Hartz IV: Das Recht auf einen Beistand

Lesedauer 9 Minuten

Das Recht auf Beistand in der Hartz-IV Behörde

Bevollmächtigung und Beistand (§ 13 SGB X idF v. 11. Dezember 2008, s. Anhang; § 73 SGG)

06.04.2012

Das Recht, sich im Verwaltungsverfahren wie in gerichtlichen Verfahren durch einen Bevollmächtigten oder durch einen Beistand vertreten zulassen gehört zu den allgemeinen Persönlichkeitsrechten des Art. 2 Abs. 1 Grundgesetz. Die Rechtsnorm findet sich in § 13 SGB X. Begleitungen zu Behördenterminen („Beistände“) und die Vertretung durch Vollmacht sind durch das Rechtsdienstleistungsgesetz vom 12. Dezember 2007 (RDG) erleichtert worden.

Unter „Verwaltungsverfahren“ ist hier zu verstehen die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit aller Sozialbehörden (mit Ausnahme von Ordnungswidrigkeiten) angefangen von der Entgegennahme eines Antrags oder Schriftstückes bis hin zum Widerspruchsverfahren (§ 1 SGB X).

Bevollmächtigung und Beistand vor Gericht wird in § 73 SGG (Sozialgerichtsgesetz) geregelt. Hier gelten strengere Regeln. Für uns kommt nur in Betracht die Bevollmächtigung nicht zum Richteramt Befähigter (keine „Volljurist/innen“) für volljährige Familienangehörige und für Vertreter/innen von Vereinigungen mit sozialpolitischer Zwecksetzung, sofern die Betroffenen hier Mitglied sind. Als Beistand vor Gericht können auch andere Personen zugelassen werden, sofern dies sachdienlich ist und nach den Umständen des Einzelfalls ein Bedürfnis besteht. Weitere Ausführungen zum gerichtlichen Verfahren können § 73 SGG und den einschlägigen Kommentaren entnommen werden. Die Kenntnis des Rechtsdienstleistungsgesetzes (RDG) und der dort vorgenommenen Definition des Begriffes „Rechtsdienstleistung“ wird vorausgesetzt.

Bevollmächtigte
Die Vollmacht nach § 13 Abs. 1, 2, 3 SGB X ermächtigt zu allen das Verwaltungsverfahren betreffenden Verfahrenshandlungen, sofern die Vollmacht nicht schriftlich eingeschränkt ist. Die Schriftform ist nicht vorgeschrieben, aber sowohl im Innenverhältnis wie gegenüber der Behörde sinnvoll.

Nur auf Verlangen ist die Vollmacht nachzuweisen. Das dürfte auf jeden Fall notwendig sein, wenn in einer Verhandlung sozialdatenschutzrelevante Sachverhalte offenbart werden. In allen von der Vollmacht umfassten Angelegenheiten muss sich die Behörde an den/die Bevollmächtigten wenden oder den/die Bevollmächtigte/n zumindest unterrichten.

Das gilt nicht für Angelegenheiten, für die eine Mitwirkungspflicht der Betroffenen gemäß § 21 SGB X besteht. Dabei kommt es auf höchstpersönliche Mitwirkung an, wie etwa bei gesundheitliche Untersuchungen, Eignungstests … , aber auch bei Vorstellungen usw.

Die Betroffenen können sich über Bevollmächtige, aber auch uneingeschränkt persönlich direkt an die Behörde wenden. Kommt es dabei zu Widersprüchen, ist die Behördegehalten nochmals mit dem Betroffenen Kontakt aufzunehmen. Auch bei einer mündlichen Erörterung (unzutreffend häufig „Anhörung“ genannt) kann sich der/die Betroffene durch Bevollmächtigte vertreten lassen.

Waschull (LPK SGB X) ist der Meinung, die Formulierung „durch einen Bevollmächtigten“ sei wörtlich zu nehmen. Aus Gründen der Übersichtlichkeit sei damit eine zahlenmäßige Begrenzung gemeint. Hingegen bejaht Krasney (Rz 4) die Möglichkeit der gleichzeitigen Bevollmächtigung mehrerer Personen. Ebenso Wannagat (2001): „Es steht in der freien Entscheidung der Beteiligten, ob sie Bevollmächtigte bestellen wollen, wen sie bestellen und wie viele Bevollmächtigte sie bestellen.“ Manche Initiativen sind der Meinung, daraus auch das Recht auf eine „Gruppenbegleitung“ herleiten zu können.

