopferfürsorge.

Bei Heimbewohnern gilt die Härtefall-Regelung dann, wenn die Sozialhilfe oder die Kriegsopferfürsorge die Heimkosten trägt.

Der Festzuschuss wird verdoppelt

Bei einem Härtefall gilt: Der Festzuschuss auf den Zahnersatz und die entsprechenden Behandlungen wird verdoppelt, und das bedeutet, dass er als Basisversorgung voll von der gesetzlichen Krankenkasse getragen wird.

Das läuft aber nicht automatisch, sondern als Betroffener müssen Sie aktiv mitwirken.

Antrag mit Heil- und Kostenplan

Sie müssen als Bürgergeld-Bezieher bei Zahnersatz einen Härtefall-Antrag bei der gesetzlichen Krankenversicherung stellen. Die Krankenkasse weiß zwar aus Ihren Versicherungsdaten, dass Sie Bürgergeld beziehen, trotzdem müssen Sie bei diesem Antrag den gegenwärtig gültigen Leistungsbescheid einreichen.

Sie müssen außerdem konkret schreiben, dass Sie den doppelten Festzuschuss im Sinne der Härtefall-Regelung beantragen. Außerdem müssen Sie den Heil- und Kostenplan Ihres Zahnarztes beilegen und Ihr Bonusheft einreichen.

Das Bonusheft führt in diesem Fall nicht zur Minderung der Leistungen. Selbst, wenn Sie nicht regelmäßig beim Zahnarzt zur Untersuchung waren, gilt für Bürgergeld-Bezieher der doppelte Festzuschuss.

Wenn Sie Sozialhilfe beziehen, müssen Sie dies gleichen Nachweise erbringen, hier mit einem Nachweis, dass Sie Leistungen des Sozialgesetzbuches XII erhalten.

Ansprechpartner ist die Krankenkasse, und nicht das Jobcenter

Betroffene begehen häufig einen Fehler, der bestenfalls zu überflüssigem bürokratischen Aufwand führt, aber auch zur Folge haben kann, dass sich ein notwendiger Zahnersatz verzögert. Zuständig für die Übernahme der Kosten des Zahnersatzes ist nicht das Jobcenter, und auch nicht der Träger der Sozialhilfe, sondern die Krankenkasse.

Sie stellen den Antrag nur bei der Krankenkasse, das Jobcenter kann ihn weder bearbeiten noch in diesem Fall irgendwelche Leistungen gewähren.

Was bedeutet Regelversorgung bei Zahnersatz?

Regelversorgung bedeutet Zahnersatz, der notwendig ist, aber keine Luxusqualität hat. Die Krankenkasse übernimmt also Brücken, Vollguss-Kronen sowie Teil- und Vollprothesen, nicht aber zum Beispiel Zahnersatz aus Hochglanzkeramik oder Goldimplantate.

In der Regelversorgung können Sie ausschließlich eine Übernahme für Zahnersatz aus medizinischen Gründen erhalten. Kosmetische Maßnahmen, die die Ästhetik verbessern, zum Beispiel Inlays, trägt die Kasse nicht.

Wie läuft das Verfahren beim Antrag?

Das Antragsformular bekommen Sie bei der Krankenkasse. Sie müssen Angaben wie Einkommen, Personen im Haushalt, Leistungsbezug etcetera vollständig ausfüllen, und danach das Dokument bei der Krankenkasse einreichen.

Die Kasse prüft, ob die Bedingungen für einen Härtefall gegeben sind, und das kann mehrere Wochen dauern. Wenn die Krankenkasse den Antrag ablehnt (wozu beim Bürgergeld-Bezug in der Regel kein Grund besteht), dann können Sie innerhalb von vier Wochen Widerspruch einlegen.

Lehnt die Krankenkasse diesen Widerspruch ebenfalls ab, dann können Sie wiederum innerhalb von vier Wochen eine Klage beim Sozialgericht einreichen.

Zahnersatz bei der privaten Krankenversicherung

Die besprochene Härtefallregelung gilt für die gesetzliche Krankenversicherung. Bei Zahnersatz über die private Krankenversicherung können Sie als Bürgergeld-Bezieher ein Problem bekommen. Dieses Problem entsteht, wenn Sie im Normaltarif versichert sind, und nicht im Basistarif.

Die Leistungen des Normaltarifs sind zwar bei den jeweiligen Versicherungen unterschiedlich, doch in der Regel bekommen Sie nicht mehr als höchstens 85 Prozent der Kosten eines Zahnersatzes bezahlt. Die einzige Möglichkeit, die vollen Kosten erstattet zu bekommen, ist dann ein Wechsel in den Basistarif, und dieser ist für Empfänger von Bürgergeld oder Sozialhilfe jederzeit möglich.

Was ist mit Zahnreparaturen?

Wie sieht es mit der Übernahme von Kosten bei Zahnersatz-Reparaturen aus, wenn zum Beispiel eine Teilprothese ersetzt werden muss? Für die Härtefall-Regelung macht das keinen Unterschied, da diese nicht zwischen dem Zahnersatz und den Zahnersatz-Reparaturen differenziert. Auch hier gilt also der doppelte Festzuschuss und damit die komplette Übernahme der Kosten der Regelversorgung.

Was gilt für Bedarfsgemeinschaften?

Bei Bedarfsgemeinschaften im Sinne des Sozialgesetzbuches II wirken bei gesetzlichen Krankenkassen hinsichtlich der Härtefall-Regelung grundsätzlich die gleichen Kriterien wie bei Alleinstehenden im Bürgergeld-Bezug.

Laut dem Paragrafen 9 Absatz 2 des Sozialgesetzbuches II gilt: „Ist in einer Bedarfsgemeinschaft nicht der gesamte Bedarf aus eigenen Kräften und Mitteln gedeckt, gilt jede Person der Bedarfsgemeinschaft im Verhältnis des eigenen Bedarfs zum Gesamtbedarf als hilfebedürftig.

Laut dem Paragrafen 7 Absatz 2 des Sozialgesetzbuches II wird damit jedes Mitglied der Bedarfsgemeinschaft als hilfebedürftig berücksichtigt.

Das bedeutet: Jedes Mitglied einer Bedarfsgemeinschaft im Bürgergeld-Bezug fällt grundsätzlich unter die Härtefall-Regelung bei Zahnersatz.