Aktuell greifen die Medien ein รคlteres Urteil des Bundessozialgerichts in Kassel auf, wonach die Hundeshaftpflichtversicherung nicht auf das Einkommen angerechnet werden kann, wenn aufstockende Leistungen bezogen werden. Zwar ist das Urteil, anders als “Wunderweib” und “Frankfurter Rundschau” nicht aktuell, dennoch wirft es nach wie vor die Frage auf, ob Hartz IV Beziehende keine Hunde halten dรผrfen.
Das Urteil des Bundessozialgerichts in Kassel erschwert fรผr Hartz IV Beziehende die Hundehaltung. Denn die Hundehaftpflicht kann nicht vom Einkommen abgezogen werden. Ohne diese Versicherung wird eine Hundehaltung faktisch in vielen Bundeslรคndern unmรถglich gemacht. Denn eine solche ist in Bundeslรคndern wie Hamburg, Berlin, Niedersachsen, Sachsen-Anhalt oder Thรผringen Pflicht. Ansonsten drohen Buรgelder.
Das Bundessozialgericht spricht: kein Hund bei Hartz IV
Das Urteil des Bundessozialgerichtes Az. 14 AS 10/16 R, lรคsst sich mit wenigen Worten zusammenfassen: ALG II Bezieher haben kein Recht auf einen Hund als Haustier. Geklagt hatte eine Erwerbstรคtige, deren geringes Einkommen mit ALG II aufgestockt werden muss und welche die Beitrรคge zur landesgesetzlich vorgeschriebenen Hundehaftpflichtversicherung gemรคร ยง 11b Abs. 1 Nr. 3 SGB II von ihrem Einkommen absetzen wollte.
Dies sei nicht zulรคssig, auch wenn es sich um eine Pflichtversicherung handele, entschied das Bundessozialgericht (BSG) und begrรผndete dies mit der vom ihm selbst geschaffenen Rechtsfiktion, dass das SGB II nur eine Absetzung von Versicherungen zulasse, die einen Bezug zur Existenzsicherung oder zur Aufnahme einer Erwerbstรคtigkeit haben.
In der Gesetzesbegrรผndung zum SGB II sucht man Derartiges vergebens und gerade deshalb darf man vermuten, dass die Grundlage fรผr diese Entscheidung political correctness ist.
Hartz IV Bezieher “mรผssen” keine Hunde halten
Was bedeutet diese Entscheidung nun fรผr ALG II Empfรคnger? Ganz einfach: Dass es einem ALG II Empfรคnger generell zuzumuten ist, die Kosten fรผr gesetzliche Pflichtversicherungen zu vermeiden, auch wenn er dafรผr seinen geliebten Hund, des Menschen besten Freund, ins Tierheim geben muss.
Damit verabschiedete sich das BSG endgรผltig von seiner bis dahin vertretenen Rechtsauffassung, dass Bezieher von Grundsicherung nach SGB II rechtlich nicht wie, die bereits auf der untersten sozialen Stufe angekommenen, Bezieher von Grundsicherung nach SGB XII zu behandeln sind, weil sich beide Systeme grundlegend in ihren Zielen unterscheiden.
Vielmehr stellt das BSG damit nunmehr rechtstheoretisch SGB II und SGB XII auf dieselbe Stufe, denn fรผr das SGB XII hat das BSG schon lรคnger entschieden, das Aufwendungen fรผr vermeidbare Pflichtversicherungen nicht absetzbar sind (u.a. B 8/9b SO 11/06 R). Dies gilt nun auch im SGB II.
Tierheim statt Tierliebe
Wer also trotz Einkommen arbeitslos ist, oder in prekรคren Beschรคftigungsverhรคltnissen festhรคngt und ALG II zur Existenzsicherung benรถtigt, weil sein Einkommen zu gering ist, der hat lt. BSG gefรคlligst seinen Hund ins Tierheim zu geben, sofern er sich trotz Job die Kosten fรผr die Haftpflichtversicherung seines Hundes nicht vom Munde absparen kann.
Nun, Tierfreunde werden sicher eher Letzteres tun, als sich von ihrem meist langjรคhrigen treuen Begleiter zu trennen. Das macht dieses Urteil aber nicht besser, mit dem all jene, die in Deutschland nicht von Ihrem Einkommen leben kรถnnen, hรถchstrichterlich auf die untersten Plรคtze der Gesellschaft verwiesen werden. (sb, fm) Bild: K. Thalhofer – fotolia