Dass auch eine Bevollmächtigung im Verwaltungsverfahren (zur Entgegennahme des Schriftverkehrs und zur Beantwortung, Antragstellung usw.) sinnvoll sein kann erscheint auf den ersten Blick nicht einleuchtend. In aller Regel kommen wir auch ohne Bevollmächtigung aus. In Einzelfällen lässt sich die Arbeit dadurch aber sehr erleichtern, z. B. wenn häufiger Schriftverkehr anfällt und eine Terminabstimmung zwischen Betroffenen und Helfenden schwierig ist. Eine Handlung im Rahmen einer Bevollmächtigung ist zulässig als Rechtsdienstleistung nach den oben beschriebenen Regeln. Sie ist aber auch zulässig, ohne eine Rechtsdienstleistung darzustellen, wen die dafür maßgeblichen Beschränkungen eingehalten werden. Beistände benötigen nur bei Abwesenheit der Betroffenen eine Vollmacht, sie werden dadurch zu Bevollmächtigten.

Beistand – „Begleitung“
Ein „Beistand“ ist eine Person des Vertrauens, die nicht für sondern neben dem/der Betroffenen auftritt. Ein Beistand ist das „unselbständige Sprachrohr“ des/der Betroffenen und kann Hilfen geben zur Formulierung, in Sachfragen und in Rechtsfragen. Das vom Beistand Vorgetragene gilt wie von dem/der Betroffenen vorgebracht, sofern dieseR nicht unverzüglich widerspricht (d.h. spätestens bis zum Schluss der Verhandlung). Wird erst nachträglich widersprochen, so muss die Behörde trotzdem von Amts wegen den wahren Sachverhalt ermitteln.

Ein Beistand bedarf keiner besonderen Legitimation, es genügt das gemeinsame Erscheinen. Das gilt für die mündliche Beteiligung. Für den schriftlichen Vortrag ist allerdings wegen der eingeschränkten Widerspruchsmöglichkeit wiederum eine Vollmacht notwendig. Auch hier ist Waschull (LPK SGB X) der Meinung, die Formulierung „durch einen Beistand“ sei wörtlich zu nehmen. Es müsse nicht bei jeder Verhandlung der/dieselbe sein, aber es müsse nur jeweils ein Beistand sein. Anderer Meinung Krasney und Wannagat. Beistände seien nicht berechtigt, bei ärztlichen oder psychologischen Untersuchungen anwesend zu sein, weil diese höchstpersönlichen Charakter hätten (Waschull, Rz 24).

„Begleitung“ –eine besondere Form der (Selbst-) Organisation
Begleitungen, insbesondere Gruppenbegleitungen, stellen eine besondere Form der (Selbst-) Organisation dar. Sie haben sich als außerordentlich hilfreich erwiesen: die Situation wird durch die Anwesenheit einer nicht unmittelbar beteiligten Person entspannt, die Betroffenen fühlen sich sicherer in ihrem Vortrag (und werden möglicherweise fachlich und sachlich unterstützt). Die Betroffenen klagen seit Jahren über die mangelnde Qualifikation vieler Sachbearbeitungen. Inzwischen wird das bestätigt von etlichen Personalräten der SGB II-Behörden. Aus innerer Unsicherheit und Not flüchteten sich so manche Sachbearbeitende in unsachlich und unverbindlich begründete Abweisungen. Das wird nicht mehr möglich sein, wenn Begleitungen als Zeugen anwesend sind. Wünscht die Sachbearbeitung die Hinzuziehung eines „Beistands“ auf der Behördenseite, so ist das natürlich zu akzeptieren.

Formen der Begleitung
Sind Beistände und/oder Bevollmächtigte abgesichert durch eine professionelle Struktur (s.o., S. 6) steht einer Klassifizierung dieses Engagements als „Rechtsdienstleistung“ nichts im Wege. Sind sie zudem geschult in der Wahrnehmung ihrer Aufgabe, werden sich kaum Probleme ergeben. Sehr zu beachten für Begleitende und Bevollmächtigte wie für die Betroffenen ist die Feststellung des § 13 Abs. 4 SGB X, dass „das von dem Beistand Vorgetragene“ … „als von dem Beteiligten vorgebracht“ gilt, „soweit dieser nicht unverzüglich widerspricht“. Dazu wird es regelmäßig hilfreich sein, wenn die Beteiligten sich im Vorfeld über den Sachverhalt austauschen und die Argumentation des Vortrags wie auch den Ablauf besprechen und festlegen. Zum Abschluss des Gespräches mit der Behörde ist ein (Ergebnis-) Protokoll zu verlangen. Gegebenenfalls sind vor Ort Missverständnisse zu korrigieren.

