Interessierte Angehörige können nicht immer Betreuer sein

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BGH: In eigene Interessen verstrickter Vater ist nicht geeignet

Karlsruhe (jur). Wenn Menschen ihre Angelegenheiten nicht mehr selbst regeln können, bekommen Angehörige nicht automatisch den Zuschlag für die Betreuung. Sie haben zwar grundsätzlich Vorrang, müssen für diese Aufgabe aber auch geeignet sein, wie der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe in einem am Montag, 24. Februar 2020, veröffentlichten Beschluss entschied (Az.: XII ZB 329/19). Auch die eigene Verstrickung in die Interessen des zu Betreuenden kann danach zu einer fehlenden Eignung führen.

Im konkreten Fall geht es um eine 25-jährige Frau, die wegen einer „mittelgradigen Intelligenzminderung” ihre Angelegenheiten nicht selbst regeln kann. Nach ihrem 18. Geburtstag wurde daher eine Betreuung eingerichtet, was bedeutet, dass die Betreuerin oder der Betreuer für bestimmte Bereiche die Entscheidungen trifft, hier etwa bezüglich Aufenthalt, Gesundheit und Vermögen.

Zunächst hatte die Schwester die Betreuung übernommen, dann der Vater. Die Eltern hatten sich allerdings zwischenzeitlich getrennt, und die Mutter war mit der Betreuung durch den Vater unzufrieden. 2016 beantragte sie daher, selbst zur Betreuerin bestellt zu werden.

Das Amtsgericht Aachen kam dem zwar nicht nach, doch auch der Vater durfte die Betreuung nicht behalten. „Angesichts des Konfliktpotenzials in der Familie” bestellte das Gericht vielmehr eine unabhängige Berufsbetreuerin.

Der Vater wollte selbst Betreuer bleiben und legte hiergegen Beschwerde ein. Vor dem Landgericht Aachen und nun auch vor dem BGH hatte er damit keinen Erfolg.

„Zwar hat der Gesetzgeber der ehrenamtlichen Betreuung bewusst den Vorrang vor einer beruflich geführten Betreuung gegeben”, heißt es in dem Karlsruher Beschluss. Eine Berufsbetreuung komme danach nur in Betracht, „wenn keine andere geeignete Person zur Verfügung steht, die zur ehrenamtlichen Führung der Betreuung bereit ist”.

Diesen Vorrang hatte der BGH auch bereits 2018 betont, dabei aber auch damals schon Ausnahmen für möglich gehalten (Urteil vom 11. Juli 2018, Az.: XII ZB 642/17; JurAgentur-Meldung vom 21. September 2018).

In ihrem neuen Beschluss konkretisierten die Karlsruher Richter nun die Voraussetzung, dass ein privater Betreuer auch „geeignet” sein muss. Dies sei hier nämlich nicht der Fall.

Denn der Vater habe sich bei seinen Entscheidungen nicht nur vom Wohl seiner Tochter, sondern auch von seinem eigenen Konflikt mit der Mutter leiten lassen. So habe er der 25-Jährigen das Mobiltelefon weggenommen, weil sie häufig bei ihrer Mutter und ihrer Schwester angerufen hatte. Diese Kontakte seien aber wichtig gewesen und hätten dem Interesse und Wohl der 25-Jährigen entsprochen, betonte der BGH.

Der Vater sei nicht bereit, diese Kontakte zu fördern, sondern versuche sogar, sie zu unterbinden. Daher sei er als Betreuer nicht „geeignet”, entschied der BGH in seinem jetzt schriftlich veröffentlichten Beschluss vom 22. Januar 2020. mwo

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