Vollziehbar ausreisepflichtige Ausländer können aus dringenden humanitären oder persönlichen Gründen in Thüringen weiterhin die von der Landesregierung eingerichtete Härtefallkommission anrufen. Das Bundesverfassungsgericht wies eine Verfassungsbeschwerde der AfD ab.
Die Einrichtung der Härtefallkommission muss nicht im Parlament gesetzlich geregelt, sondern kann auch per Verordnung bestimmt werden, entschied das Bundesverfassungsgericht in einem am Freitag, 6. Oktober 2023, veröffentlichten Beschluss (Az.: 2 BvR 107/21). Die Karlsruher Richter wiesen damit die von der Thüringischen Landtagsfraktion der rechten Alternative für Deutschland (AfD) eingelegte Verfassungsbeschwerde als unbegründet ab.
Bundesverfassungsgericht weist AfD-Landtagsfraktion Thüringen ab
Das Aufenthaltsgesetz ermöglicht den Bundesländern die Einrichtung von Härtefallkommissionen, die den Aufenthaltsstatus für vollziehbar ausreisepflichtige Ausländer noch einmal prüfen können. Liegen dringende humanitäre oder persönliche Gründe für einen weiteren Aufenthalt in Deutschland vor, kann die Kommission den zuständigen obersten Landesbehörden die Erteilung oder Verlängerung eines Aufenthaltstitels empfehlen.
Per Verordnung Härtefallkommission eingerichtet
Die Thüringische Landesregierung hatte daraufhin – ähnlich wie in den meisten anderen Bundesländern auch – in einer Verordnung bestimmt, wie die Härtefallkommission eingerichtet werden soll. So wurde etwa festgelegt, dass sowohl die katholische als auch die evangelische Kirche ein stimmberechtigtes Mitglied in das achtköpfige Gremium plus nicht stimmberechtigtem Vorsitzenden vorschlagen können.
Die AfD-Fraktion des Thüringischen Landtags hielt die Einrichtung der Härtefallkommission für verfassungswidrig. Es fehle hierfür ein Gesetz. Eine Landesverordnung reiche nicht aus. Zudem hätte die Besetzung der Kommission ausgeschrieben werden müssen.
Insbesondere seien die katholische und die evangelische Kirchen in der Kommission überrepräsentiert, weil die katholische und die evangelische Kirche jeweils ein Mitglied vorschlagen dürfen. Dies sei willkürlich und verstoße gegen den Gleichheitssatz.
Der Thüringische Verfassungsgerichtshof in Erfurt wies mit Urteil vom 16. Dezember 2020 die Verfassungsbeschwerde der AfD-Fraktion zurück (AZ: VerfGH 14/18). Die Härtefallverordnung sei mit der Landesverfassung vereinbar.
Einrichtung von Härtefallkommission für Ausländer auch ohne Gesetz
Die beim Bundesverfassungsgericht dagegen eingelegte Verfassungsbeschwerde hatte nun ebenfalls keinen Erfolg. Es sei nicht erforderlich, dass der Bund die Einrichtung der Härtefallkommissionen genau gesetzlich regelt, so die Karlsruher Verfassungsrichter.
Denn gesetzlich zu regelnde „wesentliche Entscheidungen“ treffe die Kommission nicht. Sie spreche vielmehr nur in „eng begrenzten Ausnahmefällen“ Empfehlungen für den weiteren Aufenthalt eines Geflüchteten aus humanitären Gründen aus, an die sich die zuständige Landesbehörde halten kann.
Auch habe das Thüringische Verfassungsgericht das Verfahren nicht dem Bundesverfassungsgericht vorlegen müssen. Der Anspruch auf rechtliches Gehör sei ebenfalls nicht verletzt worden. Hinsichtlich des AfD-Vorwurfs, dass die beiden großen Kirchen in der Kommission überrepräsentiert seien, sei dies eine Wertung, „ohne aufzuzeigen, warum das angegriffene Urteil willkürlich sein soll“, heißt es in der Karlsruher Entscheidung vom 14. September 2023. fle/mwo
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