Schwerbehinderung: Diese Steuertricks sparen Schwer­behinderten 2.800 Euro im Jahr

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Ein anerkannter Grad der Behinderung (GdB) mindert Ihre Steuer spürbar. Vier Instrumente wirken zusammen: der Behinderten-Pauschbetrag, die behinderungs­bedingte Fahrt­kosten­pauschale, der Pflege­pauschbetrag für Angehörige und – als Alternative – der Abzug tatsächlicher Mehr­kosten als „außer­gewöhnliche Belastungen“. Wer seine Bescheide prüft und alle Fristen einhält, spart häufig vierstellige Beträge pro Jahr.

Behinderten-Pauschbetrag: Steuervorteil ohne Belegsammlung

Seit dem Veranlagungs­jahr 2021 genügt bereits ein GdB von 20, damit das Finanzamt pauschal 384 Euro vom zu versteuernden Einkommen abzieht. Der Abzugs­betrag steigt stufen­weise bis auf 2.840 Euro bei einem GdB von 100. Für blinde, gehör­lose oder als hilflos anerkannte Personen greift sogar ein Höchst­wert von 7.500 Euro.

Der Vorteil liegt im geringen Aufwand: Ein Kreuz in der Steuer­software und der Betrag mindert die Steuer, ganz ohne einzelne Nachweise.

Praktisches Beispiel: Eine Arbeitnehmerin mit GdB 50 erzielt 38.000 Euro Brutto­einkommen. Der Pauschbetrag von 1.140 Euro reduziert ihr zu versteuerndes Einkommen sofort. Ihr Steuerbescheid fällt rund 400 Euro günstiger aus als ohne Antrag.

Außergewöhnliche Belastungen: Wenn die Pauschale nicht reicht

Übersteigen Ihre realen Mehraufwendungen den Pausch­betrag, lohnt sich der Einzel­nachweis. Als begünstigt gelten etwa Hörgeräte, Prothesen, rezept­pflichtige Medikamente, Physio- und Ergo­t­herapien, Fahrten zu Fach­ärztinnen oder Mobilitäts­hilfen wie Rampen und Rollstuhllifte.

Das Finanzamt zieht jedoch zuerst den zumutbaren Eigenanteil ab – eine einkommens­abhängige Grenze, die zwischen einem und sieben Prozent des Gesamt­betrags der Einkünfte liegt. Nur der übersteigende Anteil wirkt steuermindernd.

So rechnet die Behörde: Ein lediger Arbeitnehmer verdient 42.000 Euro brutto. Sein Eigen­anteil beläuft sich auf 1.260 Euro. Hat er 2.500 Euro behinderungs­bedingte Kosten getragen, darf er 1.240 Euro steuerlich geltend machen. Bei einem Grenz­steuersatz von 30 Prozent legt er so rund 370 Euro nachträglich frei.

Fahrtkostenpauschale: 900 Euro ohne Fahrtenbuch

Ein GdB von mindestens 80 oder 70 plus Merkzeichen G berechtigt zu einer pauschalen Mobilitäts­entschädigung von 900 Euro. Merkzeichen aG, BL oder H erhöhen den Pausch­betrag auf 4.500 Euro. Diese Summe deckt ungefähr 3.000 Kilometer jährlich ab. Vorteil: Sie müssen kein Fahrten­buch führen. Die Pauschale trägt das Finanzamt direkt in Anlage Außer­gewöhnliche Belastungen ein.

Überschreiten Ihre Wege das gedeckelte Volumen, können Sie statt­dessen jede Strecke einzeln mit 0,30 Euro je Kilometer ansetzen. Bewahren Sie dann Tank­belege, Werkstatt­rechnungen oder ein elektronisches Fahrten­buch für etwaige Rück­fragen auf. Achtung Doppel­anrechnung: Wer seine Wege zur Arbeit bereits als Pendler­pauschale angibt, darf dieselben Kilometer nicht erneut als behinderungs­bedingte Fahrt abrechnen.

