Sozialhilfeträger dürfen für die Pflicht zur Zahlung von Elternunterhalt nur bei konkreten Anhaltspunkten über ein Brutto-Einkommen von mehr als 100.000 Euro von den erwachsenen Kindern Auskunft über die Einkommensverhältnisse verlangen.
Eine gleichzeitig geforderte Auskunft über bestehendes Vermögen oder über andere, im Haushalt lebende Familienmitglieder ist rechtswidrig und macht das Auskunftsverlangen insgesamt nichtig, entschied, entschied das Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen in Essen in einem kürzlich veröffentlichten Urteil vom am 25. Januar 2023 (Az.: L 12 SO 231/22). Gegen das Urteil wurde mittlerweile Revision beim Bundessozialgericht (BSG) in Kassel eingelegt (Az.: B 8 SO 5/23 R).
Seit 2020 sind Kinder nur noch dann zum Elternunterhalt verpflichtet, wenn sie mehr als 100.000 Euro brutto im Jahr verdienen. So sollten Kinder mit geringerem Einkommen von Unterhaltszahlungen entlastet und von einer langwierigen Prüfung ihrer Einkommensverhältnisse verschont werden. Für die Pflegeheimkosten kommt dann der Sozialhilfeträger auf.
Nicht mehr unterhaltspflichtig sind zudem Schwiegerkinder oder auch Kinder, die zwar unter der Einkommensgrenze liegen, aber über Vermögen verfügen. Erst bei „hinreichenden Anhaltspunkten“ müssen Kinder nun laut Gesetz Auskunft über ihr Einkommen geben.
LSG Essen: Behörde darf nicht sofort Auskunft zu Vermögen verlangen
Im Streitfall ging es um einen in einem Pflegeheim lebenden mittellosen Rentner mit Pflegegrad 3. Pflegewohngeld und Rente deckten die Heimkosten nicht. Der Bruder des Mannes beantragte daraufhin als gesetzlicher Betreuer die Übernahme der Heimpflegekosten durch die Sozialhilfe.
Nach merhreren erfolglosen Postzustellversuchen verlangte der Sozialhilfeträger im Januar 2020 von einem Sohn des Rentners per Bescheid Auskunft über seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse.
Auch müsse er Angaben zu Familienmitgliedern und seinem Familienstand sowie über mögliches Haus- und Wohneigentum machen. Die Behörde wies darauf hin, dass bislang 80.000 Euro an ungedeckten Heimkosten aufgelaufen waren.
Für den Auskunftsanspruch bestünden auch „hinreichende Anhaltspunkte“ über hohes Einkommen, meinte die Behörde. So arbeite der Sohn als „Chief Technology Officer“ in einem Unternehmen der Digitalindustrie.
Es sei daher zu vermuten, dass er mehr als 100.000 Euro brutto im Jahr verdiene und er zum Elternunterhalt verpflichtet sei. Auch sein Wohnort in einem teureren Wohnortviertel spreche für höhere Einkünfte.
Begrenzte Einkommensauskunft wegen Elternunterhaltspflicht
Doch der Sohn lehnte jegliche konkrete Auskunft über sein Einkommen ab. Seine Jahreseinkommensgrenze liege unterhalb von 100.000 Euro. Er verwies auf eine Gehaltsvergleichsseite im Internet, wonach Beschäftigte in seiner Position deutlich weniger verdienten.
„Hinreichende Anhaltspunkte“, die einen Auskunftsanspruch begründeten, bestünden damit nicht.
Das LSG urteilte, dass der Kläger nicht zur Auskunft verpflichtet sei. Allerdings könne durchaus davon ausgegangen werden, dass der Kläger angesichts seiner beruflichen Situation die Jahreseinkommensgrenze von 100.000 Euro brutto überschreite und er eigentlich Auskunft über seine Einkommensverhältnisse geben müsse.
Bei „hinreichenden Anhaltspunkten“ über hohes Einkommen dürfe die Behörde nach dem Gesetz aber zunächst nur nach dem Einkommen und nicht nach bestehendem Vermögen oder gar anderen Familienmitgliedern fragen.
„Bevor eine Unterhaltspflicht des Klägers jedoch nicht feststeht, sind entsprechende Fragen … nicht erforderlich und damit unverhältnismäßig“, heißt es in dem Urteil. Erst wenn klar sei, dass die Einkommensgrenze überschritten worden sei, habe die Behörde ein umfassendes Auskunftsrecht.
Hier habe der Sozialhilfeträger aber zu viel auf einmal wissen wollen. Das Auskunftsverlangen nach dem Vermögen und den Familienmitgliedern führe dazu, dass der Bescheid insgesamt nichtig sei und keine Auskunft gegeben werden müsse, so das LSG. fle
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