Formulierung „geschäftsmäßig“ entfallen in § 13 SGB X
Sind Beistände weniger geschult und/oder mangelt es an der professionellen Struktur, so ist das Vorgehen gut zu durchdenken und festzulegen. Innerhalb enger persönlicher Beziehungen (das können auch nachbarschaftliche Kontakte oder Kontakte zwischen Betroffenen sein) ist auch als „Rechtsdienstleistung“ klassifizierbares Engagement zulässig. Bei darüber hinaus gehenden Einzelbegleitungen kann es hilfreich sein, jeden Eindruck zu vermeiden, in einer konkreten fremden Angelegenheit tätig zu sein, die eine rechtliche Prüfung des Einzelfalles erfordert.

Frühere Fassungen des § 13 SGB X enthielten zudem explizit den Ausdruck „geschäftsmäßig“. Das ist aktuell ersetzt durch die Formulierung „entgegen § 3 des Rechtsdienstleistungsgesetzes Rechtsdienstleistungen erbringen“. Der Vorwurf des „geschäftsmäßig“ (besser verständlich als: gewohnheitsmäßig) tätig Werdens zieht hier also nicht mehr, könnte aber sicherlich vom Registrierungs-/Untersagungsgericht zur Würdigung herangezogen werden.

Soll eine Klassifizierung als „Rechtsdienstleistung“ vermieden werden, so gilt, dass diese Unterstützung nicht „geschäftsmäßig“ (besser: gewohnheitsmäßig) gewährt wird, sondern nur bezogen auf die jeweils konkrete Einzelperson, zu der möglichst noch mindestens ein freundschaftliches Verhältnis bestehen sollte. Entsprechendes gilt für „Bevollmächtigte“ (z.B. zur Abgabe von Unterlagen oder Abholung von Bescheiden). Insgesamt sind auch hier die Erwartungshaltung der Hilfesuchenden und die Grenzen der eigenen Fähigkeiten verantwortungsvoll zu beachten. Lieber zu früh als zu spät an kompetente (volljuristische oder rechtsdienstleistungsberechtigte) Hilfe verweisen!

Soziale Begleitung ohne Stellungnahme zu Rechtsfragen
Eine rein soziale und emotionale Begleitung ohne Stellungnahme zu Rechtsfragen ist immer zulässig und kann nicht zurückgewiesen werden. Das Gleiche gilt, wenn nur Stellungnahmen abgegeben werden, zu denen besondere Rechtskenntnisse nicht erforderlich sind, sondern die üblichen Kenntnisse geschäfts- und lebenserfahrener Bürger/innen ausreichen. In solchen Konstellationen sind auch die Personalien der begleitenden Personen nicht anzugeben. Ebenso kann jegliche Begleitung im Familien oder Bekanntenkreis nicht untersagt werden, selbst wenn hier rechtsrelevante Einschätzungen des konkreten Einzelfalles vorgenommen werden. Ob eine zahlenmäßige Beschränkung der Begleitung vorgesehen ist muss als unklar angesehen werden. Ggf. ist auf einen größeren Raum auszuweichen.

Bedingt durch die Dramatik der Hartz-IV-Gesetze und ihrer Umsetzung sind die üblichen laienhaften Kenntnisse bei den Betroffenen und den sie Begleitenden allerdings außerordentlich groß und überschreiten oftmals den Kenntnisstand in den sachbearbeitenden Dienststellen. Eine Rechtsdienstleistung ist in der Anwendung dieser Kenntnisse keinesfalls zu sehen.

Solidarische Beratung und Begleitung ist rechtlich zulässiger und notwendiger
Teil jeder Lebenssituation!
Das gilt insbesondere für Situationen der (spontanen) Nothilfe, wenn andere Hilfen nicht zur Verfügung stehen oder nicht abgewartet werden können. In diesem Sinne ist der Einsatz der vielen ehrenamtlich Helfenden zu würdigen.