Pflegepauschbetrag: Finanzielle Entlastung für pflegende Angehörige

Versorgen Sie eine nahestehende Person mit Pflegegrad 2 bis 5 unentgeltlich in häuslicher Umgebung, stellt Ihnen das Finanzamt einen Pflege­pausch­betrag zur Seite. Die Entlastung beginnt bei 600 Euro für Pflegegrad 2, steigt auf 1.100 Euro bei Pflegegrad 3 und erreicht 1.800 Euro bei Pflegegrad 4 oder 5. Pflegegeld für ein Kind berührt den Abzug nicht. Erhalten Sie jedoch ein festes Entgelt von Dritten, verfällt der Anspruch.

In manchen Fällen lohnt sich der Einzelnachweis höherer Pflege­kosten, etwa bei einer Heim­unterbringung mit hohem Eigen­anteil. Die Aufwendungen fallen dann unter außergewöhnliche Belastungen. Auch hier kürzt das Finanzamt zunächst den Eigenanteil; anschließend sinkt die Steuerlast.

Häufige Stolperfallen vermeiden

Viele Betroffene verschenken Geld, weil sie den GdB nicht anpassen lassen. Ein Beispiel: Orthopädische Folge­operationen erhöhen den Behinderungs­grad, der alte Bescheid bleibt jedoch bestehen. Ohne Aktualisierung verschenken Sie Jahr für Jahr mehrere Hundert Euro.

Problem Nummer zwei: doppelte Kilometernachweise. Prüfen Sie, ob Sie dieselbe Strecke bereits als Werbungskosten geltend machen. Drittens: Abgelehnte Quittungen. Das Finanzamt erkennt nur selbst getragene Kosten an. Erstattungen der Kranken­kasse oder Beihilfe müssen Sie abziehen.

Antrag, Formulare und Fristen

Die Einkommen­steuererklärung für 2024 muss ohne steuer­liche Beratung bis zum 2. September 2025 beim Finanzamt eingehen. Nutzen Sie ELSTER oder eine zertifizierte Steuer­software, dort führt ein digitaler Assistent Schritt für Schritt durch die relevanten Anlagen. Notwendige Belege: Kopie des Schwerbehindertenausweises oder des Feststellungs­bescheids, gegebenen­falls Merkzeichen­nachweise, Quittungen für sämtliche Einzel­kosten.

Hebt das Finanzamt eine Belegvorlage auf, sollten Sie Unterlagen trotzdem mindestens vier Kalenderjahre archivieren. In Streit­fällen gibt das Bundes­zentral­amt für Steuern oft erst nach mehreren Jahren eine endgültige Entscheidung.

Praxis-Check: Pauschale oder Einzel­kostennachweis?

Eine 52-jährige Arbeitnehmerin (GdB 60) zahlt im Jahr 3.700 Euro für Medikamente, Ergo­therapie und regelmäßige Kliniken­fahrten. Ihr Eigenanteil liegt bei 1.050 Euro. Nach Abzug bleiben 2.650 Euro, die ihre Steuer um gut 900 Euro senken.

Wäre sie beim Pausch­betrag geblieben, hätte sie nur 1.440 Euro geltend gemacht. Die Rechnung zeigt: Ab einem Aufwands­niveau von rund 2.000 Euro lohnt der Wechsel vom Pausch­betrag zum Einzel­nachweis. Rechnen Sie deshalb jedes Jahr neu nach.

Extra-Tipp für Gewerbliche und Selbstständige

Wer selbstständig arbeitet, sollte anpassen, wie er betrieb­liche und private Fahrten trennt. Behinderten­bedingte Wege zu Reha­maß­nahmen gelten als privat, Wege zum Auftrag­geber als betrieblich. Verrechnen Sie beide Arten nicht miteinander; sonst riskieren Sie Rückfragen der Außen­prüfung. Setzen Sie zudem Hilfs­mittel wie barriere­freie Software oder orthopädische Büro­möbel als Betriebs­ausgaben an – hier gilt kein Eigenanteil.

Ausblick 2026: Geplante Anhebungen

Das Bundes­finanz­ministerium prüft eine lineare Erhöhung des Pausch­betrags um jährlich zwei Prozent ab 2026. Ein entsprechender Referenten­entwurf liegt den Ländern bereits vor. Wird er umgesetzt, steigt der Höchst­betrag für blinde, hilflose oder gehör­lose Personen auf 7.650 Euro. Beobachten Sie die Entwicklung und passen Sie Ihre Voraus­zahlungen rechtzeitig an.