Das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg hat entschieden, dass Jobcenter keine Computer samt Drucker als Zuschuss finanzieren müssen, wenn sie nur für klassische Bewerbungen gedacht sind.
Die Richter verweisen auf vorhandene Alternativen wie kostenlose PC-Arbeitsplätze bei der Arbeitsagentur. Damit bleibt digitale Ausstattung für Arbeitssuchende weiterhin Privatsache oder allenfalls Darlehenssache.
Inhaltsverzeichnis
Warum das Urteil momentan wichtig ist
Seit Jahren fragen Leserinnen und Leser von gegen-hartz.de, ob sie einen Laptop aus dem Vermittlungsbudget bekommen können. Das jetzt bestätigte Urteil (Az. L 12 AS 2865/24, 29. 11. 2024) zeigt: Ohne zwingende Gründe bleibt das Jobcenter bei seiner Ermessensentscheidung. Wer klagt, trägt ein hohes Prozessrisiko, weil die Gerichte nur prüfen, ob das Amt sein Ermessen überhaupt ausgeübt hat – nicht, ob es anders hätte entscheiden sollen.
Ausgangslage des Verfahrens
Ein Bürgergeld-Empfänger verlangte insgesamt 925 Euro für PC, Drucker und Office-Software. Das Jobcenter lehnt zweimal ab. Erstens sei der Regelsatz für diese Anschaffung vorgesehen, zweitens biete das Berufsinformationszentrum kostenlose Technikplätze. Das Sozialgericht Konstanz stützte die Ablehnung; das LSG bestätigte sie nun endgültig.
Kernaussagen der Richter
Erstausstattung ausgeschlossen
PC und Drucker gelten nicht als wohnraumbezogene Gegenstände nach § 24 Abs. 3 SGB II. Betten, Tische oder Kühlschränke fallen darunter, Technik für Bewerbungen nicht.
Vermittlungsbudget bleibt Ermessensleistung
Nach § 16 SGB II in Verbindung mit § 44 SGB III können Jobcenter Kosten erstatten, wenn sie „für die berufliche Eingliederung notwendig“ sind. Das Gericht sieht die Notwendigkeit hier nicht, weil Bewerbungen auch ohne eigenes Gerät möglich sind.
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Bescheid prüfenKein unabweisbarer Mehrbedarf
§ 21 Abs. 6 SGB II greift nur, wenn der Bedarf existenziell und unaufschiebbar ist. Die Richter verneinen beides. Ein zinsloses Darlehen stünde zudem offen.
Bedeutung für die Praxis
Arbeitssuchende, die digitale Technik benötigen, sollten vor einem Antrag belegen, dass:
- Bewerbungen ausschließlich über Online-Portale möglich sind,
- Termine oder Einstellungstests nur mit eigener Hardware funktionieren und
öffentliche Geräte (Bürgerbüro, Bibliothek, BIZ) nicht zugänglich oder nicht geeignet sind.
Je konkreter dieser Nachweis, desto größer die Chance, dass das Jobcenter sein Ermessen positiv ausübt. Ein Zuschuss bleibt trotzdem freiwillig.
Abgrenzung zu Schülerurteilen
Viele Leser verweisen auf Entscheidungen, in denen Gerichte Tablets oder Laptops für Kinder zusprachen. Diese Urteile bauen auf einem anderen Fundament: Teilhabe am Unterricht. Hier geht es um die Pflicht der Schule, digitale Lernmittel bereitzustellen, und um das Sozialrecht, Lernmittelbedarf als Mehrbedarf anzuerkennen. Für Erwachsene in Bewerbungsphasen zieht das LSG dagegen klare Grenzen.
Alternative Wege zur Technik
Örtliche Stiftungen, Vereine oder IT-Refurbisher verschenken oft gebrauchte Laptops. Jobcenter können zudem ein Darlehen nach § 24 Abs. 1 SGB II gewähren. Die Rückzahlung erfolgt in kleinen Raten von zehn Prozent des Regelsatzes. Wer mehrere Familienmitglieder versorgen muss, kann bei Kindern eigene Ansprüche geltend machen.
Handlungsempfehlungen für Betroffene
Verfassen Sie einen Antrag mit nachvollziehbaren Gründen und fügen Sie Belege bei. Kommt eine Ablehnung, prüfen Sie ein Darlehen. Bei finanzieller Notlage kann ein Beratungszentrum helfen, kostenlose Technikquellen oder Spendenaktionen zu finden.
Erst wenn alle kostengünstigen Wege ausgeschöpft sind, lohnt sich eine Klage – und selbst dann nur mit stichhaltigen Fakten, die beweisen, dass ohne eigenes Gerät gar keine Bewerbungen möglich sind.