Zurückweisung von Bevollmächtigten und Beistand
Es kommt wiederholt (aber noch selten) vor, dass SGB II-Behörden versuchen, sowohl Begleitung als auch Bevollmächtigung abzulehnen wegen eines vermuteten Verstoßes gegen das RDG oder mit dem Vorwurf einer „geschäftsmäßigen“ Tätigkeit (besser zu verstehen als „wiederholte, gewohnheitsmäßige Tätigkeit“).

Obwohl der Begriff „geschäftsmäßig“ aus dem §13 SGB X verschwunden ist, spielt er dennoch in Kommentaren und dem aktuellen Tacheles-Leitfaden und selbst auch in richterlichen Zurückweisungen eine Rolle.

Rechtmäßig ist die Zurückweisung nur, wenn Rechtsdienstleistungen erbracht werden, die nicht gemäss RDG zulässig sind. Das festzustellen obliegt aber der zuständigen Stelle nach § 9 Abs. 1 RDG, in NRW sind das die Oberlandesgerichte. Eine Untersagung wird unter www.rechtsdienstleistungsregister.de veröffentlicht. Fraglich in wie weit eine Zurückweisung zuvor schon wirksam sein kann, möglicherweise muss die Bevollmächtigung schwebend wirksam bleiben. Werden unzulässigerweise Rechtsdienstleistungen erbracht, muss eine Zurückweisung zwingend erfolgen. Eine Zurückweisung ist erst wirksam nach Benachrichtigung der Verfahrensbetroffenen.

Überhaupt ist festzustellen, das Richter, Betroffenen und auch Anwälte die Unterschiede und Beziehungen zwischen RDG, SGB X und SGG jeweils neuer Fassung häufig nicht klar zu sein scheinen. Familienangehörige und Vertreter/innen von Vereinigungen mit sozialpolitischer Zwecksetzung dürfen unter keinen Umständen zurückgewiesen werden.

Die Zurückweisung von Personen, die „zum sachgemäßen Vortrag nicht fähig“ oder „ungeeignet“ sind kommt in der Praxis ausgesprochen selten vor und soll hier nicht weiter erörtert werden. Die genannten Merkmale sind streng restriktiv auszulegen. Über eine Zurückweisung muss eine schriftliche Mitteilung erfolgen. Die Zurückweisung ist ein Verwaltungsakt (im selbständigen Nebenverfahren), gegen den Zurückgewiesene die üblichen Rechtsbehelfe anstrengen können. Ob das den Verfahrensbeteiligten auch möglich ist ohne zugleich die Sachentscheidung anzufechten kommentiert von Wulffen widersprüchlich (RZ 16 und 18).

Solidarische Unterstützung
Die solidarische Unterstützung durch Beratung, Begleitung und Ausübung der Vollmacht kann aber nicht einfach von einer Behörde untersagt, geschweige denn verhindert werden. Hat sie Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines solchen Tuns, so kann sie das nicht eigenständig feststellen, sondern hat den Rechtsweg zu bemühen und bei der zuständigen Behörde zu beantragen, dass diese Tätigkeit untersagt wird (§ 9 Abs. 1 RDG). Bis zu einer möglichen Untersagung ist diese Tätigkeit zu dulden und zu unterstützen.

Für eine legale Beratung und Begleitung gibt es somit folgende Möglichkeiten:

1. durch Personen, die auf Grund der Vorschriften des RDG zur Erbringung von (hier wohl: unentgeltlichen) Rechtsdienstleistungen befugt sind.

2. Durch Personen, die gar keine Rechtsdienstleistung erbringen.
Manche Initiativen können oder wollen nicht den Weg der Klassifizierung ihrer Tätigkeit als Rechtsdienstleistung gehen. Sie haben drei Möglichkeiten:

A. „soziale Begleitung“: die Begleitung äußert sich in keinster Weise zu Rechtsfragen. Vielleicht zum Verwaltungsverhalten, vielleicht zu Perspektiven z.B. einer angestrebten Fortbildung, zur Wohnungsfrage (die kann keine Treppen steigen, der braucht die nachbarschaftliche Hilfe …).

