Das Jobcenter Kiel nahm es mit dem Rechtsanspruch nicht immer so genau. So wurde ein Bezieher von Hartz IV (heute Bürgergeld) aufgefordert, seine Betriebskostenabrechnungen nachzureichen. Eine Betriebskostenabrechnung endete mit einem Guthaben, die andere mit einer Nachforderung. Für das Jobcenter Kiel ist jedoch nur das Guthaben von Interesse.
Übernahme der Nachzahlung wird abgelehnt
Da das Guthaben aus der Betriebskostenabrechnung aus dem Jahr 2016 stammt, fordert das Jobcenter dieses Guthaben zurück. Grund hierfür ist, dass Guthaben aus der Betriebskostenabrechnung auf die Kosten der Unterkunft angerechnet werden, wenn das Jobcenter in diesem Jahr die Kosten der Unterkunft vollständig übernommen hat.
Guthaben ja, Nachforderungen nein
Die Nachforderung wollte das Jobcenter jedoch nicht übernehmen. Grund für die Ablehnung war, dass die Nachforderung aus dem Jahr 2015 stammte, und der Antrag auf Übernahme der Nachzahlung als Überprüfungsantrag gemäß § 40 Abs. 1 sGB II i.V.m. § 44 SGB X zu werten ist. Die Überprüfungsfrist von einem Jahr sei jedoch abgelaufen und eine Übernahme daher abzulehnen.
Ablehnung ist rechtswidrig
Die Vorgehensweise des Jobcenters ist eindeutig rechtswidrig. Angefangen damit, dass die Einreichung einer Betriebskostenabrechnung, die mit einer Nachzahlung schließt, nicht als Überprüfungsantrag zu werten ist. Die richtige Anspruchsgrundlage wäre vielmehr § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II i.V.m. § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB X i.V.m. § 330 Abs. 3 SGB III.
Meistbegünstigungsgrundsatz nicht beachtet
Zusätzlich hat das Jobcenter den Meistbegünstigungsgrundsatz keinerlei Beachtung geschenkt. Nach diesem Grundsatz umfasst ein Antrag auf Leistungen nach dem SGB II alle Leistungen, die ernsthaft in Betracht kommen und somit auch die Kosten der Unterkunft. Wird erst zu einem späteren Zeitpunkt bekannt, wie hoch der Bedarf tatsächlich ist, stellt dies keinen neuen Antrag auf Leistungen nach dem SGB II dar. Vielmehr wird der vorherige Antrag konkretisiert.
Im Falle einer Betriebskostennachforderung wird der tatsächliche Bedarf für Kosten und Unterkunft somit erst nach Erhalt der Betriebskostenabrechnung bekannt und stellt daher keinen neuen Antrag dar.
Betriebskostennachforderungen sind demzufolge grundsätzlich unbefristet zu übernehmen.