Taxifahrtkosten zur Schule als Eingliederungshilfeleistung

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Notfalls mรผssen schwerst gehbehinderte Kinder auf Kosten der Eingliederungshilfe mit dem Taxi zur Schule fahren kรถnnen. Handelt es sich um behinderungsbedingt erforderliche, nicht vom Schultrรคger รผbernommene Kosten und ist die Befรถrderung des Kindes nicht durch einen Schรผlerspezialverkehr mรถglich, unterliegen die Taxifahrtkosten โ€žgrundsรคtzlich dem Leistungskatalog der Eingliederungshilfeโ€œ, entschied das Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen in einem kรผrzlich verรถffentlichten Urteil vom 15. Dezember 2022 (Az.: L 9 SO 240/21).

Es sei fรผr das Kind – auch mit Blick auf das Ziel der Inklusion – nicht zumutbar, sich von seinen Eltern mit dem Pkw zur Schule bringen zu lassen, so die Essener Richter. Gegen das Urteil wurde mittlerweile Revision beim Bundessozialgericht (BSG) in Kassel eingelegt (Az.: B 8 SO 3/23 R).

Im konkreten Fall ging es um eine 2006 geborene Schรผlerin mit einem Grad der Behinderung von 100. Infolge einer angeborenen Gelenkbewegungserkrankung wurde ihr das Merkzeichen โ€žaGโ€œ (auรŸergewรถhnliche Gehbehinderung zuerkannt. Gehstrecken bis zu einem Kilometer kann sie nur mit grรถรŸter Mรผhe bewรคltigen. Sie ist nicht fรคhig, mit einem Fahrrad oder mit Bus und Bahn zur Schule zu fahren.

Wรคhrend des Besuchs der Grundschule fuhr sie auf Kosten des Schultrรคgers mit dem Taxi zur Schule. Als das Kind auf das Gymnasium wechselte und weiterhin mit dem Taxi zur Schule fuhr, zahlte der neue Schultrรคger nach der Schรผlerfahrtkostenverordnung fรผr das Schuljahr 2017/2018 nur eine Wegstreckenentschรคdigung in Hรถhe von insgesamt 60,42 Euro. Die restlichen, von ihren Eltern vorgestreckten 2.179,58 Euro machte die Schรผlerin als Eingliederungshilfeleistungen geltend.

LSG Essen: Eltern mรผsse Kind nicht mit eigenem Pkw fahren

Der Eingliederungshilfetrรคger lehnte ab. Die Eltern seien zur Befรถrderung ihrer Tochter verpflichtet. Dies sei ihnen mit ihren Pkws auch mรถglich. Die Taxifahrtkosten kรถnnten daher nicht รผbernommen werden.

Das LSG urteilte, dass die Taxifahrtkosten รผbernommen werden mรผssen. Behinderungsbedingt erforderliche Fahrtkosten unterfielen grundsรคtzlich dem Leistungskatalog der Eingliederungshilfe, vorausgesetzt der Schultrรคger komme dafรผr nicht auf.

Hier kรถnne die Klรคgerin die Schule nicht ohne fremde Hilfe erreichen. Ein Schรผlerspezialverkehr gebe es nicht. Zwar hรคtten die Eltern eine Pflicht zur Befรถrderung ihres Kindes zur Schule. Dem seien sie aber nachgekommen, indem sie die Fahrten organisiert und die Taxikosten vorfinanziert hรคtten.

Eine Verpflichtung die โ€žhieraus resultierenden Mehrkosten zu tragenโ€œ gebe es nicht. Vielmehr mรผsse โ€ždie Allgemeinheit die Eltern im Rahmen der Eingliederungshilfe entlasten.

Es wรผrde die Klรคgerin angesichts ihres Alters benachteiligen, wenn sie den Schulweg nicht alleine bewรคltigen dรผrfe, sondern sie weiter von einem Transport der Eltern abhรคngig wรคre. Dies sei mit dem Gedanken der Inklusion nicht vereinbar.fle