B. Nur im Familien- oder Bekanntenkreis/Nachbarschaft.

C. Nur Stellungnahmen, zu denen besondere Rechtskenntnisse nicht erforderlich
sind,
sondern die üblichen Kenntnisse geschäfts- und lebenserfahrener Bürger/innen ausreichen. Auch das ist keine Rechtsdienstleistung, kann aber sehr weit gehen, weil die üblichen Kenntnisse sachkundiger (nicht rechtskundiger) Betroffener heute sehr weit gehen.

Wir verlangen rechtskonformes Verhalten
Wir verlangen von allen SGB II-Behörden rechtskonformes Verhalten, insbesondere den Verzicht auf gewaltsames Vorgehen gegen Betroffene und ihre Beistände. In Anbetracht der desolaten Situation bei den SGB II-Behörden ist im Gegenteil jegliche Unterstützung Hilfesuchender zu fördern.

Wir fordern die Öffentlichkeit, insbesondere juristisch und sozialpolitisch engagierten Menschen und Organisationen, auf immer wieder zu protestieren und für ein Ende des diskriminierenden und entwürdigenden Verhaltens der Ämter Sorge zu tragen. Unabhängiger Unterstützung in Form von Beratung und Begleitung muss die ihr zukommende Bedeutung gewährleistet werden.

Gruppenbegleitungen
Es ist schon erstaunlich, wie schnell und einfach von der Behörde verschleppte Angelegenheiten geregelt werden, wenn die Betroffenen nicht allein beim Amt erscheinen. Manchmal genügt schon der Hinweis, eine Beratungsstelle oder eine Anwaltskanzlei aufsuchen zu wollen. Bei hartnäckigem Stocken der Verwaltungsmaschinerie und dringendem kurzfristigem Hilfebedarf kann es aber notwendig werden, deutlich zu machen, dass die Betroffenen nicht alleine stehen und dass es ein gewisses öffentliches Interesse an dem Geschehen gibt. Dazu müssen sich ein paar Freunde und Freundinnen finden, die gemeinsam begleiten.

„Je mehr – je besser“ lautet dabei die Erfahrung. In Köln orientieren sie sich gerne an einem bekannten Spruch aus der „vierten Jahreszeit“: „Wir tun nix unter Elf“! Wobei ein halber Elferrat auch schon was ist. Ist der Behördenraum zu klein, oder könnte durch die unmittelbare Anwesenheit vieler Menschen der Ablauf des Gespräches behindert sein, so kann durchaus akzeptiert werden, wenn zwei oder drei Beistände unmittelbar an dem Gespräch teilnehmen und die anderen sich vor der offen stehenden Tür versammeln. Wartezeiten lassen sich durch Gespräche mit anderen Wartenden überbrücken, ggf. kann es hierbei zu einer spontanen Nothilfe-Begleitung kommen.

Aktionen dieser Art rufen schon mal die Security auf den Plan. Die tun erst mal nichts, achten aber auf einen Sicherheitsabstand von mindestens einer Armlänge, für den sie auch schon mal durch einen Abwehrschlag gegen ein näher rückendes Brustbein sorgen. Ob sie das dürfen? Bringt aber in aller Regel nichts, das auszuprobieren. Auch wird schon mal fotografiert und gefilmt, sie hören aber auf, wenn sie selber abgelichtet werden. Wer auf Fotos nicht erkannt werden will, muss sich halt unsichtbar machen.
Zielrichtung und Vorgehen bei einer Gruppenbegleitung muss zuvor besprochen und mit den Beteiligten festgelegt werden. Je nach Sachlage kann es gut sein, ggf. kurzfristig auf zusätzliche Hilfe durch weitere Freunde und Freundinnen oder durch Anwälte und Anwältinnen zurückgreifen zu können. In Köln wurde auch schon erfolgreich die Polizei zu Hilfe geholt (http://www.die-keas.org/polizeisolidaritaet). Manchmal mag es auch passen, die Medien vorab zu informieren.

