Rente: Erzieherin per Rentenbescheid gefeuert – Urteil

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Ein Arbeitsverhรคltnis kann automatisch bei Eintritt einer vollen Erwerbsminderungsrente enden, wenn dies in speziellen Arbeitsvertragsrichtlinien festgelegt sind. Das gilt zumindest, wenn diese Richtlinien auf dem kirchlichen Selbstbestimmungsrecht basieren.

Mit dieser Begrรผndung erklรคrte das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz die Beendigung eines Arbeitsverhรคltnisses kraft auflรถsender Bedingung einer Arbeitnehmerin durch die Caritas fรผr rechtens. (2 Sa 27/23)

Erzieherin verliert ihren Job wegen Erwerbsminderung

Die Betroffene arbeitete seit 1987 als Erzieherin, spรคter leitete sie eine Kindertagesstรคtte. Ihr Arbeitgeber war der Deutsche Caritasverband. Sie ist schwerbehindert und war seit dem 24. Mai 2018 durchgehend arbeitsunfรคhig erkrankt.

Im Mai 2022 bewilligte ihr die Deutsche Rentenversicherung rรผckwirkend ab Februar 2021 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung. Daraufhin teilte ihr Arbeitgeber ihr mit, dass ihr Arbeitsverhรคltnis laut den arbeitsvertraglichen Richtlinien der Caritas zum 30. Juni 2022 ende.

Klage vor dem Arbeitsgericht nach Widerspruch

Einen Widerspruch der Betroffenen wies die Caritas zurรผck, und deshalb klagte sie vor dem Arbeitsgericht Ludwigshafen gegen ihre Kรผndigung. Sie beantragte die Feststellung, dass die Beendigung des Arbeitsverhรคltnisses unwirksam sei.

Rentenantrag wegen finanzieller Not

Sie begrรผndete dies unter anderem damit, dass sie den Rentenantrag aus finanzieller Notwendigkeit gestellt hรคtte. Den Rentenantrag hรคtte sie also nicht freiwillig gestellt, sondern sei durch รคuรŸere Umstรคnde dazu gezwungen gewesen.

Arbeitsgericht weist die Klage ab

Das Arbeitsgericht wies die Klage ab und stimmte der Caritas zu. Laut Arbeitsvertrag sei eine Weiterbeschรคftigung mit verminderter Arbeitszeit bei voller Erwerbsminderung grundsรคtzlich nicht vorgesehen, auch nicht bei einem Restleistungsvermรถgen von bis zu drei Stunden tรคglich. Die Beendigung des Arbeitsverhรคltnisses sei also wirksam.

Die Einrichtung, die die Betroffene beschรคftigte, berief sich auf den Paragraf 18 der arbeitsvertraglichen Regelungen. Demnach endet das Dienstverhรคltnis mit dem Zugang eines Bescheids einer vollen Erwerbsminderungsrente.

Worum ging es im Verfahren?

Streitpunkt war, ob der Zugang eines Rentenbescheids fรผr eine volle Erwerbsminderung wirklich ausreiche, um das Arbeitsverhรคltnis wirksam zu beenden, oder ob weitere Voraussetzungen dafรผr erfรผllt sein mรผssten.

Berufung vor dem Landesarbeitsgericht

Die Erzieherin akzeptierte die Entscheidung des Gerichts nicht und legte vor dem Landesarbeitsgericht Berufung ein. Dabei ging es ihr jetzt noch um die Feststellung, dass die Beendigung des Arbeitsverhรคltnisses unwirksam sei und nahm den Antrag auf Weiterbeschรคftigung zurรผck.

Auch die Berufung scheitert

Auch vor dem Landesarbeitsgericht blieb sie mit ihrem Anliegen erfolglos. Die dortigen Richter bestรคtigten, dass die arbeitsvertragliche Regelung zu Recht angewandt worden sei. Eine Weiterbeschรคftigung sei laut Vertrag und unter bestimmten Bedingungen nur bei einer teilweisen Erwerbsminderung mรถglich โ€“ nicht aber bei einer vollen. Die Richter schlossen weitere Rechtsmittel aus und lieรŸen keine Revision zu.

Was bedeutet das Urteil?

Bei der Caritas Beschรคftigte, ob nicht behindert oder anerkannt schwerbehindert, mรผssen davon ausgehen, dass ihr Arbeitsverhรคltnis mit dem Rentenbescheid zu einer vollen Erwerbsminderungsrente endet. Das ist rechtssicher, und weitere Klagen hรคtten in solchen Fรคllen kaum Aussicht auf Erfolg.
Die Richter machten deutlich, dass entsprechende Klauseln in den Arbeitsvertrรคgen der Caritas grundsรคtzlich als wirksam gelten.

Integrationsamt: Wann ist eine Zustimmung nรถtig โ€“ und wann nicht?

Fรผr schwerbehinderte oder gleichgestellte Beschรคftigte (ยง 151 Abs. 3 SGB IX) gilt grundsรคtzlich ein besonderer Kรผndigungs- und Beendigungsschutz. Endet das Arbeitsverhรคltnis ohne Kรผndigung durch eine auflรถsende Bedingung (z. B. Rentenbescheid), verlangt ยง 175 SGB IX die vorherige Zustimmung des Integrationsamts, wenn

  • eine teilweise Erwerbsminderung oder
  • eine Erwerbsminderung auf Zeit festgestellt wird.

Anders liegt der Fall bei einer unbefristeten vollen Erwerbsminderungsrente: Nach der neueren BAG-Rechtsprechung (Urt. v. 20.06.2018 โ€“ 7 AZR 737/16) und der aktuellen Entscheidung des LAG Rheinland-Pfalz (06.10.2023 โ€“ 2 Sa 27/23) ist in diesem Sonderfall keine Integrationsamtszustimmung erforderlich.