„Zahltag“
Eine Sonderform der Gruppenbegleitung ist der sog. „Zahltag“. Durchführung und Zielsetzung kann von Ort zu Ort variieren. Es handelt sich aber immer um öffentlichkeitswirksame Aktionen mit dem Ziel Missstände aufzuzeigen (im Amt oder den Gesetzen). Dabei wird Solidarität mit den vom Amtshandeln Betroffenen öffentlich dokumentiert. Es soll Druck erzeugt werden auf die politisch Handelnden mit dem Ziel der Änderung bestimmter Vorgänge in der Behörde, aber auch auf generelle Härten des Gesetzes aufmerksam gemacht werden. (Norbert Hermann für Bundesarbeitsgemeinschaft prekäre Lebenslagen)

Literatur:
Das neue Rechtsdienstleistungsgesetz; Huber Heinhold
Fachhochschulverlag, 2008, 176 S., 16,– Euro; Leseprobe:
http://www.fhverlag.de/leseprobe/005_Leseprobe.pdf
Inhalt: http://www.fhverlag.de/leseprobe/005_Inhalt.pdf

Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht – Loseblatt. Rund 6030 S.
Stand: (12/2011); § 13: Bearbeiter: Krasney

Sozialgesetzbuch – SGB X – Kommentar; Hrsg.: von Wulffen, 7. Aufl. 2010
§ 13: Bearbeiter: von Wulffen

Sozialgesetzbuch X – LPK – Hrsg.: Diering, Timme, Waschull
§ 13: Bearbeiter: Waschull

Wannagat, Sozialgesetzbuch, 2001, 6. Lfg. (letzte verfügbare)
§ 13 SGB X, Autor: Werner Thieme

Norbert Hermann: Beratung, Begleitung und Bevollmächtgigung
http://www.bag-plesa.de/ > rechte Spalte unten: „Medienresonanz“ > „Beratungsliteratur“
> „Rechtsdienstleistungsgesetz“

Synopse alte und neue Fassung (18.12.2008) § 13 SGB X: Auszug aus § 13 SGB X:

Anhang: § 13 SGB X Bevollmächtigte und Beistände
(1) Ein Beteiligter kann sich durch einen Bevollmächtigten vertreten lassen. Die Vollmacht ermächtigt zu allen das Verwaltungsverfahren betreffenden Verfahrenshandlungen, sofern sich aus ihrem Inhalt nicht etwas anderes ergibt. Der Bevollmächtigte hat auf Verlangen seine Vollmacht schriftlich nachzuweisen. Ein Widerruf der Vollmacht wird der Behörde gegenüber erst wirksam, wenn er ihr zugeht.

(2) Die Vollmacht wird weder durch den Tod des Vollmachtgebers noch durch eine Veränderung in seiner Handlungsfähigkeit oder seiner gesetzlichen Vertretung aufgehoben; der Bevollmächtigte hat jedoch, wenn er für den Rechtsnachfolger im Verwaltungsverfahren auftritt, dessen Vollmacht auf Verlangen schriftlich beizubringen.

(3) Ist für das Verfahren ein Bevollmächtigter bestellt, muss sich die Behörde an ihn wenden. Sie kann sich an den Beteiligten selbst wenden, soweit er zur Mitwirkung verpflichtet ist. Wendet sich die Behörde an den Beteiligten, muss der Bevollmächtigte verständigt werden. Vorschriften über die Zustellung an Bevollmächtigte bleiben unberührt.

(4) Ein Beteiligter kann zu Verhandlungen und Besprechungen mit einem Beistand erscheinen. Das von dem Beistand Vorgetragene gilt als von dem Beteiligten vorgebracht, soweit dieser nicht unverzüglich widerspricht.

(5) Bevollmächtigte und Beistände sind zurückzuweisen, wenn sie entgegen § 3 des Rechtsdienstleistungsgesetzes Rechtsdienstleistungen erbringen.

(6) Bevollmächtigte und Beistände können vom Vortrag zurückgewiesen werden, wenn sie hierzu ungeeignet sind; vom mündlichen Vortrag können sie nur zurückgewiesen werden, wenn sie zum sachgemäßen Vortrag nicht fähig sind. Nicht zurückgewiesen werden können Personen, die nach § 73 Abs. 2 Satz 1 und 2 Nr. 3 bis 9 des Sozialgerichtsgesetzes zur Vertretung im sozialgerichtlichen Verfahren befugt sind.

(7) Die Zurückweisung nach den Absätzen 5 und 6 ist auch dem Beteiligten, dessen Bevollmächtigter oder Beistand zurückgewiesen wird, schriftlich mitzuteilen. Verfahrenshandlungen des zurückgewiesenen Bevollmächtigten oder Beistandes, die dieser nach der Zurückweisung vornimmt, sind unwirksam.

Ist das Bürgergeld besser als Hartz IV?

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